Revanche - Exposure
eine Affäre mit ihm nicht leisten. »Ich bin sicher, Ihre Fragen können warten, bis wir gegessen haben, ja?«, brachte sie betont kühl heraus. Dass Gracie Hunger hatte, war doch ein unschlagbares Argument. Und wenn er sie zurückerwartete, hätte sie die Pension längst verlassen und wäre mit Gracie über alle Berge.
Clare erhob sich ebenfalls. »Hört mal, was haltet ihr davon, wenn ich uns was Kleines zaubere?«, schlug sie vor. »Es dauert auch nicht lang. Ich glaube, wir können alle einen Happen vertragen.«
Emma starrte sie entgeistert an. » Mais no, Cher , machen Sie sich keine Mühe«, protestierte sie, doch Elvis fiel ihr kurz entschlossen ins Wort. »Superidee, Clare. Mensch, Sam, hilf ihr doch eben, ja?« Zeitlupenartig drehte Emma den Kopf zu ihm, verlor sich in seinen intensiv blauen Tiefen.
Gracie zappelte auf ihrer Hüfte, weil sie runter wollte. Emma nutzte die Gelegenheit und entzog Elvis ihren Arm. Sie trat zurück, spürte noch immer die Wärme seiner Berührung auf ihrer Haut. Am liebsten hätte sie die Stelle gestreichelt.
»Gracie«, sagte Elvis unvermittelt, sein Blick klebte an Emmas Lippen. »Wie hat meine Mutter das Auto deiner Mom aufgemacht? Und die Zündung gestartet?«
Blöde Frage, suggerierte Gracies Blick. Trotzdem antwortete sie gutmütig: »Mit einem Schlüssel natürlich, du Dummerchen.«
9
Gedankenvoll betrachtete Elvis das strahlende Gesicht der Kleinen. Dann spähte er zu Emma, räusperte sich hörbar und wandte sich wieder zu Gracie. »Geh zu Clare und Sam in die Küche und frag sie, ob du ihnen nicht ein bisschen helfen kannst«, schlug er ihr vor. Worauf Gracie nicht lange überlegte und sich in Richtung Küche trollte.
Emma öffnete den Mund zum Protest, aber noch ehe sie einen Ton herausbrachte, umschloss Elvis ihren Oberarm und zog sie kurz entschlossen in die Halle, wo sie relativ ungestört waren. Er wirbelte sie herum und schob sie grob vor die geschlossene Flurtür. Als er einen Schritt vortrat, schwante ihr bereits, dass sie diesem Kraftpaket so leicht nicht entwischen könnte. »Haben Sie ihr den Schlüssel gegeben?«, fragte er dumpf.
Emma starrte in strahlend blaue Augen, die sich beschwörend in ihre bohrten. Die Frage war berechtigt, schoss es ihr durch den Kopf. Seine Mutter hatte sich immerhin ihr Kind geschnappt und ihren Wagen benutzt. Und eine ausgetüftelte Scheinentführung hingelegt, bei der der Verdacht auf Clare Mackey fallen sollte. Warum? Das Motiv lag völlig im Dunkeln. Und dass Nadine einen Autoschlüssel hatte, machte die ganze Geschichte natürlich noch verworrener. Von daher war es nur verständlich, dass er sie auf den Schlüssel ansprach.
Und wieso vergrätzte sie das dann? »Nein«, antwortete sie nicht ohne Sarkasmus in der Stimme. »Ich habe Ihrer Mutter nicht die Autoschlüssel gegeben, damit sie mein Kind kidnappen kann.«
Aber ich wette, Sie wissen ziemlich genau, wer es war ,
erregte Elvis sich im Stillen und biss die Kiefer zusammen. Missmutig starrte er in ihr verschlossenes Gesicht. Große, braune Augen, aus denen für gewöhnlich Wärme und Aufrichtigkeit sprachen, musterten ihn frostig-distanziert. Schon seit ihrer Ankunft auf Port Flannery spürte er, dass sie vor irgendetwas davonlief. Und nach dem, was er am ersten Abend im Gang aufgeschnappt hatte, tippte er darauf, dass es irgendwie mit ihrem Vater oder ihrem Ex-Schwiegervater zu tun hätte. Aber verdammt noch mal, letztlich war das genauso an den Haaren herbeigezogen wie die Tatsache, dass seine Mutter aus heiterem Himmel ein wildfremdes Kind entführte. Wie abgebrüht musste jemand sein, wenn er seine eigene Enkelin kidnappen ließ?
Elvis stutzte. Heilige Mutter Gottes, seit wann war er eigentlich Polizist? Er musste doch am allerbesten wissen, dass manche Menschen kein Tabu kannten. Zu viele . Elvis blies gefrustet den Atem aus seinen Lungen, so dass der Luftstrom Emma ein paar blonde Strähnchen aus der Stirn wehte. »Haben Sie Feinde, Emma?«, forschte er.
Gegen die Türklinke gelehnt, hielt sie seinem prüfenden Blick stand. »Nein.«
»Sind Sie vermögend?«
Unwillkürlich musste sie lachen. »Grundgütiger, nein.«
»Aus welchem anderen Grund könnte irgendjemand auf die Idee verfallen, Gracie zu kidnappen? Und einen solchen Aufwand betreiben? Das ist mir ehrlich gesagt rätselhaft.«
Um mir zu demonstrieren, wie leicht es geht , sinnierte Emma. Sie zuckte mit den Achseln. »Keine Ahnung«, erwiderte
sie laut. »Vielleicht sollten Sie da mal
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