Revanche - Exposure
Brummfliege mit mir gemacht.«
»Stimmt«, lachte er. »Aber wenn ich dich richtig küsse, fängst du an zu lachen.«
»Pah.«
»Doch, Ehrenwort.«
»Pah!«
»Wetten?« Er setzte sich auf die Fersen. »Ich mach dir einen Vorschlag. Wenn ich Recht habe und du lachst, kaufe ich dir …« Fragend sah er zu Emma.
»Eine Schachtel Straßenkreide«, half sie ihm.
»Genau. Und wenn ich es nicht schaffe …« Er stockte und blickte in eine ungewisse Ferne, als hätte er schlagartig vergessen, dass er mitten in einer Unterhaltung steckte.
Gracie machte dies knappe fünfzehn Sekunden lang mit. Dann zog sie den Daumen aus dem Mund und hob kaum merklich den Kopf von Emmas Brust. »Was dann?«, forschte sie.
»Also, wenn ich im Unrecht bin und meine Küsse bringen dich nicht zum Lachen, dann kauf ich dir ein Auto.«
Über so viel Dummheit konnte Gracie nur unwillig schnauben. »Gwacie kann nicht Auto fahrn.«
»Ach ja, stimmt. Dann muss ich dir wohl ein …« Wieder brach er ab.
»Dreirad kaufen?«, sprang Gracie hilfsbereit ein.
»Ja, dann kaufe ich dir ein Dreirad. Also, was hältst du davon? Können wir anfangen?«
»Okay.«
Elvis neigte den Kopf und hauchte federleichte Küsse auf ihren Hals. Kurze Zeit blieb sie standhaft und fing dann an, sich schlangenartig zu winden. Inbrünstig drückte er geräuschvolle Küsse auf ihren Nacken. Ein spitzes Giggeln entwich ihr. Sie zappelte herum, prustete gedämpft in Emmas Oberweite. Elvis ließ nicht locker.
Als ihn jemand an den Haaren zog, hob er den Kopf.
Und starrte in Emmas braune Tiefen. Genug, signalisierte sie ihm.
Gehorsam ließ er sich auf die Fersen sinken. »Gewonnen«, meinte er triumphierend grinsend. »Schätze, jetzt bekommst du eine Schachtel Straßenkreide von mir, mmh?«
»Aber eine ganz groooße Schachtel«, strahlte die Kleine. »Mit viiielen Farben.«
Er stand auf und hielt ihr den Arm mit der Prothese hin. »Abgemacht. Komm, wir gehen runter in Mackeys Laden und schauen, was es dort so alles gibt.« Er hielt angespannt die Luft an, bis sie ihre kleinen Finger durch die Prothese steckte.
So, diese Sache wäre geklärt, dachte er bei sich, aber das war nur die Spitze des Eisbergs.
Er war daran gewöhnt, dass die Inselbewohner normalerweise einen Riesenbogen um ihn machten. Aber als er mit Gracie auf den Schultern das Café betrat, war er unversehens von Kellnerinnen und Küchenpersonal umringt. Offenbar hatten sich alle Sorgen wegen Gracies Verschwinden gemacht.
Elvis wäre wohler gewesen, wenn sie ihn und das Kind in Ruhe gelassen hätten. Er hatte keine Lust auf ausufernde Erklärungen, inwieweit seine Mutter an der Sache beteiligt gewesen war. Zudem hatte er noch keine Gelegenheit gehabt, persönlich mit ihr darüber zu reden. Falls Emma plante, gerichtlich gegen Nadine vorzugehen, hätte seine Mutter zweifellos schlechte Karten. Aber bis es soweit war, würde er sie der sensationshungrigen Meute bestimmt nicht zum Fraß vorwerfen. Auf der Insel wurde sie ohnehin nur geduldet.
Ein Glück für ihn, dass Gracie durch die vielen fremden Menschen völlig eingeschüchtert war. Sie schmiegte sich an ihn, spielte nervös an seinen Haaren herum. Er konnte ihr Gesicht nicht sehen, hätte aber gewettet, dass sie am Daumen lutschte und die Leute mit ihren riesigen braunen Augen anstaunte.
»Lasst doch das Kind in Ruhe, Leute«, meinte er mit einer Entschiedenheit, dass die Umstehenden zurückwichen. »Ich find’s ja gut, dass ihr euch Sorgen gemacht habt, aber das ganze Brimborium schüchtert die kleine Gracie nur noch mehr ein.« Zu Ruby meinte er: »Mrs. Sands hat sich ausgesperrt. Geben Sie mir doch kurz den Zweitschlüssel für ihr Zimmer mit.«
Dass Elvis Donnelly sich für irgendeine Frau engagierte, war ja mal was ganz Neues, überlegte Ruby verblüfft, aber das behielt sie geflissentlich für sich. Sie ging in ihr Büro und holte ihm den Schlüssel. Mehr verlangte er auch nicht. Er wollte schleunigst wieder weg, bevor Gracie ihre Scheu verlor und fröhlich ausplauderte, dass ihre Maman letzte Nacht in Sheriff Elvis’ Bett geschlafen hatte. Oder, nicht auszudenken, dass sie, Gracie, seinen Penis gesehen hatte. Grundgütiger. Dann wäre Emmas Ruf auf Flannery Island ruiniert.
Die Leute mochten sie. Einige behandelten sie fast schon wie eine Einheimische. Ein Wunder, wenn man überlegte, dass etliche Bewohner noch nach Jahrzehnten als Fremde betrachtet wurden. Oder als Außenseiter - wie er, obwohl er von der Insel stammte.
Ihre
Weitere Kostenlose Bücher