Revanche - Exposure
Beliebtheit konnte sich mit einem Wimpernschlag ins Gegenteil umkehren, das war in seiner konservativen, kleinen Heimatstadt wahrlich nichts Neues. Und wenn die Leute erst erführen, dass Emma und ihre kleine Tochter
in seinem Bett übernachtet hatten, würden sie vermutlich mit dem Finger auf sie zeigen und sie als perverses Luder beschimpfen.
Kurz darauf bekam er den Schlüssel ausgehändigt und verdrückte sich mit Gracie unbeobachtet durch den Hintereingang. Wieder ein Hindernis umschifft. Kaum war ein Problem gelöst, türmte sich unweigerlich ein weiteres vor ihm auf, seufzte er. Da kam es auf eines mehr oder weniger auch nicht mehr an.
»Hab Hunger«, meldete sich Gracie nämlich Augenblicke später zu Wort. Elvis hielt sie im Arm und lief mit ihr durch die Allee. Sie riss ihm an den Haaren. »Elbis? Hab Hunger.«
»Ja, hab schon verstanden. Da musst du dich noch ein bisschen gedulden, bis wir wieder zurück sind, Beanie.« Und vermutlich noch länger, denn er würde keinen Fuß mehr in das Café setzen. Das war jetzt Emmas Problem.
»Aber ich will Frühstück, Sheriff.«
»Du möchtest doch mit deiner Mommy frühstücken oder?«
» Oui.«
»Na also.«
Sie seufzte herzerweichend. »Gwacie sooo hungrig.«
Als er ihr die Straßenkreide kaufte, spendierte er ihr einen Schokoriegel für unterwegs. Klebrige Finger fassten ihm auf dem Rückweg zur Pension ins Haar. Und erst ihr verschmiertes Gesicht! Emma wäre bestimmt sauer, weil die Kleine schon am frühen Morgen Süßigkeiten gegessen hatte.
Er wollte Emma und Gracie zum Frühstück ins Razorback einladen. Das lag auf der anderen Seite der Insel, wo sie sich ungestörter unterhalten könnten. Vielleicht
tischte Emma ihm dann endlich die ganze Geschichte auf. Solange er nicht definitiv wusste, was Sache war, würden seine sämtlichen Ermittlungen mit ziemlicher Sicherheit im Sande verlaufen.
Sie war mit seinem Vorschlag einverstanden. »Aber wenn Sie glauben, ich diskutiere die Angelegenheit vor meinem Kind , Cher , dann sind Sie schief gewickelt.« Emma senkte die Stimme. »Hierbei geht es um versteckte Kameras, brutale Korruption und letztlich um den Mann, den sie für ihren Großvater hält. Um Himmels willen, das würde sie nie begreifen.«
Verdammt heikle Andeutungen - und da sollte er als Gesetzeshüter Geduld aufbringen?
Aber sie hatte natürlich vollkommen Recht. Ihre Enthüllungen waren gewiss nicht für die Ohren einer Dreijährigen geeignet. Und er mochte auch nicht vorschlagen, einen Babysitter für Gracie zu engagieren. Nicht nach dem gestrigen Tag! Da wollte Emma das Kind verständlicherweise in ihrer Nähe wissen.
Folglich packten sie eine alte Decke, Gracies Sandeimerchen mit Schaufel und die Straßenkreide ein und kauften unterwegs für ein Picknick ein. Dann fuhren sie zu dem Strand abseits der Stadt.
Emma packte das Frühstück aus, während Elvis an einer schattigen Stelle die Decke im Sand ausbreitete. Gracie fand die Idee mit dem Picknick grandios und hockte sich gespannt daneben.
»Komm her.« Emma streckte die Hand nach ihr aus, und Gracie krabbelte gehorsam zu ihr. Aber statt ein leckeres Sandwich in die Hand gedrückt zu bekommen, begann ihre Mutter, Sonnenmilch auf ihrer Haut zu verteilen. » Maman !«, protestierte sie.
»Tut mir leid, Chéri . Aber das muss sein.«
»Darf Gwacie einen Orangensaft haben?« Sie schielte zu den gekühlten Flaschen, von denen das Kondenswasser abperlte.
»Nein, erst wird gecremt.« Emma hauchte ihr einen flüchtigen Kuss auf die Schulter und ließ sie los. »So, fertig. Und jetzt wird gegessen.«
Nach dem Frühstück nahm Emma die Kreideschachtel und schlenderte mit Gracie durch die Felsen. Zeichnete Umrisse darauf. Als Gracie schließlich ungeduldig wurde, gab sie ihr die Schachtel.
»Jetzt darfst du sie ausmalen, Herzchen.«
»Ich mal sie ganz schön!«
»Das weiß ich. Hier ist dein Eimerchen, Chéri . Falls du schöne Muscheln und Steine findest.« Ihre Finger glitten durch Gracies blonde Locken. »Ich setz mich solange auf die Decke und plaudere mit Sheriff Elvis, okay?«
»Okay.« Gracie nahm eine knallpinkfarbene Stange Kreide aus der Dose und begann sorgfältig, die Blume auszumalen, die ihre Mutter auf dem Felsen skizziert hatte.
Emma fläzte sich auf die Decke, zog die Knie an und beobachtete schweigend ihre Tochter. Allmählich wurde Elvis nervös. Trotzdem ließ sie ihn gnadenlos zappeln, ehe sie zu ihrer Geschichte ausholte.
»Als Charlie starb, wusste ich
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