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Revelations

Revelations

Titel: Revelations Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Fischer
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uns die ganze Zeit beobachtet?«
    »Innerhalb von Gebäuden ist er höchstens imstande, ungenaue Wärmesignaturen zu erkennen«, antwortete Jiao mit einem leichten Seufzen, bis sie Cassidys verständnislosen Blick bemerkte und hinzufügte, »Nein. Unsere Drohnen können nicht durch Wände schauen. Und ich wäre dir dankbar, wenn du für dich behalten würdest, was du gesehen hast.«
    Cassidy nickte zustimmend und kniff die Augen zusammen. Die Farm von Charles, auf der sie den Luxusgeländewagen zurückgelassen hatten, erschien inzwischen am Horizont.
    »Kannst du überhaupt noch was sehen?«, fragte sie. Jiao fuhr ohne Scheinwerfer bei einer Sichtweite von höchstens zwanzig Metern.
    »Ich sehe alles«, raunte Jiao. Sie drosselte für einen Moment die Geschwindigkeit und reichte Cassidy ihre Einsatzbrille. Sie kannte Nachtsichtgeräte bereits aus dem unterirdischen Forschungskomplex, doch diese Sichthilfe konnte viel mehr. Sie zeigte unter anderem Jiaos Blutdruck und Puls sowie ihre geografische Position auf einer digitalen Karte an.
    »Scarlet ... Scarlet. Das kann einfach nicht sein«, murmelte Jiao und überprüfte ihr Funkgerät. »Hawk-six, Violet!«
    Sie steckte den Kopf aus dem Fenster und blickte hoffnungsvoll auf die Sterne über ihr. Vielleicht würde sie unter freiem Himmel Empfang haben.
    »Hawk-six! Vater! Hört mich jemand?«
    »Scarlet ...«, wiederholte Cassidy flüsternd und reichte Jiao ihre Brille.
    »Scarlet war die erste Sicarii, mit der wir Kontakt hatten«, erklärte sie und setzte sich mit einem resignierten Seufzen die Brille wieder auf. »Sie gab vor, Handelsbeziehungen zwischen uns und dem Imperium aufbauen zu wollen. Es dauerte nicht lange, bis wir erkannten, dass sie uns als Vorbereitung für einen Angriff ausspionierte, und versuchte, unsere Verteidigungsanlagen zu sabotieren.«
    »Ich weiß«, flüsterte Cassidy und zog dabei ihre Oberschenkel eng an den Bauch.
    »Du weißt davon?«, fragte Jiao überrascht. »Woher? Hast du uns belauscht?«
    Die vielen Geheimnisse sorgten bei Cassidy zunehmend für Kopfschmerzen. Angel war verschwunden, Dog ihr ins Ungewisse gefolgt. Die Sicarii lagen im Bürgerkrieg miteinander. Ranger, die andere Ranger für die Sicarii jagten. Todfeinde eskortierten sie plötzlich ins Freie und ließen sie bedingungslos laufen. Das alles ergab für Cassidy keinen Sinn mehr. Auf einmal fühlte sie sich wieder wie das junge, unerfahrene Mädchen vom Lande, das Angel vor gut zwei Monaten in einem Erdloch gefunden hatte. Sie war überzeugt, dass ihr bald der Kopf platzen würde, wenn sie sich nicht jemandem anvertrauen und ein paar Antworten erhalten könnte.
    »Faith ist eine Bacchae der Sicarii.«
    Kaum hatte sie den Satz beendet, blockierten die Vorderreifen des Pick-ups und ließen den Wagen quietschend zum Stillstand kommen. Nur der Sicherheitsgurt, dessen Benutzung Jiao zum Glück bei jeder Fahrt vorschrieb, bewahrte Cassidy davor, durch die zersplitterte Frontscheibe zu stürzen.
    »WAS!?«
    Die Fassungslosigkeit stand Jiao ins Gesicht geschrieben.
    »Sie ist wegen meines Bruders zu uns übergelaufen«, keuchte Cassidy hervor, doch Jiao schüttelte entsetzt mit dem Kopf. Ohne ein weiteres Wort schaltete sie die beiden Funkgeräte ab. Es hatte seit Stunden keinen Kontakt mehr mit der Basis gegeben, aber sie wollte dennoch kein Risiko eingehen.
    »Die wechseln nicht einfach die Seiten!«
    Minutenlang herrschte bedrückende Stille. Nur der alte Motor des Pick-ups vibrierte durch den ganzen Wagen und ließ die notdürftig zusammengeflickte Karosserie klappern.
    »Ihr habt eine Bacchae mitten in unsere Biosphäre geführt«, hauchte Jiao ungläubig. »Und ihr wusstet es!« Sie zog ihr rechtes Bein auf den Sitz hoch und drehte sich zu Cassidy um. »Was ist mit dem Rest eurer Geschichte? Entspricht irgendetwas davon der Wahrheit?«
    »Nur Caiden und ich wissen, woher sie kommt. Hätten wir es Angel oder irgendwem von den anderen gesagt, wäre sie längst tot.«
    Jiao blickte sie fragend an und wartete auf weitere Erklärungen. Diesmal ließ Cassidy nichts aus. Die Rettung aus Brackwood, bei der Faith ihre eigenen Leute umbrachte, der Mord an Victor und die Sabotage der Verteidigungsanlagen, die Sprengung des Fluchttores, das Zusammentreffen mit Jade, bei der sie Faith absichtlich hatte ziehen lassen, das Tattoo auf ihrem Rücken, die Erzählungen über den Werdegang der Bacchae. Cassidy wollte Antworten und mittlerweile war es ihr ziemlich egal, von wem sie sie erhalten

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