Revelations
du mit unbekannt? Ist ihnen die Flucht gelungen?«
»Diese Information ist für dich nicht zugänglich.«
Cassidy nahm die Hände von ihrem Gesicht und rollte mit den Augen.
»Und wo sind die anderen? Butch und Kim?«
»Diese Information ist für dich nicht zugänglich.«
Cassidy knirschte mit den Zähnen und ballte die Fäuste.
»Was ist mit Sharon?«
»Die Vitalzeichen der Patientin liegen innerhalb normaler Parameter. Sie befindet sich auf Anweisung von Doktor Karen Webb auf der Krankenstation und ist seit ihrer Einlieferung bewusstlos.«
Cassidy seufzte erleichtert. Wenigstens eine gute Nachricht. Sie nahm ihren Plastikbecher vom Tisch und lief zum Wasserspender. Noch vor ein paar Tagen hätte sie diesen Raum für ein Paradies gehalten. Frische, saubere Luft und klares Wasser, das schier unaufhörlich aus der Wand zu kommen schien. Und doch blieb es eine Gefängniszelle, wenn auch ohne Gitter, ohne Gestank, ohne die Aussicht auf eine baldige Hinrichtung oder ein Leben in Sklaverei. Stattdessen umgab sie lähmende Ungewissheit. Durch die schwere Stahltür drangen kaum Geräusche von draußen herein. Es gab keine Fenster oder sonstigen Öffnungen, nur den Lüftungsschacht der Klimaanlage an der Decke, in den nicht einmal ihr Kopf passen würde.
Sie fühlte sich einsamer als je zuvor in ihrem Leben. Warum holte Jiao sie hier nicht raus? Warum waren Caiden und Faith so überstürzt geflüchtet, obwohl Angel und Cassidy bereits einen hervorragenden Kontakt zu den Bewohnern aufgebaut hatten? Wie waren sie überhaupt in den Zugangsschacht gelangt? Was war mit den anderen geschehen? Bis auf Sharons unveränderten Zustand verweigerte Amy eisern die Auskunft.
Plötzlich wurde es stockdunkel. Die Deckenbeleuchtung schaltete sich zusammen mit dem Bildschirm ab.
»Was ist los? Was soll das?«, fragte Cassidy verwirrt. Sie stand noch immer am Wasserspender und tastete sich vorsichtig zurück zum Bett.
»Es ist zweiundzwanzig Uhr«, antwortete Amy »Ich wünsche dir eine gute Nacht.«
Zehn Uhr abends. Sie hatte bereits den ganzen Tag in der klaustrophobischen Zelle verbracht und bis auf einen Wärter mit einer kargen Essensration keinen Menschen zu Gesicht bekommen. Seufzend hockte sich Cassidy auf das Bett. Angel hatte ihr nach der Gefangennahme durch die Sicarii ein paar Überlebenstipps für vergleichbare Situationen beigebracht. Seit Stunden kaute sie auf einem Knopf herum, den sie vom Bettbezug abgerissen hatte. Dazu versuchte sie, ihre Kopfrechenkünste aufzufrischen, und plante in Gedanken die unterschiedlichsten Expeditionen in die Steppe. Batterien, Munition, Treibstoff, Wasser; das alles musste berechnet werden, wenn man erfolgreich sein wollte. Eine Weile hatte sie gezögert, ihre Nahkampfübungen fortzusetzen, da ihr garantiert ein Wachsoldat an irgendeinem Monitor zusah, bis ihr Stolz nach ein paar Stunden kapitulierte. Am Ende wünschte sie sich sogar ihre staubigen Bücher zurück, um sich die Zeit vertreiben zu können. Aber auch ohne sie hatte Angel mit ihren Tipps Recht behalten und Cassidy den Tag überstanden. Nun war sie zum Glück so müde, dass sie binnen weniger Minuten einschlief.
***
Cassidy wusste nicht, wie lange sie schon im Halbschlaf auf ihrer Liege verbracht hatte, als sich plötzlich die Zellentür einen Spalt breit öffnete. In der tiefen Dunkelheit überkamen sie Erinnerungen an die verfluchte Militärbasis. Die Stahlwände und das kalte, eiserne Bettgestell trugen ihr übriges dazu bei, um das Schreckensbild zu vervollständigen. Sie wollte fliehen, doch wohin?
»Cassidy?«, flüsterte eine Stimme. »Bist du wach?«
Eine kleine Taschenlampe suchte die Zelle ab und entdeckte das verängstigte Mädchen zusammengekauert in der Ecke hocken. Mit einem amüsierten Kichern leuchtete sich Jiao in ihr eigenes Gesicht und schloss die Tür.
»Ich bin‘s!«
Cassidy hatte die ganze Zeit die Luft angehalten und atmete erleichtert aus.
»Wozu dieser Aufstand?«, fragte sie. »Wieso machst du nicht einfach das Licht an?«
»Um Amy zu deaktivieren, ohne Aufmerksamkeit zu erregen, musste ich alle umliegenden Systeme abklemmen.« Jiao blickte lächelnd auf die unverkleideten Kabelschächte vor der Tür, so als würde sie sich an eine Anekdote aus ihrer Vergangenheit erinnern. »Der Computer wird von so vielen notdürftig geflickten Kabeln zusammengehalten, dass Amy einige Stunden mit der Fehlersuche beschäftigt sein dürfte«, fügte sie hinzu.
»Und warum hast du sie
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