Revelations
Bordgeschütz und lehnte sich an die Wand zum Cockpit.
»Yuen hat nicht von den Sicarii gesprochen.«
»Nicht? Von wem denn dann?«, wunderte sich Cassidy.
»Das Imperium hat mehr als einen Feind«, erklärte Jiao. »Einige davon würden nur zu gern eine Destabilisierung der Sicarii sehen. Allen voran die Ragnars im Norden. Auch die Neces könnten binnen kurzer Zeit ganze Provinzen im Chaos versinken lassen, wenn die Legionen die Kontrolle verlieren.«
»Aber was hat das mit euch zu tun?«, fragte Cassidy. »Das hört sich ja fast an, als würdet ihr euch Sorgen um die Sicarii machen!«
»Denk doch nur mal an Charles!«, fuhr Jiao sie beinahe zornig an. »Vor den Sicarii musste er jeden Tag ums Überleben kämpfen. Jetzt genügen ein paar Patrouillen an seinen Zäunen.«
»Das hat ihm gestern aber nicht geholfen.«
»Daran sind wir ... bin ich schuld«, sagte Jiao bedrückt. »Hätte ich ihn nicht ständig in meine Missionen hineingezogen ...«
»Charles kannte das Risiko«, unterbrach sie Leon. »Genauso wie Sam und jeder andere auf der Farm. Wie vielen von denen hat Karen im Gegenzug das Leben gerettet? Wie oft haben wir ihnen mit Gas und Medikamenten ausgeholfen? Direkt an den Sicarii vorbei!«
»Trotzdem sollten wir die Sache klären und dafür sorgen, dass die Legion ihn in Zukunft in Ruhe lässt!«, mahnte Sergej.
»Jade wird diesen Offizier zur Rechenschaft ziehen«, versprach Jiao eisern. »Das schuldet sie mir.«
***
Als die Sonne den neuen Tag einläutete, kam ihr Ziel wie geplant in Sichtweite. Der Konvoi aus zwei Truppentransportern und einem Geländewagen als Eskorte verriet sich schon aus weiter Ferne durch eine hohe Staubwolke.
»Und was nun?«, rief Cassidy nervös. Die lauten Motorengeräusche machten ihr seit dem Aufbruch schwer zu schaffen und dank der Brillenanzeigen konnte sie genau sehen, dass ihr Herz mehr als hundertzwanzig Mal pro Minute schlug. »Halten die einfach für dich an?«
»Das werden wir gleich herausfinden«, antwortete Jiao und überflog die drei Fahrzeuge so tief, dass sie die Frisuren der beiden Männer im etwas vorausfahrenden Jeep durcheinanderwirbelte. Anschließend ließ sie den Hubschrauber einen Meter über der Straße schweben und zwang den Konvoi damit zum Anhalten. Sie schwenkte die Maschine so herum, dass die Steuerbordseite auf die Wagenkolonne zeigte und Leon sie am Maschinengewehr sofort unter Feuer nehmen konnte.
»Ihr habt zwei Minuten Zeit eure Gefangenen freizulassen und zu verschwinden!«, befahl Jiao den Sicarii über die Sprechfunkanlage des Hubschraubers.
Gebannt verfolgte Cassidy, wie die Soldaten ausstiegen und tatsächlich ihre Freunde von der Ladefläche des mittleren Lasters holten. Butch trug noch immer einen Verband an der rechten Hand. Cole und Kim wirkten den Umständen entsprechend gesund. Besonders die widerspenstige Wüstenprinzessin wehrte sich standhaft gegen die grobe Behandlung ihrer Wächter, die sie in einer Reihe vor dem Geländewagen aufstellten.
»Lasst sie laufen!«, schallte Jiaos Stimme aus dem Lautsprecher.
Cassidy zitterte vor Freude am ganzen Leib. Sie hatten es geschafft, ihr Team vor der Gefangenschaft zu bewahren! Der Kommandeur drehte sich zu seinen Männern um und schien ihnen den erhofften Befehl zu erteilen. Dabei fiel Jiao der blutgetränkte Verband an seinem rechten Oberarm auf.
»Das ist doch ...«, hauchte sie mit bebender Stimme. Plötzlich zog der Offizier ohne Vorwarnung seine Pistole und schoss Butch von hinten in den Kopf. Der breitschultrige Mechaniker brach leblos vor Cassidys Augen zusammen und ließ sie entsetzt aufschreien. Schockiert starrte sie auf die Leiche ihres Freundes, der sie vor zwei Monaten so herzlich in seinem orangefarbenen Pick-up aufgenommen hatte.
Der sicariianische Kommandeur trat einen Schritt auf die anderen beiden zu. Er drückte die rauchende Mündung seiner Pistole in Kims Nacken und winkte mit dem verletzten Arm in die Richtung des Hubschraubers. Die Botschaft war eindeutig. Würden sie die Straße nicht sofort freigeben, wäre der Rotschopf sein nächstes Opfer.
Jiao überlegte fieberhaft, wie sie darauf reagieren sollte. Sie durfte die Sicarii nicht damit durchkommen lassen, aber sie hatte auch keinerlei Zweifel daran, dass die Soldaten Kim und Cole vor ihren Augen exekutieren würden, wenn sie der Aufforderung nicht Folge leistete. Leon wartete nur auf ihren Befehl, das Feuer aus dem Bordgeschütz zu eröffnen. Für ihn und Sergej war die Sache klar. Sie
Weitere Kostenlose Bücher