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Revierkönige (German Edition)

Revierkönige (German Edition)

Titel: Revierkönige (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Gerlach
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Tür hinter ihm zu und schob ihn in das Zimmer, wo ungefähr zehn Glatzköpfe saßen, richtige kernige Jungs. Hansi erhob sich, stellte sich breitbeinig und mit verschränkten Armen vor ihn hin und fixierte ihn eine Weile. Er hatte anständig geladen und das war die Gelegenheit, dem alten Sack zu zeigen, wo´s langging. „Was gibt´s, Herr Herrmann? Sie wolln doch nich etwa unsere kleine Feier stören?“ Die anderen grinsten hämisch. „Nee, nee, ich wollte nur ..., wegen der Musik, iss doch ´n bissken laut.“ Freddy drehte die Anlage etwas weiter auf. „Hört ihr wat?“ „Nööö, nöö!“, riefen sie im Chor, einige fingen an zu lachen. „Also“, sagte Migge und versetzte ihm einen Stoß, nur ganz leicht, so dass die Herrmannsche Körpermasse gegen die Anrichte bollerte. „Waa da was? Habbich da was gehööat? Nee? Na, dann geh ma schön na unten, da kannße wolln, geh ma wieder zu deine fette Mattka runter!“ Gelächter von allen Seiten, und der Herrmann sputete sich, bloß weg von diesem schrecklichen Ort. Dass das hier so zuging! Da sah man wieder mal, wie man sich täuschen konnte.
     
    Um halb sechs waren nur noch leere Flaschen da. Alle, bis auf Migge und Auge, torkelten aus der Wohnung und sangen lauthals die Treppe runter, einer fiel auf den Arsch und brüllte, einer pisste im ersten Stock in die Ecke und dann wurde es ruhig. Das Haus atmete auf. Migge saß katzenbucklig und mit überkreuzten Beinen auf dem Küchenstuhl. Er schob mit seinem knochigen Ellenbogen ein paar Dosen zur Seite, beugte seinen Oberkörper weit nach vorne, so dass man die Rippen zählen konnte, und angelte eine angerauchte Kippe aus dem Aschenbecher. Auge machte zwei Versuche, vom Boden aufzustehen und gestand sich ein, dass er zu besoffen war. Er rollte sich ein und begann sofort zu schnarchen. Hansi lag auf der Schaumstoffmatratze in seiner „Schlafnische“. Das zusammengegrummelte Bettzeug unter ihm, ursprünglich grün-blau kariert, hatte durch mangelndes Waschen eine undefinierbare Farbe angenommen. Sein blonder Kopf hob sich kontrastreich von dem fettigen, gräulichen Fleck an der Wand ab. Er blickte nachdenklich zur Decke. Halten wir dieses Bild fest: Drei Veteranen.
     
    Als sich Olaf Keune am späten Nachmittag auf den Weg in die Eisenstraße machte, wusste er noch nicht, dass ihn die Summe der folgenden Ereignisse zu einer schwerwiegenden Entscheidung führen würde. Wohlgemerkt: die Summe, nicht die einzelnen Ereignisse für sich genommen. Die fielen nicht ins Gewicht. Es passierte ja nichts, wie wir wissen, immer nur das Gleiche. Erst das Zusammenwirken dieser scheinbar unwichtigen Begebenheiten, das Aufeinanderstapeln von Monotonien und die verketteten, manchmal in sich verknoteten Gewohnheiten ergaben ein neues Bild oder eine andere Sicht auf die Dinge. Auf einmal – wenn man zu den Unglücklichen gehörte, die hinsahen – war etwas da, mit dem man unbedingt etwas anfangen musste. Als wenn einem einer ein Paket in die Hände drückt und sagt: „Da, machma auf.“ Der unruhige Geist, der Olaf Keune anfiel, wie es ihm gerade passte, hatte die Zeichen eigentlich immer verstanden. Wie in so vielen Fällen, begann alles harmlos. Die Nachmittagsstunden hatten ihre Runden gedreht, Olaf Keune war ganz entspannt drauf, hatte zwei bequeme Kunden abgefertigt, und ging nun, die zunehmende Klarheit in seinem Kopf genießend, durch die Straßen. Er hatte nichts Besonderes vor, keinerlei Verpflichtungen, nicht mal ein Formular ausfüllen, da konnte man ja mal beim Hansi vorbeigehen. Er klingelte und ging gleich nach oben. Die Haustür schloss nach wie vor nicht und hing noch genauso demoliert in der Fassung wie sie ein paar Jungs vor einem halben Jahr hinterlassen hatten. Im zweiten Stock kam ihm Rauch- und Bierdunst entgegen. Es herrschte Ruhe im Stockwerk, ein sicheres Zeichen dafür, dass die Party vorbei war, umso besser. Durch die offene Wohnungstür folgte Olaf dem Gemurmel, das von drinnen kam. Schweiß stach jetzt als dritte Komponente aus dem Geruchsgemisch hervor.
    „Kumma wer da kommt!“ Migge funkelte ihn aus grünen Augen an.
    „Der Weihnachtsmann“, lachte Spargel und spürte sofort, dass dies nicht der Ort war, wo er jetzt sein wollte. Hansi hob kurz den Kopf.
    „Wieso kommße so spät, du Sack?“ „Ich wär ja schon eher gekommen, aber ich hatte noch Kunden.“
    Migge lachte dreckig. „Hasse gehört, Hansi? Kunden, Kun-den hatter.“
    „Klar, der Spargel iss jetz groß im

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