Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Revierkönige (German Edition)

Revierkönige (German Edition)

Titel: Revierkönige (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Gerlach
Vom Netzwerk:
doch die Hoffnung, ihr Liebster würde durch den Sauerstoff ein wenig Vernunft zurückgewinnen. Aber Spargel sagte: „Zu Fuß! Ich geh doch nich zu Fuß!“
    Der Freese sah nach einem Taxi, um die Uhrzeit hatte man vielleicht noch gute Chancen eins zu kriegen. Aber man stand am Straßenrand und fröstelte, und stand und hauchte sich in die Fäuste. Geballer hier und da erinnerte an dieses Fest. Ansonsten deutete nichts auf den Jahreswechsel hin. Doch was bedeutet schon Jahreswechsel? Nichts, außer dass der 31.12. in den 1.1. übergeht und das ganze Theater wieder von vorn beginnt. Nach zwanzig Minuten hielt ein Wagen. Freese drängte sich schnell nach hinten zwischen Vera und Silvia, Spargel stieg vorne ein und sagte zum dem jungen Fahrer: „Sind Sie vielleicht Chinese?“
    „Nö, wieso?“
    „Weil Sie einen Zopf tragen.“
    „Chinesen tragen keine Zöpfe mehr. Das war früher.“
    „Würden Sie uns bitte trotzdem in die Heroldstraße bringen?“
    „Mach ich doch glatt“, sagte der Fahrer ruhig und dachte sich seinen Teil. Es lief ein WDR-Sender mit leiser Jazzmusik.
    „Wieder son Studie, der furzend sein Taschengeld aufbessert“, flüsterte der Freese Vera ins Ohr. Das kitzelte.
     
    Vera spielte Gastgeberin, machte eine Flasche Wein auf, während der Spargel schweigsam vor seiner Anlage saß und Kassetten einlegte, wieder rausnahm und sich ärgerte, weil er nicht das Richtige fand. Eigentlich wollte er etwas ganz anderes, vielleicht seine Ruhe haben, aber noch wusste er das nicht genau. Dann saß man, auf die Sitzplätze der Küche verteilt, und versuchte sich zu unterhalten. Spargel machte eine Dose fertig. Der Freese war aufgekratzt und fühlte sich wie zu Hause, Silvie versuchte, fröhlich zu sein und ließ ihr Körperchen zur Musik wippen, Vera sah nur immer wieder Olaf an. Kurz nach elf verließ er den Raum. Damit fehlte etwas. Nach zwanzig Minuten zäher Unterhaltung war Olaf immer noch nicht zurück. Der Freese suchte Musik heraus, Vera ging „mal nachsehen“. Er lag angezogen auf dem Bett und hatte das Licht gelöscht. Vera setzte sich auf die Matratzenkante und sah ins Dunkel. Er zog sie zu sich herunter. „Meine Blume“, murmelte er. Das hätte herzerwärmend schön werden können, wäre da nicht dieser säuerliche Geruch und er nicht in diesem Zustand gewesen. Ein Dilemma. So was macht traurig.
    „Was ist denn los?“
    „Die sollen gehen.“
    „Das kannste doch nicht machen. In einer halben Stunde ist zwölf Uhr.“
    „Ich will die hier nich.“
    „Aber wieso denn? Du hast sie eingeladen, du kannst die doch jetzt nicht wegschicken.“
    „Mir geht´s echt nich gut. Sag den, die sollen gehen, bitte.“ Er drehte sich zur Wand und rollte sich ein. „Bitte!“
    Es war ihr peinlich, es war schade, es hätte doch so schön ..., warum konnte es nie …. Aber das, was wirklich Bedeutung hatte, das war ihre Verbindung, ihre Zusammengehörigkeit, dass sie beide Silvester zusammen verbrachten. Damit fühlte sie sich sicher, alles schien möglich, wie in einem Traum, in dem man sogar fliegen kann. Vera ging in die Küche zurück.
    „Also tut mir wirklich leid, aber dem Olaf geht´s nich so gut.“
    „Oh, was hat er denn?“
    „Na ja, dem ist schlecht und so, hat sich hingelegt. Ich glaube, es wäre besser, wenn ihr geht.“
    „Klar, kein Problem!“, rief Silvia etwas laut, als wollte sie durch die Lautstärke ihre Verwirrung und Enttäuschung überspielen. Es sollte doch eine kleine Feier geben, man wollte doch fröhlich sein, anstoßen. Aber der wirklich Enttäuschte war der Freese, das sah man ihm an. Denn Silvie, die hatte jetzt wenigstens ihren Dirk für sich allein.
    Nachdem die Gäste gegangen waren, dauerte es vielleicht noch fünf Minuten, da erstand Spargel von den Toten auf, legte eine Kassette mit Cleardance Clearwater Revival ein und sah mit Vera aus dem Fenster. Sie und Olaf, das war etwas ganz Besonderes. Dieses Vera-Olaf-Gemisch, immer anders als die anderen. Hier in der Straße war nicht viel los. Ein paar Kinder hatten Zündplättchen und ließen ein paar mickrige Knaller hochgehen, ein Grüppchen von Leuten stand vor dem Haus schräg gegenüber, ein paar lehnten aus ihren Fenstern und kuckten nach oben, um ein Stück mit bunten Lichtern bombardierten Himmel zu erhaschen. Der griechische Imbiss unten hatte noch geöffnet. Es pfiff und krachte in der Nähe. „Frohes neues Jahr“, sagte Vera leise und küsste Olaf. Sie hätte ihm gern einen langen, feierlichen

Weitere Kostenlose Bücher