Revierkönige (German Edition)
Wollpulli wölbten sich zwei beachtliche, ziemlich reife Brüste. Er stand eigentlich nicht auf so Junge, war ihm viel zu blöd. Diese jedoch hatte so einen verdorbenen Zug im Gesicht, dass es ihn schon wieder reizte. Er beschloss, sie anzusprechen und erhob sich von seinem warmgesessenen Platz.
„Falls es dich nich stört, setz ich mich ein bisschen neben dich.“
„Stört mich nich“, sagte sie und blickte ihn kurz, aber prüfend an.
Braune Kulleraugen hatte sie und verzog keine Miene mehr, nachdem sie auf seine ganz konkrete Frage das Mündchen aufgetan und ihren Namen gesagt hatte. Gaby oder Ulrike. Spargel war sich nicht sicher, ob sie traurig oder nur blöde war. Sie roch nach Babycreme und Zwiebeln. Er bestellte ihr ein Glas Bier, das sie in wenigen Zügen austrank. Das machte sie mit den nächsten beiden Bieren genauso. Bald bereute er, sie angesprochen zu haben. Er verspürte nicht mehr die geringste Lust, sich mit diesem verstimmten Baby abzugeben. Sie schien fern jeder Bereitschaft zur Kooperation, nicht mal ein bisschen small talk oder ein kleines Lächeln konnte sie sich abringen.
„Hast du was zu rauchen dabei?“, fragte sie plötzlich.
Der alte Jagdinstinkt erwachte im Spargel und ließ ihn etwas antworten, was möglicherweise Konsequenzen nach sich zog. „Zu Hause habe ich was. Ich wohn hier in der Nähe, wennde willst, kannste ja mitkommen, ich wollte sowieso abhauen.“
Sie nickte und ging mit. Die Kleine trabte brav neben ihm her. Nach einer schweigsamen Viertelstunde versuchte er, das Ganze von der amüsanten Seite zu sehen. Als er die Tür aufschloss, ging sie wie selbstverständlich in die Küche, warf ihre Jacke auf den Boden und lümmelte sich auf die Couch. Spargel ging an seine Anlage, legte irgendeine Kassette ein und ahnte, dass das eine komische Geschichte werden würde.
„Find ich ja stark so ohne Möbel“, sagte sie und verzog das Mündchen zu einem schrägen Lächeln.
Er drehte sich um und starrte sie an. „Ich dachte schon, es hätte dir die Sprache verschlagen. Aber dann iss ja gut.“
Dann machte er erst mal die beiden gekippten Fenster zu und kam ihr dabei ziemlich nah, weil sie nicht zur Seite rutschte. Für einen Moment dachte er, wie es wäre, wenn sie sich jetzt an seiner Hose zu schaffen machen würde, aber es war nur so ein Gedanke. Er kramte in einem Übertopf auf dem Fensterbrett und gab ihr ein Bröckchen, das sie gleich fachkundig bearbeitete. Irgendwie könnte das Ganze ja geil werden, dachte er, aber so richtig Freude wollte nicht aufkommen. Vor ein paar Jahren hätte er sonnem kleinen Luder schon längst das Höschen runtergezogen, bevor es dann später bestimmt noch ein paarmal zur Sache ging. Er setzte sich auf den Boden, lehnte sich mit dem Kopf gegen die Wand und schaltete per Fernbedienung den Fernseher ein. Er ließ ihn ohne Ton laufen.
Wahrscheinlich saßen sie Stunden so da, ohne dass etwas passierte. Komisch, nicht wahr? Man denkt immer, da müsste doch jetzt was kommen. Spargel starrte in den Fernseher und sog an seiner Dose. Dass noch jemand da war, merkte er am Rauch, der sich links von ihm verdichtete. Hin und wieder fiel wohl ein Satz. Einmal, wie aus einem Traum aufgewacht, fragte er sie: „Sachma, würde es dir was ausmachen, mir mal deine Titten zu zeigen?“ „Nö“, sagte sie. Sie hob ihren Pullover bis ans Kinn und hielt ihn so. Es waren schwere, birnenförmige Brüste, weiß und weich, von kleinen blauen Adern durchzogen. Die Brustwarzen leuchteten einladend rot. Er starrte eine Weile darauf, fühlte sich zu träge, um wenigstens mal hinzulangen. „O.k., reicht schon. Tolle Brüste.“
Man hätte echt lachen können. Aber der Spargel war müde und schlief bald so gegen die Wand gelehnt ein, mit der Bonbondose in der Hand.
Genau so wachte er ein paar Stunden später wieder auf. Es dämmerte. Rücken und Hintern vereinigten sich zu einem Schmerz, ein ekliger Geschmack füllte seine Mundhöhle aus, unter der Schädeldecke pochte es böse. Das Zwiebel-Baby war weg, Gott sei Dank! Mann, das hätte noch gefehlt. Heute war kein Tag für Aufbrüche, Bierkater sind schlimm. Der Seesack. Er stand da wie eine Insel inmitten der Leere des Zimmers. Er wünschte sich seine Möbel zurück, die hätten ihn getröstet. Der Seesack sagte ihm nichts, freute ihn nicht, das war schade, schmerzlich, und musste sich ändern. Er legte was von Lou Reed auf und dachte an die letzte Nacht. War da wirklich nichts gewesen, gar nichts? Hätte aber.
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