Revolte auf Luna
Planungsausschuß für wirtschaftliche, technische und landwirtschaftliche Fragen würde dafür sorgen, daß die Arbeitskräfte und die natürlichen Reserven des Mondes hundertprozentig ausgenützt würden. Der erste Fünfjahresplan sah eine Vervierfachung der bisherigen Getreidelieferungen innerhalb kürzester Zeit vor; dieses Ziel mußte erreichbar sein, wenn die vorhandenen Reserven wissenschaftlich sinnvoll eingesetzt wurden. Die erste Phase dieses Plans bestand darin, daß alle Mündel, die keine produktive Tätigkeit ausübten, zum Bau von riesigen Tunnels eingesetzt wurden, in denen spätestens 2078 die ersten Farmen eingerichtet werden sollten. Diese neuen Riesenfarmen würden von der Verwaltung geleitet werden,anstatt den Launen privater Besitzer überlassen zu sein. Voraussichtlich würden sie bereits nach wenigen Jahren die gesamten Getreidelieferungen an Terra übernehmen können, so daß private Erzeuger ihre Produkte auf dem freien Markt verkaufen konnten. Aber im Laufe der Zeit würden auch sie Bestandteil des neuen Systems werden,weil ihre bisherigen Methoden sich als unwirtschaftlich erwiesen.
Der Vorsitzende sah von seinem Manuskript auf. »Kurz gesagt, die Kolonie Luna wird zivilisiert und auf einen fortschrittlicheren Stand gebracht. Obwohl diese Aufgabe unangenehm ist, finde ich -als Bürger von Terra, nicht als Vorsitzender dieses Komitees -, daß wir Ihnen zu Dank verpflichtet sind, weil Sie uns auf dieses Problem aufmerksam gemacht haben.«
Ich hätte ihm am liebsten meine Meinung gesagt. »Mündel!«
Warum nannte er uns nicht gleich »Sklaven«? Aber Prof antwortete nur: »Ich finde diesen Vorschlag sehr interessant. Darf ich einige Fragen dazu stellen? Nur zu Informationszwecken?«
»Ja,aber nur zur Information.«
Der nordamerikanische Delegierte beugte sich nach vorn.»Aber glauben Sie ja nicht, daß wir uns Ihre Unverschämtheiten gefallen lassen! Nehmen Sie sich in acht -Ihr Fall ist noch längst nicht ausgestanden!«
»Bitte Ruhe«, forderte der Vorsitzende.»Professor?«
»Ich finde den Ausdruck >Mündel< bemerkenswert. Stimmen Sie mit mir überein, daß die meisten Bewohner von Luna keine Sträflinge,sondern freie Menschen sind?«
»Selbstverständlich«, gab der Vorsitzende sofort zu. »Über neunzig Prozent besitzen die Staatsbürgerschaft eines Mitglieds der Vereinigten Nationen. Wer nach Hause zurückkehren will, kann das ohne weiteres tun. Ich möchte hinzufügen, daß ich selbst zu den Befürwortern dieser Möglichkeit gehöre -dann kann von >Sklavenarbeit< keine Rede mehr sein.« Er grinste höhnisch.
»Aha«, sagte Prof. »Wirklich sehr menschenfreundlich! Hat die Verwaltungsbehörde dabei berücksichtigt, daß die Bewohner von Luna körperlich nicht imstandesind, hier zu leben? Daß sie nicht auf Terra leben können, weil ihre Körper die sechsmal höhere Schwerkraft nicht ertragen?«
Der Vorsitzende runzelte die Stirn, als höre er diesen Einwand zum erstenmal. »Das ist nicht sehr überzeugend, Professor, denn, schon Ihre Anwesenheit beweist, daß Ihre Landsleute auf Terra leben könnten. Außerdem haben wir keineswegs die Absicht, jemand zur Rückkehr zu zwingen. Wer es für richtig hält, bis an sein Lebensende auf dem Mond zu bleiben,kann das selbstverständlich tun.«
»Richtig, Sir. Wir sind also frei und entscheiden selbst über unser Schicksal. Wir können auf Luna bleiben undfür die Verwaltung zu Löhnen arbeiten, die von der Verwaltung festgesetzt werden ... oder wir können zur Erde zurückkehren,um dort zu sterben.«
Der Vorsitzende zuckte mit den Schultern. »Sie halten uns für herzlose Verbrecher -das sind wir nicht. Wäre ich noch jung, würde ich selbst zum Mond auswandern. Dort gibt es noch unbegrenzte Möglichkeiten! Jedenfalls sind wir nicht daran schuld, daß Terra eine sechsmal höhere Schwerkraft als der Mond hat. Das sehen Sie doch ein,nicht wahr?«
Prof überraschte mich, weil er kampflos aufgab und nur sagte: »Herr Vorsitzender, ich nehme an, daß bald wieder Schiffe in Richtung Luna starten. Können mein Kollege und ich mit dem ersten Schiff nach Hause zurückkehren? Ich muß zugeben, daß die irdische Schwerkraft uns sehr zu schaffen macht. Unser Auftrag ist durchgeführt; wir können nach Hause zurückkehren.« (Kein Wort über Getreidelieferungen. Nichts davon, daß wir >Felsen werfen< wollten. Prof schien nur müde zu sein.) »Das ist nicht ganz leicht, Professor«, antwortete der Vorsitzende.»Sie und Ihre Freunde haben
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