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Revolution - Erzählungen

Revolution - Erzählungen

Titel: Revolution - Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbo
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sage ich. »War schön.«
    »Du bist ein schneller Mann.«
    »Ja, aber jetzt bin ich auch rechtschaffen müde.« Samueli kommt zu uns.
    »Ich kann etwas zu essen besorgen«, sagt er. »Willst du etwas?«
    »Sehr gern«, sage ich. »Danke.« Er kommt mit einem Teller zurück. Die wunderbarste Mahlzeit, die ich je bekommen habe. Ugali na maharage – dicker Maisbrei und Bohnensoße. Ja, es ist nichts Besonderes, aber diese Burschen wissen, wie man es zubereitet. Die Konsistenz des Maisbreis ist perfekt. Und die Bohnensoße ist meisterhaft – sie haben Zwiebeln und Tomaten verwendet, außerdem Salz und Pfeffer. Daran hat mein Magen zu arbeiten, sehr viel mehr als bei Reis, Kartoffeln oder Pasta. Du kannst die mamas auf dem Land fragen, die auf den Feldern arbeiten: Wenn du die Wahl hättest zwischen Reis, Kartoffeln oder ugali ? Antworten sie: Wenn ich am nächsten Tag arbeiten muss – ugali .
    Ich bedanke mich für die Mahlzeit.
    »Möchtest du noch einen Nachschlag?«, fragt mich der Koch, ein Träger namens Daniel.
    »Ich bin satt. Es war einfach wunderbar.« Daniel lacht.
    » Wewe unasema kama wahehe «, sagt er – ich würde wie ein wahehe sprechen. Iringa-Akzent.
    »Ich bin hehe «, erwidere ich. »Aber ich habe auch drei Viertel mzungu- Blut aus England und Griechenland.«
    » Eeehhh «, sagt er und nickt im Schein der Flammen.
    »Manche mwafrika behaupten, ich sei der Dreck vom Marktplatz, und manche wazungu meinen, ich sei ein übles Kuddelmuddel. Aber das hier«, sage ich und lecke an meinem Arm, »schmeckt nach Milchschokolade.«
    Sie lachen. Ich zünde mir die letzte Zigarette des Tages an und starre in die Flammen. Nicht weiß, nicht schwarz – nur Panos.
    Mit dem logischen Sinn und dem Fleiß eines Weißen kannst du es in Afrika weit bringen. Es liegt den Schwarzen nicht zu planen, denn morgen wird es ohnehin nicht so sein, wie du glaubst – es könnte sich ebenso gut um einen Traum handeln. Das hat nichts mit Faulheit zu tun. Weiße Menschen säen Samen, um in der Zukunft zu ernten. Schwarze Menschen wissen, dass Afrika alles auffressen kann, was du säst, und dass es dich nackt bis auf die Knochen zurücklässt. Du bist hier, um auf deinen Tod zu warten oder das Blut deiner Brüder zu ernten. Du kommst unter der sengenden Sonne schwarz auf die Welt. Nichts ist vorbereitet. Nichts ist niedergeschrieben. Niemand kann deine Fragen beantworten. Du hackst die Erde auf, du säst einen Samen, du hoffst auf Regen. Vielleicht spült der Regen alles fort. Vielleicht isst du, vielleicht hungerst du. Vielleicht zwingt dich Malaria zu Boden und Schädlinge fressen dein Mark. Kannst du gegen die Kraft Afrikas kämpfen, wenn du selbst Afrika bist? Nur ein kranker Mann kämpft gegen sich selbst. Die Behörden reden davon, dir helfen zu wollen. Aber wie? Nichts passiert. Als weißer Mann kannst du diese Hilflosigkeit ausnutzen – du kannst das schwarze Blut ernten und ein großartiges Leben führen. Ja, es ist grausam – es ist die menschliche Art.
    Unter freiem Himmel krieche ich in meinen Schlafsack, die Sterne umarmen mich von allen Seiten. Ich schlafe sofort ein.
    Ich stehe mit der Sonne auf. Der Schlafsack ist überzogen von Tauperlen. Ich finde Samueli. Kaufe mir einen Tee bei einem Koch an der großen Touristenhütte. Kein Frühstück – in Tansania ist es normal, nur mit einer Mahlzeit am Tag zu leben. Wir laufen bergab. Wir sind schnell, wirklich. Nichts Ungewöhnliches, aber hart für die Knie. Ein unwegsamer, holpriger Pfad. Wir erreichen das Tor und haben exakt achtundvierzig Stunden gebraucht; wir brachen gegen Mittag auf und sind um die Mittagszeit zurück. Irgendwie hat die Geschichte sich herumgesprochen. Ich höre die anderen Guides Samueli fragen: »Seid ihr oben gewesen?«
    »Ja«, antwortet er.
    »Wirklich?« Sie sind beeindruckt. Mit mir reden sie nicht – meine Farbe ist zu eigenartig. Aber ich höre sie. Ich gehe zum Büro, damit sie eintragen können, dass ich den Nationalpark verlassen habe.
    »Du musst auf deine Bescheinigung warten.«
    »Ich brauche keine Bescheinigung«, erwidere ich. Alles ist gut. Ich gehe hinaus, um Samueli zu bezahlen.
    »Ich hatte eine harte Zeit auf dieser Tour«, sagt er. Das ist wahr. Es war hart. Auf diese Weise verdient er seinen Lebensunterhalt: Er läuft den Berg hoch und runter. Was immer ich entbehren kann, ist willkommen. Ganz davon zu schweigen, was für einen Müll er sich von mir am Gillman’s Point anhören musste. Was ging ihm da durch den Kopf?

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