Revolution - Erzählungen
Anlage im Moshi Hotel eingeschlossen ist«, sagt er. »Dort gibt es vierundzwanzig Stunden am Tag einen Wachmann. Hier würde sie nur geklaut.«
Nach und nach finde ich heraus, dass alles, woran ich geglaubt habe, eine Lüge ist. Faizal gehören die Maschinen für die Disco gar nicht. Er legt nur die Platten auf, und selbst die gehören ihm nicht. Einem anderen Mann gehört die Anlage, und er bekommt auch das ganze Geld – Faizal erhält lediglich einen Lohn als DJ , und das ist nicht viel. Meine neuen Erkenntnisse verrate ich Faizal nicht. Es ist zu spät, um zu bereuen.
Ich kümmere mich um die Wohnung, während das Kind in meinem Bauch wächst. Ich bin Faizal eine gute Ehefrau. Bevor ich mein Dorf verließ, wurde mir alles beigebracht, was man wissen muss. Zu Hause habe ich gelernt zu kochen. Und als ich meine erste Menstruation bekam, durchlief ich sämtliche Zeremonien. Zunächst musste ich drei Wochen allein in einem Raum in der Hütte meiner Großmutter leben und durfte mit niemandem sprechen. Ich dachte viel über das Leben und über mich nach. Währenddessen habe ich Körbe und Matten aus Palmblättern geflochten und fühlte mich sehr einsam. Dann kamen die erwachsenen Frauen und wuschen mich, hinterher fand eine drei Tage lange Zeremonie statt, auf der wir jungen Mädchen zusammen eingeweiht wurden. Wir lernten, wie man sich gegenüber seinem Mann verhält, wenn man verheiratet ist. Die Frauen erzählten uns, wie man den Mann beruhigt, wenn er wütend ist. Was wir erfuhren, ist geheim. Wir dürfen es niemals einem Mann erzählen. Aber wir haben gelernt, wie wir uns bei einem Mann entschuldigen, denn es ist nicht normal für eine Frau, sich zu entschuldigen, aber bei einem Mann kann es durchaus notwendig sein. Selbstverständlich erfuhren wir auch alles, was zu tun ist, wenn man nicht rein ist, und wie man es dem Mann sagt. Wie es ist, ein Kind zur Welt zu bringen. Wie das Beisammensein mit dem Mann ist, wenn das Kind geboren ist. Wir Mädchen bekamen Antworten auf alle Fragen. Wie wir uns gegenüber unseren Nachbarn zu verhalten haben und zu wem wir gehen können, wenn unser Mann sich nicht anständig benimmt.
Meine Großmutter leitete die Zeremonie, sie hat alles beaufsichtigt. Dann hat uns noch eine Frau gezeigt, wie man einen Mann zu lieben hat, wie er auf verschiedene Weise zu berühren ist, damit der Mann glücklich wird und nicht zu anderen Frauen geht. Was mag er? Was muss man währenddessen und hinterher sagen? Wie macht man ihn glücklich, und was ist gut, damit man selbst glücklich wird? In meinem Stamm werden die Mädchen nicht beschnitten, die Bohne sitzt auch weiterhin so zwischen den Beinen, wie es sein soll. Diese Frau erklärte uns alles. Sie erzählte uns genau, was wir zu tun hätten, damit der Mann überzeugt ist, er sei ein großer und wunderbarer Mann.
Ich mache alles richtig, aber Faizal ist fast nie zu Hause.
»Ich habe geschäftlich zu tun«, erklärt er. »Wovon sollen wir sonst leben?«
Was soll ich sagen?
21.
Ich habe mit einer Nachbarin, die ein Telefon hat, vereinbart, dass sie eine Freundin meiner Tante aus der Kirche anruft, wenn die Geburt beginnt. Die Freundin ist ausgebildete Krankenschwester und wird mir mit der Tante zu Hilfe kommen. Sie haben mir bereits alles erklärt.
Das Fruchtwasser geht ab, und die Wehen werden schnell sehr heftig. Die Frauen kommen, bevor das Kind mich in ein mehrstündiges Schmerzensmeer presst und ich mich heiser schreie. Endlich lächeln sie, während ich stöhne.
»Das Köpfchen ist draußen«, sagt die Tante.
»Press noch einmal!«, fordert die Krankenschwester mich auf. Ich presse und schreie. Die Tante stößt einen langen, singenden Ton aus – so machen es die Frauen zu Hause im Dorf, wenn es eine große Freude zu verkünden gibt. Der Ton der Tante mischt sich mit einem neuen Schrei. Das Kind. Die Krankenschwester hält das Baby hoch – ein kleines Mädchen, sehr hübsch. Sie soll Halima heißen. Ich weine, so glücklich bin ich. Das Mädchen ist wunderbar hellbraun, und ihr Haar lockt sich in süßen schwarzen Spiralen. Faizal kommt herein.
»Sie is’ hübsch«, lallt er. Während der ganzen Wartezeit hat er vor der Tür getrunken. Vielleicht ist er enttäuscht, weil es eine Tochter ist. Aber er geht in die Stadt, um mit seinen Freunden zu trinken und die Geburt zu feiern.
Die Tante kommt mit ein paar kleinen Lederbeuteln von der Größe eines Daumennagels, die sie Halima an einer Schnur um den Hals hängt, damit ihr die
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