Revolution - Erzählungen
braun und trocken.
» Shikamoo «, sage ich zu den Frauen, die älter sind als ich – ich halte deine Füße.
» Marahaba «, antworten sie – das freut mich. Aber ich glaube nicht, dass sie erfreut sind. Meine Kleider sind fein, ich habe in der Stadt gewohnt; sie glauben nicht, dass ich ihre Füße halten würde. Sie haben Recht. Die älteren Frauen sind mager und gebeugt. Die kangas hängen an ihnen. Es dauert zwanzig Minuten, um zum Brunnen zu kommen. Ich komme an den Hufspuren von Kühen vorbei, die von Jungen zum Wassertrog und auf die Weide gebracht wurden. Ich werde von Kindern überholt, die zu spät zur Schule im Nachbardorf kommen werden. Sie tragen weiße Hemden und blaue Shorts oder Röcke. Sie müssen fünf Kilometer gehen und haben zum Frühstück bestimmt nichts anderes gegessen als ein paar Früchte. Ich kann das Meer riechen. Am Brunnen stehen bereits zwanzig Frauen in der Schlange. Andere Frauen waschen Kleider. Als mein Eimer gefüllt ist, schnüre ich ein altes kanga zu einem Kranz, den ich mir auf den Kopf lege. Eine Frau hilft mir, den vollen Eimer auf den Kopf zu setzen. So gehe ich heim. Jetzt ist es heiß. Schweiß läuft mir übers Gesicht, die kanga klebt an meiner Haut. Ich trage malapa , Sandalen. Bald werden meine Füße wieder rissig sein.
Als ich mit dem Wasser zurückkomme, sind mein Vater und meine Stiefmutter bereit, aufs Feld zu gehen. Die Kühe sind gemolken, und die kleinen Mädchen haben flüssigen Maisbrei und Tee mit Milch bekommen, die Erwachsenen essen erst am Abend.
Ich stelle den Eimer Wasser in die Küchenhütte und binde mir Halima auf den Rücken. Die Hacke trage ich auf dem Kopf, ein panga in der Hand. Ich gehe meinem Vater hinterher. Er ist ein guter Mann, der oft mit aufs Feld geht. Die meisten Frauen des Dorfes müssen die Feldarbeit allein erledigen, die Männer fühlen sich erhaben über die Sklaverei des Bodens. Wir kommen an. Die Regenzeit war nicht gut, die Maisernte wird schlecht ausfallen. Nur die Mandioka ist gut zurechtgekommen, wie immer. Der Boden ist bereits steinhart gebacken und muss aufgehackt werden, damit ein wenig Gemüse gepflanzt werden kann. Das Gemüse hat mit dem Wasser zu leben, das ein paar hundert Meter von einem Brunnen herangeschleppt werden muss. Vater baut Mais, Mandioka, Bohnen, Reis, Tomaten, Kürbis, Süßkartoffeln und Papaya an. Die Sonne brennt. Wir hacken die Erde. Meine Stiefmutter wirkt klein und verbraucht. Fünf Kinder hat sie zur Welt gebracht, nur zwei leben noch. Ich lege Halima unter ein niedriges Dach aus Palmblättern, das mein Vater an den größten Papaya-Baum gebunden hat. Hätte ich hier geheiratet, wäre dies mein Leben. Gegen Mittag bekomme ich Kopfschmerzen von der Sonne. Arme und Rücken tun weh, und der Boden brennt unter meinen nackten Füßen, die viel zu lange in Schuhen gesteckt haben. Ich werde müde. Ich bin harte physische Arbeit nicht gewohnt. Und das Essen, das ich hier bekomme, ist nicht so gut wie in der Stadt. Ich bin hungrig. Mir ist schwindlig, ich muss langsamer arbeiten. Doch dann unterbricht Vater glücklicherweise die Arbeit, und wir setzen uns in den Schatten, wo Halima schläft. Mein Vater schneidet mit dem panga eine Papaya ab und zerteilt sie. Wir essen das saftige Fruchtfleisch. Es hilft. Ich gebe Halima die Brust.
»Du solltest hierbleiben«, sagt Vater. »Wir werden schon einen guten Mann für dich finden.« Aber wenn man schlimm gewesen ist und ein Kind hat, dann bekommt man nur einen schlechten Mann mit schlechten Angewohnheiten, schlechter Familie und zu wenig Land. Das weiß ich.
»Nein, ich habe Arbeit in Moshi – ich will weiterkommen in meinem Leben.«
»Im Leben weiterkommen?«, fragt mein Vater. »Du bist dabei, dein Leben zu zerstören. Du glaubst, die Stadt ist feiner als das Land. Und du bist dir zu vornehm für gewöhnliche Menschen. Aber die Stadt ist nur ein einziges großes Durcheinander.«
»Ich kann wieder bei einer mama mtilie in Moshi arbeiten. Und wenn ich Englisch lerne, kann ich in einem feinen Lokal mit Touristen Kellnerin werden.«
»Das sind doch nur Träume, nicht die Wirklichkeit«, entgegnet Vater. Meine Stiefmutter mischt sich ein: »Entschuldige dich bei deinem Mann und bleib mit ihm zusammen.«
»Er schlägt mich. Er will mir kein Geld geben, damit ich mit Halima zum Arzt gehen kann.«
»So etwas passiert, wenn du den Mann nicht gut und respektvoll behandelst. Dann wird er wütend auf dich«, sagt die Stiefmutter.
»Aber ich habe ihn doch
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