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Revolution - Erzählungen

Revolution - Erzählungen

Titel: Revolution - Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbo
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Pistole auf mich gerichtet – eine Bewegung, um das Messer herauszuziehen, würde einen Pistolenschuss auslösen. Ich beiße die Zähne zusammen. Hamza steht hinter mir. Es ist so weit.
    »Nichts«, erklärt Hamza. Ich bücke mich und ziehe die Hose hoch.
    »Hamza«, sage ich. »Das werde ich dir nie vergessen.«
    »Drohst du mir etwa?«
    »Ich bin froh, dass mzee hier ist, so dass du deine dreckige Arbeit nicht so erledigen kannst, wie du es gern hast. Leider musst du dich mit dem Finger begnügen.«
    »Was willst du damit sagen?« Hamza tritt einen Schritt auf mich zu.
    »Alle wissen, was du mit den Schlangen treibst.«
    Hamza hebt die Hand, um mich zu schlagen.
    »Hamza!«, ruft mzee Akrabi. »Hör auf. Fang an zu arbeiten. Untersuch erst mal die Leichen.« Eeehhh – er glaubt, wir benutzen die toten Männer als Transportmittel, um unsere gestohlenen Steine an die Erdoberfläche zu bringen.
    Hamza geht zu den Leichen, untersucht ihre Taschen, die Schuhe, die Mundhöhle. Fillemons Leiche. Überall wird nachgesehen. Hamza zieht den Leichen die Hosen herunter, spreizt ihre Hintern, zieht an den Pumpen, damit er in den geheimen Raum hinter der Vorhaut gucken kann. Ich stehe bei mzee und schaue Hamza zu, der alle Tricks kennt. Aber seine Augen sehen nicht alles.
    » Msenge kabisa «, murmele ich – totaler Arschpuler. Mzee Akrabi und Shirazi grinsen.
    »Was ist?«, fragt Hamza.
    »Mach deine Arbeit!«, fordert mzee ihn auf.
    »Hier ist was.« Hamza hält ein kleines Päckchen hoch. Ein roher Stein, eingepackt in ein Stück Plastik, damit er unter der Vorhaut nicht am Pumpenkopf kratzt. Shirazi seufzt – er glaubt, es wäre sein Stein. Würde ich ihn erst in ein Stück Plastik verpacken, damit er die Haut an der Pumpe eines toten Mannes nicht zerkratzt?
    »Mehr gibt es nicht.« Hamza sieht uns wütend an. »Moses, du bringst die Leichen zum Schacht. Shirazi, du gehst hoch und lässt ein Seil herunter. Zieh sie damit hoch.«
    »Wir müssen die Leichen aber zu zweit tragen«, sage ich.
    »Ruf Fillemon.«
    »Fillemon liegt da.« Ich zeige auf ihn. »Du hast ihm gerade an den Arsch gefasst.«
    Hamza schlägt nach mir, aber mir gelingt es, nach hinten auszuweichen.
    »Stop!«, geht mzee Akrabi dazwischen. »Genug jetzt. Hamza, klettere rauf und lass das Seil herunter. Shirazi, du arbeitest mit Moses.«
    Hamza geht an mzee vorbei zum Schacht, mzee folgt ihm. Ich krieche mit Shirazi zu den Leichen.
    »War das unser Stein?«, flüstert er. Ich könnte Shirazi anlügen. Er würde glauben, unser Stein sei entdeckt worden. Dann könnte ich die Ernte für mich behalten. Aber will ich so sein?
    »Nein.«
    »Wo ist er?«
    »Warte.« Wir schleppen die erste Leiche durch den Stollen bis zum Schacht. Hamza lässt ein Seil herunter. Ich binde das Seil um den toten Oberkörper und rufe hinauf. Der Körper schwebt vor mir den Schacht hinauf, beim Hinaufziehen pendelt er hin und her und stößt an die Wände. Wir holen die nächste Leiche.
    »Was ist das?«, fragt Shirazi und bleibt stehen.
    »Was?« Ich horche. Ich höre ein Hämmern.
    »Das ist weit entfernt«, sagt Shirazi und kriecht weiter. Das Geräusch wird deutlicher.
    »Es ist eine Nachbarmine, dicht bei uns. Wahrscheinlich die, die gesprengt haben«, vermute ich. Shirazi dreht sich um, kriecht hastig an mir vorbei. »Was ist?«, rufe ich.
    »Das ist gefährlich. Wir müssen mit mzee reden.« Er verschwindet. Ängstlich. Ich krieche weiter. Die letzte Leiche ist Fillemon. Das Klopfen hält an, und ich höre ein Knirschen schräg über mir. Vor mir stürzt die gesamte Decke ein, ein Höllenlärm. Ich huste und ziehe mein Taschentuch vor den Mund. Durch den Staub sehe ich flackernde Taschenlampen vor mir aufleuchten.
    »Wahnsinn«, sagt ein Mann über mir.
    »Unsere Mine ist eingestürzt, als ihr gesprengt habt«, erkläre ich. In der Öffnung taucht ein Mann auf, er hält eine Pistole in der Hand und trägt einen festen Grubenhelm mit einer guten Lampe, die mir direkt ins Gesicht leuchtet.
    »Findest du viele Steine?«, will er wissen.
    »Nein. Diese Ader wird nicht reich.« Ich zeige auf Fillemon. »Ich bin nur Arbeiter. Hier unten, um Leichen zu ernten.«
    » Tsk «, schnalzt der Mann. »Verschwinde.« Ich ziehe Fillemon mit mir durch den Stollen. Er ist mein Huhn und kann Eier legen. Wirklich. Ich binde das Seil um ihn und folge ihm nach oben. Morgen werden wir heruntergeschickt, um die Schlacke zu beseitigen. Sie wird in Säcken hochgezogen, und die Säcke müssen geleert

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