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Revolution - Erzählungen

Revolution - Erzählungen

Titel: Revolution - Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbo
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wird, je mehr Fehler ein Stein hat. »Du kannst dreißig Prozent bekommen.«
    »Fünfzig«, sage ich. Er legt den Stein auf den Tisch und hebt die Hände hoch.
    »Vierzig und kein Prozent mehr.«
    Ich bin einverstanden. Shah nimmt den Stein, öffnet eine Schublade, zählt das Geld auf den Schreibtisch. Ich nehme es, während er aufsteht und zum Waschbecken geht.
    »Viel Vergnügen«, sagt er, als er den Hahn aufdreht, aber es kommt kein Wasser. Er ruft seiner Sekretärin zu: »Bring mir etwas Wasser!«
    »Es gibt kein Wasser, Mr. Shah«, antwortet sie. Ich bleibe an der Tür stehen.
    »Die Hände werden nie ganz sauber.«
    »Verschwinde!«, ruft Shah. Ich lache und verlasse das Büro. Das Geld ist Feuer in meiner Tasche. Jetzt werden wir uns etwas zu essen und zu trinken kaufen. Und Frauen. Wir haben das ewige Problem. Man muss auf die große Ader stoßen, um genügend Geld zu haben für das neue Leben. Ich kann ein paar kleine Steine stehlen, aber das reicht nur für ein paar Tage Vergnügen, dann muss ich zurück ins Loch, das mir nach dem Besuch am Licht noch düsterer vorkommt.
    »Komm, lass uns ein Bier trinken«, schlage ich vor.
    »Nein«, sagt Shirazi. »Gib mir meine Hälfte.« Ich gebe sie ihm. Er ist ein dummer Junge, weil er zu gutmütig ist. Er wird bis morgen in einem Guesthouse schlafen und dann den Bus nach Arusha nehmen, um das Geld über die Bank of Tanzania seinem Vater zu schicken.
    »Gute Reise«, wünsche ich und gehe in eine Bar. Gegrilltes Fleisch und kaltes Flaschenbier – eeehhh , das ist gut. Eine geschminkte Dame kommt auf mich zu, setzt sich an meinen Tisch, legt die Hand auf meinen Schenkel, an meine Pumpe. Sie ist alt.
    »Du brauchst Gesellschaft«, sagt sie.
    »Ja, aber nicht von dir.«
    » Tsk «, zischt sie, steht auf und geht. In Mererani Township gibt’s dreckige malaya , die nach vielen Jahren in Arusha verbraucht sind und sich jetzt auf den letzten Weg zur Hölle pumpen. Sie sehen genau, wie groß das Auto oder das Motorrad ist. Wie sieht die Kleidung aus? Wie dick ist die Brieftasche? Die Pumpe ist ihnen egal. Eine kleine ist am besten, weil sie längst genug haben. Und sie sind teuer. Alles ist teuer in Mererani.
    Kleine Jungs kommen in die Bar, um Erdnüsse, einzelne Zigaretten und hartgekochte Eier zu verkaufen – bald enden sie als Schlangen in Zaire. Sonst müssen ihre Mütter und Schwestern sich verkaufen, um Geld zu beschaffen. Ich sehe den beiden Männern am Pool-Tisch zu. Ein schmutziger Minenarbeiter in grauschwarzen Klamotten mit roten Augen und ein dicker Mann mit einer Goldkette um den Hals und einem vornehmen Anzug.
    »Diese malaya «, sagt er mit einer Armbewegung zur Bar hin, »sind doch alle nur Matratzen für die Minenarbeiter. In Arusha habe ich die vornehmsten Damen gepumpt. Jeden Abend eine andere.«
    » Eeehhh «, staunt der Minenarbeiter und lacht.
    »Ich habe ein schönes Haus, einen Land Cruiser und ein Motorrad gekauft und jeden Abend im Restaurant gegessen. Und danach bin ich mit einer neuen Frau in die Disco gegangen – manchmal mit dreien an einem Abend.«
    » Eeehhh «, sagt der Minenarbeiter erneut. Das wünscht er sich auch. Ich stehe auf und trete an den Billardtisch. Schaue mir das Spiel und den dicken Mann mit der Goldkette an. Er hat es ziemlich gut getroffen. So fährt man direkt ins Hotel in Arusha. Kauft sich Autos und Frauen. Feiert viele Monate ein großes Fest. Sämtliche Bedürfnisse versucht man wie im Rausch zu befriedigen. So wie ich jetzt in der Bar. Der große Rausch soll die Erinnerung an die Dunkelheit im Loch auslöschen. Aber die Dunkelheit dringt durch. Der Rausch kann niemals groß genug sein. Und sämtliches Geld verschwindet für den Rausch. Der Mann am Pool-Tisch ist in die Dunkelheit zurückgekehrt.
    »Wieso bist du nach Mererani zurückgekommen?«, frage ich ihn.
    »Früher war ich wie ihr«, antwortet der Mann lächelnd. »Jetzt habe ich meine eigene Mine gekauft. Jetzt könnt ihr für mich arbeiten.«
    » Tsk .« Ich drehe mich um und gehe an meinen Tisch. Für einen alten Minenarbeiter zu arbeiten ist die größte Quälerei. Er hat gelernt, dem Leben gegenüber gleichgültig zu sein.
    Eine junge Frau betritt die Bar. Auch sie arbeitet als malaya , ist aber unerfahren. Sie macht es nur, weil sie eine alleinstehende Mutter ist und ihr das Geld fürs Essen fehlt.
    »Komm, setz dich«, fordere ich sie auf.
    »Ja, danke.«
    »Möchtest du etwas essen?«
    »Ich bin nicht hier, um zu essen«, erwidert sie, obwohl sie

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