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Revolverherz: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Revolverherz: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Titel: Revolverherz: Ein Hamburg-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Buchholz
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stehen wir vor einem Fischkutter und essen Matjes und Brathering. Sechs Stunden und einen Kaugummi später küssen wir uns in den Dünen. Sieben Stunden später liegen wir da immer noch, und ich denke an nichts mehr außer an ihn und an mich. Neun Stunden später steigen wir in Sankt Pauli aus dem Volvo, halten uns an den Händen, und auch wenn das schon eine schöne Wärme erzeugt, ist uns nach mehr. Neun Stunden und fünfzehn Minuten später sitzen wir in einer Kneipe. Es ist halb acht an einem Sonntagabend.
    Die Kneipe hat nur zwei Gäste: uns. Die Frau hinter der Theke hat blutrotes Haar, das zu Affenschaukeln geflochten ist. Wir bestellen heiße Schokolade, passt gerade so gut zu unserer süßen Verfassung. Der Tresen ist groß und stabil und aus dunklem, altem Holz, da saßen schon Generationen von Menschen dran und haben sich festgehalten. Von der Decke baumeln plüschige Lampenschirme, die ein schummriges Licht machen. Es ist ein bisschen überheizt und riecht nach dem Rauch von gestern Abend. Durch die beschlagenen Fenster kann man sehen, wie es draußen kalt wird. Das ist alles sehr schön.
    »Prost«, sage ich und halte Klatsche meine Tasse hin.
    »Prost, Kakao«, sagt er und streicht mir über die Wange und lächelt und sieht wahnsinnig gut aus. Ich würde ihn gerne küssen, aber plötzlich traue ich mich schon wieder nicht. Und dann klingelt, hurra, mein Telefon. Ich rutsche vom Barhocker und gehe vor die Tür. Der Brückner klingt müde.
    »Wie sieht’s aus?«, frage ich.
    »Unser Mann wird unvorsichtig«, sagt er.
    »Heißt?«
    »Er ist mit seinem Auto durch den Sand gefahren. Wir haben Reifenspuren, die zur Toten hin und wieder von ihr wegführen«, sagt er. »Die Spuren gehören zu einem Geländewagen, zu einem großen, schweren Ding europäischer Bauart, Kaliber BMW oder Mercedes oder Porsche Cayenne.«
    »Genauer kann man das nicht sagen?«, frage ich.
    »Nein«, sagt er. »Aber es gibt jetzt ein paar arme Kollegen, die den Höllenjob haben, die Halter von allen noblen Geländewagen dieser Stadt zusammenzusuchen.«
    »Okay«, sage ich, »weiter?«
    »Die Pathologie sagt, diesmal hätte es einen Kampf gegeben. Die Tote hat jede Menge Hämatome, vor allem an den Oberarmen. Vermutlich hat er sich auf ihre Arme setzen müssen, um sie mit dem Kabelbinder zu erdrosseln. Und die DNA der Hautpartikel unter ihren Fingernägeln stimmt mit derjenigen der Haare überein, die wir an Henriette Auers Körper gefunden haben.«
    »Haben wir die DNA in der Datenbank?«
    »Fehlanzeige«, sagt er, »den kennen wir noch nicht.«
    »Warum hat er sich auf einen Kampf eingelassen?«, frage ich. »Ich dachte, unser Mann ist schüchtern.«
    »Könnte sein, dass das Barbiturat diesmal nicht so richtig gewirkt hat«, sagt er. »Frau Kirschtein sagt, wenn die Tote zum Beispiel tablettenabhängig war oder Epileptikerin, kann das gut sein. Um das rauszufinden, muss sie aber noch ein paar Tests machen.«
    »Und was sagt Herr Borger dazu?«, frage ich.
    »Er meint, es könnte auch durchaus sein, dass der Täter diesmal einfach ungeduldig geworden ist und nicht warten konnte, bis sie bewusstlos war. In jedem Fall war es diesmal eine handfeste Angelegenheit.«
    »Puh«, sage ich, »hört sich schlimm an.«
    »Ja«, sagt der Brückner, verknittert.
    »Was sagen die Ärzte zum Todeszeitpunkt?«
    »Wie immer, zwischen Mitternacht und vier Uhr morgens.«
    »Wissen wir schon, wer sie war?«, frage ich.
    »Ich war heute Abend direkt im Acapulco «, sagt er. »Sie hat da getanzt.«
    »Er wird wirklich unvorsichtig«, sage ich, »so langsam könnte er sich doch denken, dass das auffällt. Wie hieß die Frau, und wie alt war sie?«
    »Sie hieß Sandrine Janssen«, sagt er, »sie war siebenundzwanzig, hat seit fast sechs Jahren auf dem Kiez getanzt. Sie war so was wie die Grande Dame des Acapulco. Die Mädchen dort sind völlig von der Rolle und der Chef auch. Sie denken darüber nach, den Laden dichtzumachen.«
    »Wir müssen sie dazu kriegen, noch ein paar Tage weiterzumachen«, sage ich, »und wir beschatten den Laden ab sofort rund um die Uhr. Und abends, wenn da Betrieb ist, brauchen wir die Spezialisten. Schicken Sie zwei Männer hin?«
    »Läuft schon«, sagt er. »Die müssten gerade Stellung beziehen.«
    »Ist den Mädchen dort inzwischen endlich irgendjemand aufgefallen?«, frage ich. »Eine Art neuer Stammgast?«
    »Sie sagen, nein«, sagt der Brückner, »und das glaube ich ihnen auch. Die schlottern vor Angst und haben keine

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