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Revolverherz: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Revolverherz: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Titel: Revolverherz: Ein Hamburg-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Buchholz
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haben«, sagt er.
    Und dann lassen wir das Schloss Schloss sein, er zieht die Tür zu und mir den Bademantel aus, und in genau diesem Moment klingelt mein Telefon. Es ist der Calabretta, er ruft aus dem Präsidium an. Scheiße, denke ich, einmal, wenn man ein Privatleben hat.
    »Lass mal los«, sage ich und zerre an meinem Bademantel, »ich muss rangehen.«
    Er seufzt und lässt los, und ich gehe ran.
    »Chef«, sagt der Calabretta.
    »Was gibt’s?«, frage ich.
    »Ich hab mit Aachen telefoniert«, sagt er, »der Faller meinte, Sie hätten da so eine Vermutung.«
    »Ja«, sage ich, »und?«
    »Die hatten da einen merkwürdigen Fall vor einem guten halben Jahr«, sagt er. »Sie haben ein Mädchen aus einem Tourneeballett auf einer öffentlichen Toilette gefunden. Der hatte jemand die Haare rasiert, und sie ist auch gewürgt worden, aber der Täter hat wohl von ihr abgelassen, bevor es zu spät war. Und er hat sie mit Tabletten sediert, deshalb konnte sie sich leider an nichts mehr erinnern, auf jeden Fall hatte sie einen Blackout. Den Typen haben sie bis heute nicht.«
    »Was waren das für Tabletten?«, frage ich.
    »Jetzt kommt’s«, sagt er, »das war Phenobarbital.«
    Ich muss mich an der Wand festhalten, mir sacken die Beine weg. John. Es ist John. Der Junge.
    »John Zandvoort«, sage ich.
    »Wir haben ihn seit heute Nachmittag im Auge«, sagt der Calabretta. »Er macht keinen Schritt mehr ohne uns. Wenn er wieder zuschlägt, haben wir ihn. Und Herr Borger sagt, es könnte bald wieder so weit sein. Hoffen wir, dass wir aufs richtige Pferd setzen.«
    »Ja«, sage ich. Ich hoffe das auch.
    Und insgeheim hoffe ich, dass es nicht zu schlimm wird, für alle Beteiligten.

    Es ist kurz nach elf, als wir die Große Freiheit hochlaufen. Klatsche hält mich an der Hand. Von außen betrachtet, könnte man meinen, wir wären ein Paar beim Abendspaziergang.
    »Dann wollen wir mal Spesen machen«, sagt Klatsche und drückt die Tür zum Acapulco auf. Die beiden schweren Jungs an der Tür sehen uns pikiert hinterher. Paare trifft man hier eher selten.
    Der Laden sieht heute Abend ganz anders aus als an dem Nachmittag neulich. Als hätte er Ausgehmontur angelegt. Das Licht ist rosa und gelb und schmeichelnd, überall an der Decke drehen sich Diskokugeln, die mit dunklem Samt bezogenen Stühle sehen sehr gemütlich aus, und die Bar leuchtet in voller Breite.
    An einem Tisch vorne links sitzt der Pliquett in seinem blauen Anzug, auf mittlerer Höhe rechts hängt der Lechner auf einem Sessel. Außer den beiden sind ungefähr noch zehn andere Gäste da. Auf der Bühne liegt ein blondes Mädchen in roter Wäsche auf einem Drehteller und macht schwierige Spagatübungen. Aus den Lautsprechern dröhnt eine bizarre Version von Fever. Wir setzen uns an einen kleinen Tisch im hinteren Teil des Raums. Eine Frau, die obenrum nichts anhat, kommt auf uns zu. Untenrum trägt sie ein winziges weißes Schürzchen und offensichtlich kein Höschen.
    »Hier ist Verzehrpflicht. Was wollen Sie trinken?«
    »Zwei Wasser, bitte«, sagt Klatsche. Wir wissen beide, dass wir heute eventuell noch einen klaren Kopf brauchen könnten.
    Sie dreht ohne ein Wort wieder ab.
    »Schicke Dinger«, sage ich.
    »Falsche Dinger«, sagt Klatsche. »Je älter ich werde, desto hässlicher finde ich gemachte Brüste.«
    »Sprich du nicht vom Älterwerden«, sage ich, »sonst rufe ich den Faller an und lass dich verhaften.«
    Die Kellnerin ohne Klamotten kommt zurück. Sie hat unsere Getränke dabei. Langweiliger hat Wasser noch nie ausgesehen. Die Gläser sind klein, und die Brühe ist so abgestanden, dass da nicht mal eine Idee von Kohlensäure drin ist.
    »Das macht dann zweiundzwanzig Euro«, sagt sie.
    Klatsche sieht sie ungläubig an, und ich lege das Geld auf den Tisch. Das Wasser sieht so scheiße aus, dass wir es nicht anrühren.
    Ich sehe mich ein bisschen um. Die Männer im Acapulco könnten unterschiedlicher nicht sein. Vom Modell »schicker Industriedesigner« bis zum sabbernden Onkel ist alles dabei. Links von uns sitzt einer, der aussieht wie mein Gynäkologe, und ich erschrecke ein bisschen, aber Gott sei Dank ist er es dann doch nicht.
    »Schau mal«, sagt Klatsche, »neues Publikum.«
    Zwei Tische neben uns lässt sich eine Gruppe Asiaten nieder. Sie tragen alle die gleichen dunklen Anzüge und die gleichen hässlichen Brillen. Nur einer von ihnen hat keine Brille, dafür aber eine Glatze. Als die Bedienung an ihren Tisch kommt, ist die Freude groß. Sie

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