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Revolverherz: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Revolverherz: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Titel: Revolverherz: Ein Hamburg-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Buchholz
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bestellen sich jeder ein Bier und einen Schnaps und für alle zusammen eine Flasche Schampus. Ich will mir gar nicht vorstellen, was diese Jungs am Ende der Nacht auf der Uhr haben werden.
    »Hier geht’s ja zu wie im Taubenschlag«, sagt Klatsche und zeigt mit dem Kopf auf die Tür. Da kommt schon wieder einer. Ein schmaler junger Mann mit kurzen braunen Haaren, und ich muss mich zusammenreißen, um nicht aufzuschreien. Es ist John. Er ist hier. Zehn Sekunden später geht die Tür noch mal auf, zwei Männer mittleren Alters in dunklen Jacken betreten den Laden. Das müssen die Kollegen sein.
    Mein Gott. Es geht los.
    »Das ist er«, sage ich.
    »Das ist wer?«, fragt Klatsche.
    »Das ist der, wegen dem wir hier sind«, sage ich, und ich merke, wie mir kalter Schweiß den Rücken runterläuft.
    »Ach du Scheiße«, sagt Klatsche und greift unter dem Tisch nach meiner Hand.
    Ich beobachte John. Er geht am Lechner vorbei nach vorne und setzt sich in die erste Reihe. Links von ihm, am anderen Ende der Reihe, sitzt der Pliquett. Ich merke, dass der Lechner auf John reagiert, er behält ihn sofort im Auge. Meine Nackenmuskeln spannen sich, mir wird ein bisschen schwindelig. Die beiden Kollegen, die nach John durch die Tür gekommen sind, halten sich im Hintergrund. Sie haben sich an der Bar postiert, und sie haben Blicke mit dem Lechner und dem Pliquett ausgetauscht. Die vier Männer sind in Habt-achtstellung, das kann ich sehen.
    Ich nehme doch mal einen Schluck von meinem Wasser. Es schmeckt fürchterlich.
    John bestellt sich ein Getränk. Die Oben-ohne-Frau scheint ihn völlig kaltzulassen, er starrt auf die Bühne. Da findet ein Personalwechsel statt. Das blonde Mädchen springt von seinem Drehteller, und der verschwindet im Boden. Eine Rothaarige geht an die Stange. Sie hat schwarze Unterwäsche an und macht ihre Sache nicht schlecht, ein Bein ist irgendwie immer steil in die Luft gereckt, ihre langen Locken fliegen bei jeder ihrer Bewegungen um ihre Schultern, und Whitney Houston singt dazu Saving all my Love. Die Asiaten sind begeistert. Nach fünf Minuten ist sie wieder runter von der Bühne.
    John sitzt ganz ruhig auf seinem Stuhl. Er wirkt älter und härter als die beiden Male, die ich ihn gesehen habe, er wirkt nicht so schutzlos und verzweifelt. Ich mache mir fast in die Hosen vor Anspannung.

    Eine Viertelstunde später ist die rothaarige Tänzerin, die eben noch auf der Bühne war, abgeschminkt. Sie hat ihre Haare zu einem Zopf gebunden, sie hat Jeans und einen rosa Pulli an, den klassischen Look der Kiezarbeiterinnen. Sie geht an uns vorbei, plaudert noch ein paar Worte mit der Freiluftkellnerin und verlässt das Acapulco.
    Und dann: steht John auf und geht ihr hinterher. Der Lechner tauscht einen schnellen Blick mit dem Pliquett, dann mit den Kollegen an der Bar, und alle vier nicken sich kurz zu. Einen Moment noch wartet der Lechner, bis John durch die Tür ist, und dann steht er auf und macht sich mit schnellen Schritten auf den Weg nach draußen.
    »Okay«, sage ich zu Klatsche. »Geht los jetzt. Raus hier.«
    Wir verlassen fast gleichzeitig mit den Kollegen, die an der Bar rumstanden, das Acapulco. Der Lechner steht vor der Tür und sagt: »Frau Riley, schön, dass Sie da sind.«
    »Können wir mitkommen?«, frage ich.
    »Wenn Sie möchten«, sagt er, »und wenn Sie tun, was ich sage.«
    Ich nicke und stelle uns den beiden Kollegen vor.
    »Lotter«, sagt der eine, »n’Abend.«
    »Kurbjuweit.« Der andere. Profis.
    »Okay«, sagt der Lechner, »dann gehen wir mal in kleinen Grüppchen spazieren.«
    Die rothaarige Tänzerin geht die Freiheit hoch, John folgt ihr im Zweimeterabstand, der Lechner hält sich drei Meter dahinter, Klatsche und ich versuchen, unauffällig fünf Meter zu halten, in unserem Rücken läuft die Verstärkung Lotter und Kurbjuweit. Am Ende der Freiheit biegt unser Gänsemarsch links ab, es geht die Reeperbahn hoch, die Tänzerin immer schön vorneweg, John immer schön hinterher. Ich kann spüren, dass Klatsche ein bisschen nervös ist, und ich bin auch nicht gerade ruhig. Mir ist ziemlich schwindelig, ich halte mich an Klatsches Arm fest.
    »Bist du okay?«, fragt er.
    »Ja, ja«, sage ich. Nein, denke ich.
    An der Ecke zum Hamburger Berg hat John die Tänzerin eingeholt und spricht sie an. Der Lechner flaniert auf Abstand an den Schaufenstern der Sexshops entlang, wir bleiben stehen, der Lotter und der Kurbjuweit gehen langsam links an uns vorbei und schauen einer Gruppe

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