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Rhanmarú - Das tote Land (German Edition)

Rhanmarú - Das tote Land (German Edition)

Titel: Rhanmarú - Das tote Land (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Sons
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erwiderte den Blick mit Gleichmut.
    »Willst du mich reizen?«, fragte der Alte drohend.
    »Ich sag doch gar nichts«, antwortete er mit ruhiger Stimme.
    »Ich könnte dich zerquetschen.«
    Er senkte den Blick nicht. »Ich weiß.«
    »Sollten wir nicht lieber weiter reiten«, bat Damian, der ihn besorgt betrachtete.
    Der Junge sah den Drachen provozierend an und erhielt dafür einen Schlag ins
Gesicht. Er zuckte nicht einmal. Seine Wange war flammend rot. Seine bereits gestern
aufgeplatzte Lippe blutete wieder. Trotzdem sah er unverwandt den Alten an.
    »Wir sollten wirklich weiter«, forderte Damian in flehendem Ton. Er versuchte,
Eriks Blick auf sich zu ziehen. Was trieb der Junge bloß?
    »Soll ich mich an deinen Freund halten? Möchtest du das?«, fragte der Drache.
Seine Augen waren nur noch Schlitze, das Gesicht wutverzerrt.
    »Das könnt Ihr gar nicht!«, erwiderte Erik. »Das konntet Ihr nie. Es wird Euch
auch jetzt nicht gelingen. Er ist ein viel stärkerer Magier, als Ihr denkt. Er ist stärker
als Ihr. Und Erma und meine Freunde auch. Ihr habt Euch ausgerechnet das
schwächste Mitglied der Truppe ausgesucht. Ich kann ein Lagerfeuer entfachen,
meine Freunde einen Waldbrand und Aeneas einen Feuersturm. Mir könnt Ihr
Angst machen, meinem Ringlord nicht und darum auch den anderen nicht. Sie
werden kommen, uns befreien und Euch besiegen.«
    Der Alte war bei der kurzen Rede sichtbar wütender geworden. Das Gesicht
war hochrot. Erik blickte ihn gelassen an. Das ging ganz einfach, wenn man das
innere Zittern erst einmal unter Kontrolle gebracht hatte.
    »Dein Ringlord befindet sich im Stadium des Siechtums und ohne ihren Führer
werden deine Freunde wohl kaum etwas unternehmen«, erklärte der Drache.
»Halte dich an die Tatsachen!«
    »Tu ich ja. Im Gegensatz zu Euch kenne ich jedoch meine Kameraden. Erma
und Anna verfügen über große Heilkräfte. Aeneas geht es längst wieder gut. Aber
selbst wenn nicht: Meine Freunde waren schon oft auf sich allein gestellt. Ihr
werdet Euch wundern«, widersprach er und war stolz auf sich, weil seine Stimme
überhaupt nicht zitterte.
    »Das bringt jetzt wirklich nichts«, rief Damian aufgeregt. »Lasst uns aufbrechen!
Wir verlieren kostbare Zeit. Sie werden uns sonst noch einholen. Nicht, dass
ich etwas dagegen hätte, nur so ist es doch.«
    Der Drache legte seinen klauenartigen Zeigefinger an Eriks linke Wange und
zog eine dünne feurige Spur bis zum Kinn. »Clever, mein Kleiner! Clever und
mutig, aber dumm! Zeit schinden wolltest du? Versuch es noch einmal und ich
lasse deine Hand zu Asche zerfallen.«
    »Meine Hände benötige ich für meine Zauber«, erwiderte der achselzuckend.
»Ohne geht es gar nicht. Meine Füße brauche ich zum Gehen. Meinen Kopf für
meine Magie. Wenn Ihr mich noch benötigt, solltet Ihr weise wählen, welches
Körperteil Ihr abfackeln wollt.«
    Damian verdrehte die Augen. Dem Jungen war wirklich nicht mehr zu helfen.
Erik dachte an die Begegnung zwischen Aeneas und Karon. Er würde sich nicht
nur dadurch einschüchtern lassen, dass sein Feind viel stärker und mächtiger war.
Er spürte, dass seine Handflächen feucht waren. Auch am Rücken klebte sein
Hemd mittlerweile, doch er wich dem Blick des Alten immer noch nicht aus.
    »Ein unerschrockener Bursche bist du«, gab der Drache zu. »Wenn deine
Kameraden aus ähnlichem Holz sind, würden sie hervorragende Drachenreiter
abgeben. Welche Verschwendung, euch alle zu töten.«
    »Das müsst Ihr erst einmal können«, schnaubte er.
    »Ich fürchte, dazu werde ich gar nicht kommen, da meine kleinen Helfer schon
unterwegs sind«, erklärte der Alte mit einem Lächeln und wandte sich ab. »Weiter
geht’s!«
    Damian atmete hörbar auf. »Was reitet dich denn gerade?«, schimpfte er.
»Mach das bloß nicht noch einmal. Ich hätte fast einen Herzstillstand bekommen.
Vergiss nicht, dass wir im Moment schlechte Karten haben!«
    Erik lief es heiß und kalt den Rücken runter. Sein Magen krampfte sich
zusammen. Er fürchtete, sich übergeben zu müssen. Nun, wo die Gefahr vorbei
war, spürte er auch den Schmerz im Gesicht. Seine Hände zitterten und schlagartig
wurde ihm bewusst, was ihm jetzt fehlte: Ein dummer Spruch von Adrian, Holly,
die Trost suchend und spendend seine Hand ergriff, oder Aeneas‘ aufmunterndes
Lächeln. Er fühlte sich schrecklich allein.
     
     
    Es war um die Mittagszeit. Der Ritt war ereignislos verlaufen. Sie waren einem
breiten, fast

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