Rhavîn – Gesang der schwarzen Seele 2 (German Edition)
verhindern, dass er ihr entglitt.
„Auch wenn es falsch ist,“, seufzte Rhavîn zerknirscht, „ich liebe dich auch.“
Zwanzigstes Kapitel: Scherben der Macht
Auriel schmiegte sich eng an Rhavîn. Ihr Blick war dem Fluss zugewandt, doch ihre ganze Aufmerksamkeit galt dem Mann in ihren Armen. Hoffnung keimte in ihrem Herzen, ihre Angst, verlassen zu werden, versickerte langsam im Boden.
Verträumt krallte sie ihre Finger in Rhavîns Umhang, sog seinen Duft ein, spürte sein kitzelndes Haar in ihrem Gesicht.
Schlagartig begann der Fluss wild zu schäumen. Auriel schreckte zusammen. Wasser spritzte tosend in die Höhe und ergoss sich in zahllosen Wellen über die Ufer. Einige der kleineren Findlinge stoben polternd auseinander. Eine gewaltige Fontäne schoss in ihrer Mitte in die Höhe, untermalt von urgewaltigem Kreischen.
Rhavîn fuhr herum, Auriel flog aus der innigen Umarmung. Jammernd presste sich die Hexerin die Hände auf die Ohren. Sie hatte das Gefühl, ihr Gehör würde zerrissen. Schwankend drohte sie in die Knie zu gehen.
„Was ist das?“ Rhavîn schrie gegen das ohrenbetäubende Kreischen an. Instinktiv tastete er nach den vergifteten Bolzen in seiner Tasche.
„Bei den Göttern!“ Auriel öffnete den Mund zu einem stummen Schrei. Rhavîn drängte sie zurück, die Hexerin stolperte rückwärts zum Waldrand. Ihr Herzschlag setze für einen Moment aus, ihre Atmung stockte.
Etwas Großes drückte sich inmitten der spritzenden Fontäne in die Höhe. Ein dämonisches Fauchen verdrängte das Kreischen, kräuselte Auriels Nackenhaare.
Einen Atemzug später schoss ein riesenhaftes Wesen aus den Fluten hervor. Auf einem nicht enden wollenden Körper wuchs es fortwährend empor, bis weit zum Himmel hinaufreichte.
Auriel entfuhr ein Schrei des Entsetzens. Rhavîn fluchte, als er nach seiner Teydraga griff und feststellte, dass die Waffe am Feuer lag. Ohne die donnernde Kreatur aus den Augen zu lassen, lief der Dunkelelf zu seiner Armbrust.
Ein männlicher Kopf tauchte über den schäumenden Wassermassen auf. Aus seiner baren Kopfhaut ragten mehrere gewundene Hörner hervor, anstelle von Ohren besaß die Kreatur bläuliche, flossenartige Auswüchse. Der Kopf wurde von dem nachfolgenden, ebenfalls menschlichen Oberkörper in die Höhe gedrängt, dessen Haut im Gegensatz zum Kopf blaugrün schimmerte und über und über mit Schuppen bedeckt war. Auf dem Rücken seines mit Muskeln bepackten Oberkörpers trug das kreischende und fauchende Wesen einen breiten Kamm aus spitzen, schwarzen Schuppen, ebenso an seinen Unterarmen.
„Ein Dämon“, kreischte Auriel. Die Hexerin riss sowohl den Zauberstab als auch ihren Greif in die Höhe. Ihre Erstarrung zerbrach wie Glas, Auriel lief aus eigenem Antrieb zum Waldrand hinüber.
In dem Moment, in dem Rhavîn seine Teydraga vom Boden aufnahm und blitzschnell auf das unheimliche Wesen ausrichtete, schnellte die Kreatur erneut um einige Schritte in die Höhe. Der Oberkörper balancierte auf einem Leib, der einer Mischung aus einem Tausendfüßler und einem Raubfisch gleichkam. Tausende Beine stachen in zwei Richtungen von dem in verschiedene Ringe unterteilten Körper. Auch der schwarze, glänzende Panzer auf der Bauchseite sah aus wie der eines Insekts. Die grünblau glänzenden Schuppen, welche die Seiten und den Rücken der Bestie umhüllten, schienen von einem Fisch zu stammen.
Das Scheusal öffnete den Mund und stieß einen gellenden Schrei aus. Der durchdringende Ton war lauter als alles, was Auriel bis jetzt gehört hatte. Die Hexerin stimmte vor Pein in den Schrei mit ein, abermals presste sie die Hände auf die Ohren. Das Monster bäumte sie auf, weitere Wassermassen peitschten spritzend in die Höhe.
Mit den Fluten riss der Dämon das untere Ende seines Körpers aus den schäumenden Fluten und offenbarte einen mit Schuppen und einer Vielzahl an schimmernden Flossen bewehrten Fischschwanz von mehr als zehn Schritten Länge.
„Was sollen wir tun?“ Auriel schrie, um die Lautstärke der tosenden Wellen zu übertönen. Gleichzeitig bemerkte sie, dass der Dämon ein Bündel speerartiger Waffen in der rechten Hand hielt. Sobald sich die Wogen ein wenig geglättet hatten, löste er einen Speer aus dem Packen. Er ergriff ihn mit der linken Hand, um ihn sofort wurfbereit über seinem Kopf zu halten.
„Das ist ein Umi-Tisany, ein Flussdämon!“, schrie Rhavîn zurück.
„Ein ...“
„Flieh, Auriel!“
Im gleichen Moment löste der Sícyr´Glýnħ
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