Rhavîn – Gesang der schwarzen Seele 2 (German Edition)
...“
„Ich weiß, mein Freund!“ Der Dunkelelf schluchzte auf.
„Vertrau mir, Rhavîn“, hustete Nymion mit rasselnder Stimme. „In der Zeit, in der ich nicht bei euch weilte, habe ich einen von N’thaldurs Schergen ausfindig machen können. Ihn habe ich gefangen genommen und ihm all diese Informationen entlockt. Vertrau mir! Bitte, Rhavîn!“
„Ich vertraue dir, Nymion!“ Einzelne Tränen perlten von Rhavîns Gesicht auf Nymions Fell. Sie bahnten sich ihren Weg zum Boden. „Ich vertraue dir“, wiederholte Rhavîn flüsternd.
„N’thaldur wünscht sich nichts sehnlicher, als dich aufzuhalten. Er ist Lhagaîlan daé Yazyðors mächtigster Feind. Du musst dich ihm in den Weg stellen, es gibt keinen anderen Weg. Du bist deinem Fürsten zur Treue verpflichtet. Du hast geschworen, ihm auf ewig zu dienen, selbst wenn es dein Leben kostet.“
Rhavîn nickte. Wie ein Kind, zerbrochen und hilflos, kauerte er neben Nymion am Boden. Seine klammen Finger streichelten unentwegt durch das schwarze Fell seines Gefährten.
„Ich bin meinem hohen Mîratendyn Lhagaîlan daé Yazyðor treu ergeben“, wisperte er. „Ich bin ein Narr. Wie konnte ich nur die Sicherheit meines Fürsten aufs Spiel setzen?“ Rhavîn sah einen der Arinatu-Kéiy neben sich liegen. Er ergriff den Wurfstern, krallte die Finger um das kalte Metall. Einige Spitzen bohrten sich in sein Fleisch, doch reichte der Schmerz nicht, um Rhavîns Seelenleid zu betäuben. Schluchzend brüllte er: „Ich bin ihm treu ergeben!“
„Mit deinen Schwertern wirst du N’thaldur nicht töten können, Rhavîn. Doch muss dir eine List einfallen, um ihm zu entkommen.“ Nymion seufzte schwer. Zwischen seinen Rippen zog sich die Haut nach innen. Nymion spürte, wie seine Kräfte in der Erde versickerten. „Für den heutigen Abend wird er dir nichts anhaben können, denn während des Kampfes habe ich mein Horn mit einem Giftzauber belegt. Seine Wunden sind vergiftet. Und auch wenn er untot ist und kaum Blut besitzt, wird er die Auswirkungen des Giftes spüren. Mein Gift ist zu mächtig, als dass es ihm nichts anhaben könnte. Aber wenn er sich dereinst davon erholt hat, Rhavîn, dann wirst du nicht mehr vor seiner Rache sicher sein. Bereite dich vor und versuche deinen Auftrag so schnell als möglich zu erledigen. Dieser Auftrag ist von höchster Wichtigkeit, du darfst den Fürsten nicht enttäuschen.“ Nymion schloss matt die Augen und schnaubte nur noch seicht. „Anschließend kehre sofort nach Crâdègh nyr Vilothyl zurück. Ich bitte dich, dir darf nichts geschehen.“
„Nymion ... wie?“ Rhavîn spürte, wie seine Kehle immer enger wurde. Er bekam kaum noch Luft. Noch immer krallten sich seine Finger um den Wurfstern.
„Du kannst ihn töten, wenn du mein Horn abtrennst. Gebrauche es wie einen Dolch und stoße es in das Herz des Finstermagiers“, hauchte das Einhorn. „Nur so kannst du ihn ohne Hilfe besiegen. Nur so ...“
„Nymion, nein ...“ Rhavîn fand keine Worte für seine Pein. Er schluckte hörbar, verzog schmerzvoll das Gesicht. Seine Eingeweide krampften sich zusammen, Gänsehaut prickelte auf seinem Körper.
Der Dunkelelf weinte schrill. Wie von Wahnsinn ergriffen, stieß er laute Verwünschungen aus. Rhavîn gebärdete sich, als sei er kaum noch klaren Geistes. Immer wieder umarmte und küsste er das Einhorn neben sich. Er strich ihm behutsam über die Nüstern und flüsterte ihm in die Ohren, dass er nicht sterben dürfe. Dann wieder richtete er sich auf und brüllte seinen Kummer hemmungslos in die Nacht hinein. Sein Gesicht zeugte von der tiefen Verzweiflung in seinem Herzen und seine Tränen von dem Unglück, das seinen gesamten Körper mit Trauer erfüllte.
Dass N’thaldur die Szene mit demütigender Selbstgefälligkeit beobachtete, bemerkte der Dunkelelf nicht. Für Rhavîn stand die Zeit still und drehte sich zur gleichen Zeit schneller, als jemals zuvor.
„Rhavîn, ... ich verlasse dich jetzt“, bekräftigte Nymion plötzlich mit brüchiger Stimme die Befürchtungen des Dunkelelfen. „Berichte dem Fürsten, was ...“ Nymion verdrehte die Augen, seine Atmung setzte einen Moment lang aus.
„Nymion!“ In seiner Not und Panik rüttelte Rhavîn den Leib des Einhorns. Schließlich hob er Nymions Kopf in die Höhe und bettete ihn auf seinen Schoß. „Nymion, bitte ...“
Das Leuchten auf Nymions Horn erstarb, das Einhorn öffnete kraftlos die Augen.
„Berichte dem Fürsten, was vorhin geschah, Rhavîn. Es ist ...
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