Rhavîn – Gesang der schwarzen Seele 2 (German Edition)
weggeschleudert? Aus dem Wasser heraus, ungezielt und ohne von Magie gelenkt zu sein, konnten sie nicht zu mir zurückkehren. Und nun liegen sie irgendwo verstreut herum, obwohl sie mir gerade in diesem Augenblick so nützlich sein könnten.
Rhavîn stieß einen finsteren Fluch aus und konzentrierte sich auf die Bergung des Schwertes.
Erneut holte N’thaldur aus, sein schweres Schlachtbeil jagte vor. Schnell wie ein Habicht und geschickt wie eine Katze attackierte er von immer wechselnden Seiten, die eigene Deckung dabei nicht außer Acht lassend. Der Finstermagier erkannte, dass das Einhorn durch die Verletzungen, welche die magischen Ringe ihm beigebracht hatten, sehr geschwächt war. Gehässig genoss es N’thaldur zu sehen, wie Nymion immer kraftloser wurde.
Das Einhorn keuchte hörbar. Nymion strauchelte bei schnellen Schrittfolgen, bis er sich schließlich vermehrt auf die Abwehr als auf seine Angriffe konzentrieren musste, um nicht plötzlich von einem verheerenden Treffer verwundet zu werden. Nymions Attacken wurden schwächer und ungeschickter. Das Einhorn ahnte, dass ihn bald auch die letzten Kräfte verlassen würden. Doch er hatte geschworen, Rhavîn zu beschützen. Er begleitete den Meuchelmörder seitdem Rhavîn ein kleiner Junge gewesen war, er war sein einziger Freund. Das Band, das zwischen ihnen bestand, war sehr stark – stärker als alles, was Nymion kannte. Nymion war bereit, sein Leben für Rhavîn zu geben.
Aus Leibeskräften brüllte er seine Schwäche hinaus. Gleichzeitig sprang er wiehernd in die Höhe, um sich auf N’thaldur zu stürzen und ihn zu Fall zu bringen.
Doch genau in dem Augenblick, als Nymion mit kriegerisch blitzenden Augen über N’thaldurs Kopf schnellte, schwang der Finstermagier sein Schlachtbeil zu einem letzten, fürchterlichen Angriff.
Er traf Nymion mit voller Wucht und riss über die gesamte Länge seines Brustkorbes eine tiefe Wunde in das Fleisch des anmutigen Tieres. Ein schrilles Kreischen kündete von den Schmerzen und dem Entsetzen des Einhorns. Nur einen Augenblick später schlug Nymions Leib krachend am Boden auf. Wasser und Erde stoben in die Höhe, der Kopf des Einhorns fiel grotesk zur Seite.
Rhavîn fuhr entsetzt herum. Tränen schossen in seine Augen. Fassungslos erkannte er, dass sein innigster Vertrauter, sein geliebter Gefährte, regungslos am Boden lag. Eine nie gekannte Hitze breitete sich in seinem Körper aus. Rhavîns Herz schlug so laut, als wollte es zerreißen, dämonische Pranken drohten seine Lungen zu zerfetzen. Röchelnd rang er nach Luft. Der Sícyr´Glýnħ glaubte, sich nie wieder bewegen zu können. Sein Gehirn war wie eingefroren, eisige Finger drückten ihm die Luft ab. Grelle Blitze zuckten vor seinem inneren Auge, als wollten sie ihn in einem tosenden Strudel aus Licht verzehren. Etwas in seinem Inneren zerbrach, das Band, das sich seit ewigen Zeiten zwischen ihm und Nymion spannte, wurde zerfetzt.
„Nymion!“ Der Schrei, der sich aus seiner Kehle löste, zeugte von der ehrlichen Liebe, die Rhavîn dem Einhorn gegenüber empfand, und dem tiefsten Kummer, den je ein Dunkelelf erlebt hatte. Die Bäume erbebten unter dem Schmerz dieses Klagelauts, N’thaldur hielt kurz inne.
Ohne nachzudenken, griff Rhavîn in das Wasser hinein, riss sein Schwert in die Höhe und schleuderte es mit voller Kraft gegen N’thaldur. Gleichzeitig verzerrte sich sein Gesicht zu einem Ausdruck puren Herzeleids. Rhavîn brach unter einem erstickten Schrei in die Knie.
Sein Schwert aber jagte sirrend durch die Luft. Es traf N’thaldur ungebremst in die Brust. Der Finstermagier, der gerade noch sein Schlachtbeil geschwungen hatte, um Nymion endgültig zu töten, keuchte röchelnd. Rasselnd sog er die Luft ein.
„Was ...?“ Der Finstermagier rang gierig nach Luft. Er ließ sein Schlachtbeil hinterrücks fallen, klammerte beide Hände um die Schwertklinge.
In dem Moment, in dem er die gleißende Klinge schwer atmend aus seiner Brust zog, und Rhavîn wie betäubt vom Boden aufstand, kroch auch Auriel aus ihrem Versteck hervor. Der markerschütternde Schrei ihres Geliebten hallte ihr noch in den Ohren und der Schmerz, den sie durch sein Leiden erfahren hatte, trieb ihr Tränen in die Augen. Erschöpft blieb die Hexerin am Rande der überspülten Lichtung liegen. Sie trauerte nicht um Nymion, doch spürte sie völlig unerwartet Rhavîns tiefe Trauer in ihrem Herzen. Hemmungslos weinte sie um den besten Freund des Dunkelelfen.
„Ihr müsst
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