Rheines Gold
dass niemand ihn gefunden hat. In der Nähe von Waslicia scheinen die beiden Männer Regulus wieder erwischt zu haben. Goldwäscher haben sie beobachtet. Kurz vor der Stelle, wo die Wasserleitung Richtung Colonia abbiegt, stieg er, um sich vor ihnen zu verbergen, in einen Inspektionsschacht. Die Verfolger öffneten das Wehr. Den Rest kennst du.«
»Er war ein verdammt guter Mann.«
»Er war ein verdammt guter Freund.«
Sie schwiegen beide und gedachten des Mannes, der sein Leben eingesetzt hatte, um einer gerechten Sache zu dienen. Dann sagte der Hausherr schließlich: »Regulus’ früherer Besitzer, Antonius Sextus, gehörte zu dem Freundeskreis jenes Mannes, den du gefährlich nennst.«
»Ja, Regulus erzählte es mir unterwegs. Er gehörte zwar zu seinen Freunden, doch er hat ihn ruiniert. Antonius verlor seinen Besitz und musste seine Sklaven verkaufen. Einer von ihnen kam zu dir - Regulus. Ein anderer namens Acacius zu Lampronius Meles. Zwischen den beiden Männern herrschte schon zu der Zeit, als sie beide dem Antonius Sextus dienten, eine erbitterte Feindschaft.«
»Lampronius wird der vierte Mann gewesen sein, der verschwunden ist. Das ist seine Art, die Drecksarbeit durch seine Sklaven erledigen zu lassen. Wenn Acacius bei ihm war, wird er ihm von Regulus und dir erzählt haben. Lampronius hat seine Schlüsse daraus gezogen. Wer weiß, vielleicht hat Regulus auch eine unbedachte Äußerung gemacht und sich verraten. Ich habe leider nicht herausfinden können, um was es bei der Auseinandersetzung in Belgica ging.«
»So sind es denn Mord und Bestechung, die wir Lampronius Meles zur Last legen können.«
»Mehr noch, fürchte ich. Aber ich habe noch keine Beweise.«
»Wirst du sie finden?«
»Bald. Ich kann mich zwar in der Stadt nicht frei bewegen. Aber ich habe Freunde.«
»Brauchst du Geld?«
»Könnte nicht schaden. Manche Erinnerung wird frischer, wenn eine Münze klimpert.«
Ein Beutel wurde auf den Tisch gelegt, der Mann öffnete ihn und ließ die Silber- und Goldmünzen durch die Finger gleiten. Dann legte er drei davon auf den Tisch.
»Gefälschte Aurei.«
»Ich weiß. Aber das Gold ist rein, und das Gewicht stimmt. Wir dulden es. Geld ist knapp in den Provinzen.«
»Wer stellt sie her?«
»Wir fragen nicht so genau nach.«
»Ich verstehe.«
»Wann kommst du wieder?«
»Morgen oder übermorgen.«
»Ich bin morgen in der Castra Bonnensia.«
»Gut, dann übermorgen.«
»Wenn du etwas brauchst - hier ist der Schlüssel für die hintere Tür.«
»Danke. Wie geht es deinem Weib?«
»Sie wird es überstehen. Ein verstörtes Huhn braucht Zeit, bis es wieder gackert. Aurelia Rufina hingegen hat einen ungewöhnlichen Charakter bewiesen. Nicht nur bei der Entführung. Sie hat seit deinem Tod die Therme ganz alleine geführt. Und nach ein bisschen Hilfe meinerseits sogar recht erfolgreich. Dein Vater ist übrigens bei ihr.«
»Ob er ihr eine Hilfe ist...«
Maenius Claudus erlaubte sich eines seiner sehr seltenen Lächeln. Er kannte Crassus seit vielen Jahren aus den Erzählungen seines Freundes. Er kannte auch seine Einstellung zu seinem pflichtscheuen, leichtfertigen und antriebslosen Sohn.
»Wenn das hier geklärt ist, Claudus, werde ich nicht mehr für dich arbeiten.«
Wider Erwarten nickte der Statthalter zustimmend.
»Ich hatte es schon früher erwartet. Diesmal haben wir die Sache überzogen. Wir wollen in ein paar Monaten noch einmal darüber reden.«
Tiberius Fulcinius Maurus hob die Schultern.
»Wir werden sehen. Jetzt muss ich gehen. Es fängt bald an zu dämmern.«
Er zog den dunklen Umhang wieder um sich und schlüpfte durch die Tür in die Dunkelheit. Sie war nicht mehr vollkommen, die Sommernächte waren gefährlich kurz. Das erste Bleigrau kündete den baldigen Morgen an. Im Grunde hätte er es eilig haben müssen, in den Schutz der Wälder zurückzukehren. Doch dann, als er den Weg zum Westtor einschlug, ließ sich der Mann, der gewöhnlich alle Risiken zu meiden gewohnt war, zu einer vollkommen unvernünftigen Tat hinreißen. Er wandte seine Schritte zur Therme, eilte vom Hauptportal zur südlichen Ecke, fand den Eingang zum Wohnhaus und öffnete ihn leise, sehr leise. Die Treppenstufen, die nach oben in die Schlafgemächer führten, waren kaum zu erkennen, aber er kannte sich aus, und als er mit sachter Hand die
Tür des einen Zimmers aufstieß, konnte er im ersten Dämmerlicht des Morgens das Bett erkennen.
Sie schlief, die kurzen, roten Locken kringelten sich
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