Rheines Gold
Maurus hin. Rufina, die neben ihm stand, fühlte sich verlegen und senkte den Blick.
»Fulcinius Maurus?«
»Ja, Baumeister Silvian.«
Zu Rufina gewandt, meinte er: »So hast du ihn nun wiedergefunden.«
In seinen Augen standen Trauer und Schmerz, und sie hatte Mühe, seinem Blick standzuhalten.
»Ja. Verzeih mir Silvian. Ich habe es nicht gewusst.«
Maurus aber sah von einem zum anderen und tiefes Verstehen zeichnete sich in seinen Zügen ab. Er legte dem Baumeister die Hand auf die Schulter und sagte: »Wir reden später drüber. Lass uns nun die Kanäle betrachten.«
Silvian straffte die Schultern und nickte.
»Was wollt ihr wissen?«
Maurus erklärte ihm noch einmal das wundersame Verschwinden der Strauchdiebe und Rufinas Vermutung. Silvian warf einen erstaunten Blick zu ihr hin.
»Ja, sie ist eine kluge Frau, Baumeister!«, meinte Halvor. »Ist es machbar?«
Silvian nickte.
»Wir haben schon einen Blick darauf geworfen. Der nördlichste Kanal ist nur eine enge Röhre, kaum einen Fuß breit. Man kann sie weder begehen noch größere Gegenstände darin unterbringen. Der mittlere Kanal ist noch kleiner und kommt überhaupt nicht in Frage. Die dritte Leitung aber ist beinahe anderthalb Fuß breit und über zwei Fuß hoch. Ein schlanker Mann kann hindurchkriechen. Wir sind den Verlauf abgegangen. In etwa einer halben Meile von hier befindet sich ein Einstiegsschacht, der zu Inspektionszwecken genutzt wurde.«
»Also konnten die Diebe darin ungesehen verschwinden und weiter oben aus dem Kanal aussteigen.«
»Ohne Zweifel. Und wenn der letzte die Säcke hinter sich hergezogen hat, haben sie sie dort auch herausgeholt. Oder aber sie liegen noch im Kanal. Es wäre ein gutes Versteck.«
»Ihr habt noch nicht hineingeschaut?«
»Wir haben unsere Reparaturarbeiten an der Hochleitung durchgeführt. Sollte uns jemand beobachtet haben, hat er keinen Verdacht geschöpft. Das allerdings mag jetzt anders aussehen, nachdem ihr angekommen seid.«
»Wir werden den Kanal untersuchen. Wo ist der Eintritt dazu? In dem Absetzbecken?«
»Vielleicht, ich glaube aber eher, sie sind dort hinten, wo die Haselbüsche stehen, hineingeschlüpft. Dort haben sie oder irgendwelche anderen einen Teil des Gewölbes entfernt, sodass die Rinne offen liegt.«
Sie gingen gemeinsam zu der Stelle, und Maurus nickte.
»Ja, hier habe ich ihre Spur verloren. Aber in der Dunkelheit ist mir diese Stelle nicht aufgefallen. Sie ist durch die Büsche gut getarnt.«
Er betrachtete den dunklen Eingang kritisch.
»Wir werden eine Lampe benötigen. Daran habe ich nicht gedacht.«
»Aber ich.«
»Gut, ich werde hineinkriechen und sehen, was sich findet.«
Abschätzend musterte ihn Silvian.
»Du hast breite Schultern, Maurus. Es geht zwar, aber du würdest dir eine Menge Schrammen holen. Ein kleinerer Mann hätte es leichter.«
»Da du sowieso schon etliche Schrammen und Prellungen abbekommen hast, Maurus, würde ich vorschlagen, ich übernehme diese Arbeit! Ich bin nun mal die Kleinste hier, und endlich ist das mal ein Vorteil!«
»Nein, Rufina!«
»Auf gar keinen Fall, Rufina!«
Maurus und Silvian schüttelten beide den Kopf.
»Aber warum denn nicht? Es wird wohl im Moment niemand darin auf mich lauern. Und wenn, hat er nicht viel Bewegungsfreiheit.«
»Sie ist nicht nur eine kluge, sondern auch eine mutige Frau!«, sagte Halvor. »Sie hat Recht.«
»Ich will nicht, dass du dich in Gefahr begibst!«, sagte Maurus hart, und Rufina sah ihn herausfordernd an.
»Ich möchte auch nicht, dass du dich in Gefahr begibst. Aber habe ich es dir je verboten?«
»Das ist etwas ganz anderes.«
»Ach ja?«
»Das ist keine Arbeit für eine Frau!«, mischte sich jetzt auch Silvian ein. »Es ist finster und schmutzig da drin.«
»Und Frauen haben Angst vor Dunkelheit und Schmutz, meinst du?«
Oda fing an zu lachen.
»Wenn ich so klein wäre wie Rufina, würde ich die Aufgabe gerne übernehmen. Wenn es darum geht, Männern ihre schmutzige Wäsche zu waschen, dann haben sie nie solche Bedenken.«
»Wie wahr!«, fauchte Rufina. »Also, gebt ihr mir jetzt eine Lampe, wir haben lange genug Zeit verschwendet.«
»Lasst sie machen!«, sagte auch Burrus. »Aber, Patrona, nimm ein langes Seil mit. Ich sehe, deine Männer haben so etwas, Baumeister. Dann können wir sie notfalls rausziehen.«
Widerwillig half Maurus ihr, das Seil um ihre Taille zu knoten, und Silvian reichte ihr eine brennende Öllampe.
»Sei vorsichtig, Füchschen, das ist ein
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