Rheines Gold
Tür zum Holzlager - war sie abgeschlossen? Keiner von ihnen hatte an diesem Abend die Runde durch die Therme gemacht.
Beunruhigt tastete Rufina nach ihren Sachen, zog sich die kurze Tunika über, nahm ihren Schlüsselbund und schlich sich barfuß zur Küche hinunter. Dort, an der Herdglut, entzündete sie den Docht ihres Lämpchens wieder und huschte aus der Hintertür auf das Peristyl, das sich um den Innenhof zog. Es war ruhig geworden in den Straßen, und sie vermutete, die Mitte der Nacht müsse schon vorüber sein. Durch die verglaste Tür, die zum Eingangsbereich führte, trat sie in die Therme ein und begann ihren Rundgang. Dabei entzündete sie im Vorübergehen ein paar Lichter, um nicht nur auf die Handlampe angewiesen zu sein. Viel Helligkeit spendeten die kleinen Tonlampen jedoch nicht. Sie kontrollierte durch Berühren, ob die Riegel der Fenster vorgeschoben waren, das Eingangstor selbst fand sie verschlossen und auch die Türen, die zu den Ständen der Händler führten. Dann durchquerte sie das Caldarium. Der Boden war abgekühlt, die Becken waren leer gelaufen. Doch es gab noch die eine oder andere feuchte Lache, und einmal wäre sie fast auf den glatten Marmorplatten ausgerutscht. Es roch nach Holzfeuer und leicht nach Salböl, auch nach etwas verschüttetem Wein, und der strenge Geruch von Knoblauch und Zwiebeln entströmte einer angebissenen Pastete, die sorglos in eine Ecke geworfen worden war. Es war alles still, das Gurgeln des Wassers, das tagsüber ständig zu hören war, war verstummt, nur die Holzbalken, die Dach und Decke trugen, knackten leise.
Ein Luftzug ließ sie plötzlich im Schritt innehalten. Irgendwo hatte sich eine Tür geöffnet. Wie erstarrt lauschte sie. War da nicht das Geräusch von Sandalen zu hören?
Das Flämmchen flackerte in einem weiteren Luftzug auf.
Instinktiv hielt sie die Hand vor die unruhige Flamme. Dann drehte sie sich um und versuchte, das Dunkel der Halle zu durchdringen.
Eine Hand legte sich über ihren Mund, die andere presste sich fest um ihre Taille. Ihr Rücken wurde an einen warmen Körper gedrückt. Die Lampe fiel ihr aus der Hand und rollte in das leere Becken, wo sie mit einem Klappern verlosch.
Rufina versuchte verzweifelt, sich aus der Umklammerung zu lösen, aber der Griff war unbarmherzig fest. Noch nicht einmal in die Finger beißen konnte sie ihrem Widersacher.
»Mach nur weiter, Schätzchen, das fühlt sich anregend an!«, sagte eine Stimme hinter ihr. »Wir können das gerne fortsetzen. Mich gelüstet schon seit einiger Zeit danach, deinen süßen Leib zu kosten.«
Sie erkannte die Stimme, und wie eine Stichflamme loderte die Angst in ihr auf.
Lampronius Meles!
Sich zu wehren erschöpft in solchem Fall nur die Kräfte, fiel ihr ein, und sie machte sich schlaff in seinen Armen. Vielleicht konnte sie ihm eine Ohnmacht vorspielen.
»Aber, aber! So zart besaitet?«
Sie ließ ihre Knie unter sich zusammenknicken und rutschte damit ein Stückchen nach unten. Er ließ sich täuschen und nahm die Hand von ihrem Mund. Dafür betastete er ihre Brüste. Leider war auch die kurze Tunika hochgerutscht, und sie merkte mit steigendem Unbehagen, wie er darunter griff. Es kostete sie eine geradezu unmenschliche Anstrengung, sich nicht zu regen. Angestrengt überlegte sie eine Fluchtmöglichkeit. Meles schnaufte. Er würde die Gelegenheit nicht verstreichen lassen, sie zu vergewaltigen. Inzwischen hatte er sie auf den Boden gelegt und machte Anstalten, sich zwischen ihre Beine zu knien.
Unter halb geschlossenen Lidern beobachtete sie seine Bewegungen. Nur wenig Licht spendete die kleine Lampe am Fenster, sie erahnte mehr, als sie sah. Doch das galt auch für ihn. Als er sich vorbeugte, zog sie das rechte Bein an und stieß es mit einer blitzartigen Bewegung vor.
Das Keuchen verriet ihr, dass sie ihn zumindest schmerzhaft getroffen hatte. Schneller als sie es von sich selbst geglaubt hatte, kam sie wieder auf die Beine. »Zu Burrus!«, war ihr erster Gedanke. Doch als sie zur Tür lief, die in die Palaestra führte, rutschte sie noch einmal fast aus, und dann erkannte sie Meles’ Silhouette vor dem Fenster. Sie drehte sich um und rannte zum Ruheraum, um über das Holzlager nach draußen zu kommen. Er folgte ihr dicht.
»Nur nicht in eine Nische!«, warnte sie eine innere Stimme. »Auf die Straße und um Hilfe schreien!«
Aber wieder schnitt er ihr den Weg ab.
Sie lief um das Kaltwasserbecken und hörte, wie er sich den Fuß an der Umrandung
Weitere Kostenlose Bücher