Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Rheines Gold

Titel: Rheines Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
Vom Netzwerk:
zwei abgerissene Gestalten, denen man den unerquicklichen Aufenthalt im Kerker ansah. Auch die Spuren ihrer nicht ganz gewaltlosen Ergreifung prägten ihren Auftritt. Sie waren in Ketten und wurden roh von den Legionären auf die Knie gestoßen, als sie vor Rufina und den Männern angekommen waren.
    »Canio, ein römischer Deserteur, und Argan, ein von seinem Clan ausgestoßener Gallier. Halvor und Maurus haben sie gestern in den Wäldern hinter der Wasserleitung aufgestöbert und überwältigt.«
    Die Aussage der beiden kam nicht besonders flüssig. Sie waren verstockt und im Grunde auch ziemlich dumm. Aber schließlich war allen Beteiligten klar, in welcher Beziehung sie zu Lampronius Meles standen. Vor sechs Jahren nämlich hatten sie zusammen mit vier weiteren Männern ähnlicher Vergangenheit einen Reisewagen überfallen, von dem sie sich reiche Beute versprachen. Doch der Überfall schlug fehl, denn der Insasse des Gefährtes brachte mit einem schnellen Dolchstoß den Anführer um. Er nahm allerdings nicht die Verfolgung der Bande auf, statt dessen fassten seine beiden Sklaven sich zwei der Mitglieder, und er fragte sie über ihr Tun aus. Bislang hatte die weitgehend unorganisierte Gruppe gelegentlich dilettantische Raubzüge unternommen, die ihnen gerade eben das Überleben fern von den Dörfern ermöglichte. Doch unter der Leitung des zwar nicht wohlhabenden, doch durchaus ideenreichen Römers, dem daran lag, bevor er in der Colonia Fuß fasste, schnell zu einem angemessenen Lebensstandard zurückzukehren, wurden die Überfälle professioneller und ertragreicher. Vor allem, als er auf die Spur der einheimischen Goldwäscher stieß, die ihre Ausbeute sorglich vor den staatlichen Tributeintreibern zu verbergen wussten. Sie vermieden also künftig zumeist die viel befahrenen Straßen und plünderten statt dessen die Bewohner der Dörfer und Ansiedlungen aus, wobei sie es geschickt verstanden, deren Angst vor Entdeckung ihres illegalen Tuns auszunutzen. Ihr neuer Anführer war es auch, der einen Goldschmied fand, dem er die Kunst der Münzherstellung vermittelte. Er war es schließlich, der den praktischen Nutzen der stillgelegten Kanäle erkannte.
    Diesmal wurde Rufinas Meinung nicht gefragt. Die Diebe waren so vieler Verbrechen schuldig, dass der Tod ihnen gewiss war. Als sie fortgebracht worden waren, schüttelte Maenius Claudus betrübt den Kopf.
    »Ich bedauere es sehr, Maurus, damals nicht auf deinen Rat gehört zu haben. Wir hätten schon vor Jahren die Bande zerschlagen müssen. Nun ja, wir machen alle Fehler.«
    »Die Zusammenhänge waren uns damals nicht klar, Claudus. Und deine Politik, sich so wenig wie möglich in das Leben der Einheimischen einzumischen, hat sich bisher immer bewährt.«
    »Gut. Nun werden wir uns dem Angeklagten zuwenden müssen.«
    Lampronius Meles war in Fesseln gelegt und wurde von vier bewaffneten Legionären begleitet. Von dem eleganten, wohlgepflegten Lebemann war keine Spur mehr zu erkennen. Er war schmutzig, sein Haar blutverkrustet, die Wangen unrasiert, die Kleider zerrissen. Doch er hielt sich noch immer aufrecht. Ohne eine Reaktion zu zeigen, hörte er sich die Anschuldigungen an, die Maenius Claudus in sachlicher Form und kühler Präzision vorbrachte. Er nahm auch unbewegt zur Kenntnis, dass ihm in wenigen Tagen der Prozess gemacht werden würde. Erst als er aufgefordert wurde, Stellung zu nehmen, hob er die Augen, blickte in die Runde, drehte sich zu Rufina hin, und mit einem hasserfüllten Blick spuckte er ihr mitten ins Gesicht.
    Bevor die Legionäre Lampronius zurückreißen konnten, war Maurus schon aufgesprungen und hatte ihm mit einer derartigen Gewalt die Faust auf das Kinn geschlagen, dass er hinterrücks zu Boden stürzte und bewusstlos liegen blieb. Sofort danach kniete Maurus neben Rufina nieder und sagte: »Wasser!«
    Eiligst reichte man ihm das Wasserbecken, und eigenhändig wischte er ihr den Speichel von den Wangen.
    »Füchschen, das hätte nicht passieren dürfen.«
    »Schon gut, Maurus.« Sie nahm ihm den Lappen aus der Hand und trocknete sich das Gesicht ab. »Auch das ist nur Schmutz.«
    »Aber ein besonders widerlicher!«
    Maurus erhob sich und zerrte an seiner Toga. Von dem eleganten Faltenwurf war nichts mehr übrig geblieben, sie hing wie ein zerdrücktes Betttuch um ihn herum. Aber niemand schien es zu bemerken.
    Ein Diener schenkte Rufina unvermischten, süßen Rotwein ein, und sie trank ihn dankbar in kleinen Schlucken. Die Legionäre

Weitere Kostenlose Bücher