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Rheines Gold

Titel: Rheines Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Bronzeschale.
    Sie setzten sich nieder, und Rufinas brodelnde Wut, von der Stille des Zimmers und Fulcinias ruhevollem Wesen besänftigt, verflog nach und nach.
    »Wenn es Menschen waren, die Maurus umgebracht haben, dann war es Mord, Fulcinia. Und Mord muss gesühnt werden.«
    »Du hast keinerlei Anhaltspunkte. Du weißt weder, wie er zu Tode kam, noch wo oder wann genau. Und du weißt nicht warum.«
    »Weil er ein gefährlicher Mann war und kampferprobt. Das lässt zumindest einige Schlüsse zu. Ich habe irgendwie den Eindruck, du kennst Maurus besser als ich.«
    »Nein, das tue ich nicht.«
    »Fulcinia, mir gegenüber hat er nie den Eindruck erweckt, es könne von ihm irgendeine Art von Gefahr ausgehen.«
    »Vermutlich beurteile ich Männer anders als du. Du weißt, wie verkehrt ich ihn anfangs eingeschätzt habe. Wahrscheinlich sind Männer eben so, und ich bewerte ein ganz normales Verhalten ganz falsch. Das solltest du dabei bedenken.«
    »Fulcinia, du kannst dich nicht immer auf deine jungfräuliche Unschuld berufen. Ich habe dich im Verdacht, über eine tiefgründige Menschenkenntnis zu verfügen.«
    »Du verfügst auch darüber, Rufina!« Fulcinia lächelte sie plötzlich an. »Aber wenn ich richtig urteile, dann ist Maurus ein Mann mit vielen Facetten gewesen. Ein Diplomat ist auch immer ein Schauspieler.«
    »Ich wünschte, ich hätte mir mehr Mühe gegeben, ihn richtig kennen zu lernen.«
    »Wie hast du ihn überhaupt kennen gelernt, Rufina?«
    Rufina seufzte tief auf. Es gab da vieles, worüber sie nicht sprechen mochte. Vor allem Fulcinia gegenüber nicht, von der sie vermutete, diese Dinge könnten sie unangenehm berühren.
    »Aurelia Rufina?«
    Fulcinia war aufgestanden, legte sich die Palla um und zog sie sich über den Kopf. Mit raschen, geübten Bewegungen entzündete sie das Feuer in der Bronzeschale. Die Flamme loderte auf, und aus harzigen Holzspänen schlängelte sich weißer Rauch. Mit weit ausgebreiteten Armen stand Fulcinia hinter dem Feuerbecken. Beleuchtet durch ein flackerndes Licht schien sie plötzlich eine andere zu werden. Verschwunden war die sanfte, scheue Frau, und eine Aura von Macht umgab sie, die so bezwingend war, dass Rufina den Blick nicht von ihr wenden konnte. Erst einmal, im Februar, zu Maurus’ Begräbnis, hatte sie diese Verwandlung erlebt, und sie erschütterte sie auch jetzt zutiefst. Doch damals, als Fulcinia die Rolle der Priesterin übernommen hatte, war es im Kreise einer großen Gemeinschaft gewesen. Nun aber war sie alleine mit jener, die dreißig Jahre lang der Herrin der Flammen gedient hatte. Die Ausstrahlung, die von ihr ausging, machte Rufina willenlos. Die Stimme, mit der Fulcinia sprach, stand in keinem Zusammenhang mit der leisen Redeweise, die sie ansonsten an den Tag legte. Sie war nichts anderes mehr als gebieterisch.
    »Wenn du den Mörder deines Mannes finden willst, werde ich dir beistehen. Aber du musst dich eurer Vergangenheit stellen. Du musst hinter die Masken schauen. Aber das kann wehtun, Rufina.«
    »Ja, Domina!«
    Rufina klang nun leise und scheu, und ihre Hände zitterten. Sie senkte den Kopf und suchte nach Worten. Dann hob sie den Blick wieder zu der Gestalt im Halbdunkel, die nur von den flackernden Flammen beleuchtet war.
    »Ich will es versuchen, Domina.« Eine Weile schwieg Rufina noch, um die Worte für den Anfang zu finden. Dann berichtete sie: »Unsere Ehe war zwischen meinem Vater und Crassus vereinbart worden. Sie waren Geschäftspartner, Vater baute Olivenbäume an, Crassus nahm ihm die Ernte ab. Ich war vierzehn, als Vater mir sagte, ich solle Maurus heiraten. Damals kannte ich ihn nicht, und auch Vater hatte ihn nie zu Gesicht bekommen. Aber er war im rechten Alter, zehn Jahre älter als ich und dazu ausersehen, das Geschäft seines Vaters zu übernehmen. Doch die Hochzeit musste verschoben werden, Maurus war auf einer langen Auslandsreise, und seine Rückkehr verzögerte sich. So hatte ich denn meinen sechzehnten Geburtstag bereits hinter mir, als es endlich zur Eheschließung kam. Ich hatte ein wenig Angst davor, Domina. Denn ich träumte, wie jedes Mädchen, von einer großen Liebe. Was, wenn er mir nun nicht gefiele? Oder wenn er mich abstoßend fände? Etwas zögernd nur legte ich den roten Schleier schließlich an, und durch ihn sah ich Maurus zum ersten Mal, als wir vor dem Flamen standen und den Opferkuchen darbrachten. Ich war von seinem Anblick nur überrascht, meine Eltern hingegen waren sprachlos vor Wut. Die

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