Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rheingau-Roulette

Rheingau-Roulette

Titel: Rheingau-Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sia Wolf
Vom Netzwerk:
ihrem Auftritt auf Andreas Party und vor allem nach der Szene in seinem Schlafzimmer. Der Zorn über seine verschwiegene berufliche Verbindung zu ihr hatte sich gelegt. Und wenn er auf eine strikte Trennung beruflicher und privater Dinge bestand, dann wäre es besser, sie würde sich von ihm fernhalten. Auch physisch. Vor allem physisch.
    Sie hielt sich krampfhaft an der kleinen Mauer fest. Der Schmerz saß festgebissen in ihrem Rücken wie eine Zecke und wollte nicht lockerlassen. Sie biss die Zähne zusammen um den Schmerz zu unterdrücken und spürte, wie ihr die Schweißtropfen auf die Stirn traten. Sie merkte erst, als er hinter ihr stand und sie sanft berührte, dass er ihr ‚Nein’ geflissentlich überhört hatte. Schweigsam ließ er seine Hände über ihren Rücken gleiten und suchte vorsichtig nach der Stelle des größten Schmerzes. Alexandra zuckte zusammen, als er sie gefunden hatte.
    „Hier?“
    Sie nickte. In kleinen kreisenden Bewegungen arbeitete er sich durch ihre verspannte Rückenmuskulatur und Alexandra spürte die Wärme, die seine Hände ausstrahlten. Ihr Vorsatz, keine körperliche Nähe zu ihm zuzulassen, wurde von seinen Händen einfach zunichtegemacht. Sie konnte und sie wollte diese wohltuende Massage nicht abbrechen, auch wenn sie sich damit in eine möglicherweise für sie unbeherrschbare Situation begab. Er sagte nichts und auch sie mochte nicht sprechen. Sie schloss die Augen. Langsam löste sich die Verspannung und das Gefühl nachlassender Schmerzen im Rücken tat unendlich gut.
    „Dreh dich um!“
    „Was?“
    „Dreh dich um und leg deine Stirn auf meine Schulter!“
    Verwirrt drehte sich Alexandra um und legte ihre Stirn an seine Schulter. Seine Hände arbeiteten ihre Nackenmuskulatur durch. Alexandra konnte ihr wohliges Stöhnen nicht unterdrücken.
    „Hm, ich könnte grunzen wie ein Schwein, so gut tut das!“
    Hannes lachte erheitert auf.
    „Tu dir keinen Zwang an. Schließlich sind wir im alten Schweinestall, der ist Grunzen gewöhnt.“ Er strich ihren Nacken zärtlich nach unten aus und sagte leise: „Fertig.“
    Alexandra hob den Kopf und sah in blaue Augen.
    „Danke.“
    Es entstand ein Moment atemloser Stille. Sie sahen sich an, schweigend, aber in scheinbar stillem Einvernehmen und Alexandra fühlte das langsam anrollende Karussell in ihrem Bauch, die Achterbahn, die sich bereit machte und mit ihren Gefühlen tanzen wollte. Hannes hob seine Hand und strich ihr sacht eine Locke aus dem Gesicht. Seine Augen hielten die ihren fest mit seinem Blick und anders als in seinem Schlafzimmer vor ein paar Tagen, waren seine Lippen nicht zu einem spöttischen Lächeln verzogen. Es war eine verzauberte Situation, wie in einem Märchen: die Prinzessin und der verhexte Prinz im Schweinestall und der Fluch, der kurz vor seiner Auflösung stand. Oder war die Prinzessin verhext? Aber die Hexe, diesmal in Gestalt eines Mannes, fand noch einmal ein Mittel, die Erlösung zu verhindern. Durch den Schweinestall schallte ein lauter, hektischer Ruf:
    „Hannes? Alexandra? Wo seid ihr?“
    Sie sahen auf. In der Tür stand Fritz, seine hagere Gestalt drängte sich schnellen Schrittes durch den schmalen Einlass und stand aufgeregt vor ihnen. Sein Gesicht war blass und die Augen sahen sorgenvoll auf sie hinunter.
    „Alex, ich habe schlechte Nachrichten.“
    Alexandra richtete sich auf. Ihr Herz sackte innerhalb einer Millisekunde auf die Höhe ihrer Kniekehlen. Ihr Gesicht wurde leichenblass und atemlos vor Angst fragte sie:
    „Caro, ist was mit Caro? Mit den Kindern? Mit Arno? Was ist los, Fritz?“
    Bei den letzten Worten riss sie heftig an Fritz’ Hand, die versuchte, sie beruhigend zu tätscheln.
    „Nein“, Fritz schüttelte den Kopf, „mit denen ist alles in Ordnung. Es ist dein Haus, Alex. Es brennt. Es brennt lichterloh!“
     
    Als sie in ihre Wohnstraße kamen, war sie blockiert von Autos, Anwohnern, Kindern mit Fahrrädern und mehreren großen Feuerwehrwagen. Sie konnten mit dem Auto nicht weiter fahren, die Menschentraube war undurchdringlich. Hannes parkte sein Auto am Straßenrand, und noch bevor das Auto stillstand, war Alexandra bereits ausgestiegen. Hastig lief sie die letzten Meter. Sie kam nicht weit. Ein Absperrband der Feuerwehr verhinderte, dass sie bis zu ihrem Haus vordringen konnte. Erst jetzt begriff sie entsetzt, dass Fritz die Wahrheit gesagt hatte und der Feuerwehreinsatz tatsächlich ihr galt.
    Hektisch suchte sie eine Lücke in der Absperrung und stieg bei

Weitere Kostenlose Bücher