Rheingau-Roulette
reichte ihr freundlich lächelnd die Hand.
„Grüß dich. So schnell und aus so unerfreulichem Anlass hatte ich mir das Wiedersehen nicht vorgestellt.“ Er stellte seine Aktentasche neben sich und setzte sich gegenüber von Alexandra auf einen Stuhl. Hannes rutschte neben sie auf die Bank.
„Willst du etwas trinken?!“
„Gern. Wasser.“
Hannes reichte ihm ein Glas und zog die Flasche Mineralwasser aus einem Sektkühler. „Bedien dich bitte.“ Er reichte Wolfgang die Flasche mit einer Hand. Seine andere Hand lag auf Alexandras Schulter und tätschelte sie kurz und beruhigend.
Sie fühlte sich immer noch wie benebelt. Sie war froh darum, dass Hannes alle bisher angefallenen Formalitäten geregelt hatte. Sehr froh. Aber ihr fehlte die Vertrautheit Caros. Wenn sie doch endlich aus dem Urlaub zurück wäre. Sie hatten noch am Tage des Brandes miteinander telefoniert und sie hatte Caro beschworen, ihren Urlaub nicht abzubrechen. Obwohl sie Caro schrecklich vermisste.
„Wie geht´s dir?“ fragte Wolfgang.
Sie gab dem Stift, der vor ihr auf dem Tisch lag, einen kleinen Schubs. Mit rauer Stimme sagte sie leise: „Frag mich was anderes. Ich habe keine Ahnung, wie es mir geht.“
Hannes fing den Stift gerade noch auf, bevor er über die Tischkante auf den Boden rollen konnte. „Wir versuchen gerade, eine Übersicht über die Verluste zu machen. Die Versicherung hat gesagt, Alexandra müsse alles aufschreiben, was im Haus war. Alles. Möbel, Ausstattung, Hausrat, usw. Glücklicherweise ist sie versichert.“
„Hm.“ Wolfgang runzelte die Stirn. „Das ist ein Grund, warum ich hier bin.“
Alexandra sah ihn verwirrt an. „Wieso? Was meinst du?“
Hannes sah schnell erst zu ihr und dann zu Wolfgang. „Das ist nicht dein Ernst, oder?“
Wolfgang nickte. „Doch. Leider. Ich muss es überprüfen.“
„Was? Was musst du überprüfen?“
Die beiden Männer schwiegen. Aufgeregt sprang Alexandra auf. „Was musst du überprüfen? Um was geht es hier?“
Wolfgang räusperte sich. „Setz dich Alex und reg dich nicht auf, wenn es geht.“ Er machte eine Pause. „Ich bin dienstlich hier in meiner Eigenschaft als Brandursachenermittler des LKA. Mein Team ist von der örtlichen Polizei verständigt worden. Es geht um Brandstiftung. Es gab eine anonyme Anzeige, dass du den Brand wissentlich und absichtlich herbeigeführt hast. Wir müssen das untersuchen.“
„Was? Eine Anzeige? Brandstiftung? Von wem denn?“ Alexandras Stimme wollte sich überschlagen.
„Ruhig, Alex. Warte erst mal ab.“ Hannes legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter, während Wolfgang seine Aktentasche öffnete und einen Aktendeckel hervorzog. Er setzte eine Brille auf, über die hinweg er einen strengen Blick auf Alexandra warf.
„Ich habe hier den Brandbericht. Ich muss dir ein paar Fragen dazu stellen.“ Wolfgang sagte es in einem geschäftsmäßigen Ton, der seine tiefe Stimme hart klingen ließ.
„Dein Nachbar“, er blätterte in den Papieren, „dein Nachbar, heißt Günther Leber, stimmt das?“
„Der Nachbar zur linken Hand, ja. Günther. Was hat er gesagt? Hat er mich beschuldigt?“ Unruhig sah Alexandra Wolfgang an.
„Nein. Beruhige dich. Er hat den Brand nur gemeldet. Um siebzehn Uhr fünfundzwanzig.“ Er sah sie aufmerksam an. „Kannst du mir deinen Tagesablauf von gestern schildern?“
Alexandra schluckte. Um Fassung ringend stand sie auf und ging ein paar Meter in den Garten. Die beiden Männer saßen am Tisch, warfen hin und wieder einen prüfenden Blick zu ihr und unterhielten sich leise. Alexandra sah Hannes hektisch auf Wolfgang einreden, der nur hilflos und beschwichtigend die Arme hochhob.
Ihre Gedanken rotierten. Natürlich würde sich schnell herausstellen, dass sie nichts mit dem Brand zu tun hat. Oder nicht? Sie erinnerte sich an die Tage, als Caro vor den Trümmern ihres Elternhauses stand. Damals war es Caro, die nachweisen musste, dass nicht sie das Haus angezündet hatte. Sie sah gedankenverloren auf das Feld, das an den Garten angrenzte und auf dem ein Bauer mit dem Traktor und seinem Anhänger herumfuhr. Der Staub, der von den trockenen Böden aufgewirbelt wurde, hing noch eine Weile in der Luft, bis sich er langsam wieder setzte und die Sicht klarer wurde.
Sie ging zurück zu den beiden Männern, deren halblautes Gespräch in einen Streit zu münden drohte. Die Männer verstummten und sahen sie erwartungsvoll an.
„Ich war den ganzen Vormittag in meiner Praxis, dann habe ich das
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