Rheingau-Roulette
ihrer Oberschenkel. Milan hatte ihr beim letzten Besuch viele blaue Flecken an ihnen hinterlassen. Die dunkle blaue Farbe der schmerzhaften Hämatome war zu einem zartgrün verblichen und bald könnte sie wieder kurze Röcke tragen. Das war gut. Sie seufzte.
Die Wut über ihre Entdeckung war verflogen, jetzt galt es gut zu überlegen, wie es weitergehen sollte.
Zum Lauftreffpunkt würde sie natürlich nicht mehr gehen können. Sie kannte Hannes. Er würde mitkommen oder jemand anderen schicken. Und Alexandra war in ihn verliebt, die würde ihm alles glauben.
Die Telefonnummer, die sie Alexandra gegeben hatte, gehörte zu einem Prepaidhandy, das Milan ihr besorgt hatte. Sie hatte es weggeschmissen. Außer Alexandra würde niemand die Nummer anrufen.
Schnell zog sie ihre Gummihandschuhe an und schrubbte die Dusche erneut, bevor sie auch die Toilette der täglichen Prozedur unterzog. Sie musste sich beeilen und Pläne machen. Milan würde bald wieder kommen, da war sie sicher. Und diesmal musste dem Ganzen ein Ende gesetzt werden. Ein richtiges Ende.
6. Kapitel: September
Gina war nicht mehr zum Treffpunkt gekommen. Caro hatte Alexandra begleitet, aber Gina war nicht da. Traurig nahm Alexandra dies als Bestätigung dessen, was Hannes ihr erzählt hatte.
Am Tag vorher hatte sie mit Caro und Arno auf der Terrasse zusammengesessen und ihnen berichtet, was Hannes ihr erzählt hatte. Arno war zwischendurch aufgestanden und hatte mit sichtlicher Bestürzung über diese Informationen nur gestöhnt: „Ich muss weg hier. Das halte ich sonst nicht aus.“ Mit großen Schritten rannte er in den Garten und blieb, für die beiden Cousinen sichtbar, am anderen Ende des Grundstückes regungslos stehen.
Caro war ebenfalls überrascht von dem Ausmaß der Verfolgung, die Hannes erlebte, obwohl sie hin und wieder einen Verdacht gehabt hatte. „Ich hab mir schon manchmal so etwas gedacht. Wir kannten Judith alle nur flüchtig und nach der Trennung hat er sich verändert. Ich hab das immer auf die Geschichte mit Stella geschoben.“ Sie sah zu ihrem Mann, der langsam zur Terrasse zurückkam.
„Warum hat er uns nichts erzählt?“
Alexandra zuckte mit den Schultern. „Das musst du ihn fragen. Er sagt, als Nicht-Betroffener kann man es nicht richtig verstehen und als Betroffener ist es unangenehm und als Mann sowieso.“
Arno stand schon wieder neben ihnen und nickte. „Kann ich mir vorstellen.“
„Was kannst du dir vorstellen? Dass dich eine hübsche Blondine verfolgt und es dir zu viel wird? Das kann ich mir nun nicht vorstellen.“ Caro lächelte ihren Mann an.
Arno reagierte sauer. „Genau das. Solche Sprüche wird er zuhauf gehört haben.“
„Schon gut. Ich gebe zu, der Spruch war blöde.“ Versöhnlich sah sie ihren Mann an. „Aber in dem Fall habe ich es auf uns bezogen. Du hast auch nicht lockergelassen nach der ersten Abfuhr und die Grenze zwischen dem positiv besetzen ‚hartnäckig’, und dem negativen ‚Stalking’ ist sehr schmal, das musst du zugeben!“
Arno gab seiner Frau einen Kuss. „Du hast Recht. Ich bin nur völlig schockiert, dass so etwas in unserem Freundeskreis vorkommt und wir nichts gemerkt haben.“ Er überlegte einen Moment und schüttelte den Kopf. „Nein, das stimmt nicht. Es erschreckt mich, dass es Hannes und Alex betrifft. Diverse Anschläge, die verübt werden und obwohl man einen konkreten Verdacht hat, wer es getan hat, kann man nichts machen.“ Er schüttelte wieder mit dem Kopf. „Nie im Leben hätte ich das geglaubt.“ Noch immer fassungslos zog sich Arno in sein Büro zurück. „Ich muss mich beruhigen.“
„Das wird nicht lange dauern, so wie ich dich kenne.“
Caro lächelte ihm hinterher. Als er um die Ecke verschwunden war, drehte sie sich zu Alexandra um. Ihr kritischer Blick traf auf harmlose braune Augen, oder jedenfalls das, was Alexandra versuchte, in ihren Blick zu legen. Harmlosigkeit, um zu verhindern, dass Caro allzu genau nachfragte. Zwecklos. Die sezierenden Augen ihrer Cousine zerlegten ihre Fassade.
„War das alles, was du erzählen wolltest, oder kommt noch etwas?“
Nein. Nichts Besonderes. Sie hatte nur mal eben mit Hannes geschlafen, dem Womanizer, dem so viele Mädels hinterher weinten. Sie zögerte. Eigentlich erzählte sie ihrer Cousine alles. Selbst manche intime Bettgeschichte hatten sie schon geteilt. Aber diesmal wurde sie spröde. Die Geschichte mit Hannes war nach wie vor kompliziert und ihr erstes Mal war nicht gerade die
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