Rheingau-Roulette
habe, ebenso wie Wolfgang, dann war Sändi in dieser Nacht vielleicht genauso fruchtbar wie ich!“
„Ooops!“
„Ja genau, du sagst es. Ooops.“ Caro nickte vielsagend mit dem Kopf. „Sag mal, habt ihr eigentlich verhütet? Du siehst ja, Hannes Hof scheint ein fruchtbares Pflaster zu sein. Nicht, dass ihr ein hübsches kleines Fohlen gezeugt habt?!“
Alexandra schwieg betroffen.
Caro wurde plötzlich sehr ernst. „Nein. Sag das nicht. Sag nicht, dass das wahr ist!“ Caro sah ihre Cousine an und stöhnte. „Oh nein. Alex!“
Beschwichtigend hob Alexandra ihre Arme. „Beruhige dich. Bei meinem unregelmäßigen Zyklus muss ich mir da keine großen Sorgen machen.“
„Also habt ihr nicht verhütet!“, konstatierte Caro.
„Nein.“ Alexandra schüttelte den Kopf. „Wenn ich ehrlich bin, fehlte uns dazu die Zeit. Und ich habe auch überhaupt nicht darüber nachgedacht.“ Und als sie es aussprach, überwältigte sie der Lachreiz so sehr, dass sie ihm nachgab und Caro anstupste.
„Stell dir das mal vor. In einer Pferdebox wird mein erstes Kind gezeugt.“
„Dann wird es ein Junge. Und ihr nennt ihn Winnetou.“
Alexandra schnaubte „Schnauze Fury“ und dann lachten sie wieder, bis ihnen die Tränen über die Wangen liefen.
Als Alexandra aus der Praxis nach Hause kam, hatte ihr Hannes eine Kiste vor die Wohnungstür gestellt. Er hatte ihr die Motorradsachen von Stella besorgt. Auf der Kiste lag ein Zettel:
Probier die Sachen an. Wenn alles passt und du Zeit hast, können wir morgen die erste Probefahrt machen. Ich bin heute im Außendienst und bis spät unterwegs. Sag mir Bescheid wegen morgen. Gruß, H.
Alexandra sah sich die Sachen genauer an. Sie war sich nicht sicher, ob sie in Stellas Lederkluft passte. Der Anzug bestand aus einer schwarzen Lederhose und einer Lederjacke, deren schwarze Grundfarbe mit grellen pink- und weißfarbenen Streifen abgesetzt war. Der Helm war silbern mit einem signalroten Punkt auf dem Hinterkopf. Alexandra zögerte. Eigentlich war es viel zu warm dafür, aber dann streifte sie die Sachen rasch über. Es passte alles. „Also dann“, murmelte sie leise. Motorradtour mit Hannes. Sie zog sich schnell wieder um und setzte sich mit einem Buch in den Garten vor ihrer Küche.
„Gina?“
Überrascht sah Alexandra sie an. Sie musste zweimal hinschauen, um sie zu erkennen. Schmal und reglos stand sie am Eingang, der in den kleinen Garten zwischen Hannes’ Küche und der Atelierwohnung führte. Judith trug eine sandfarbene Hose mit einem zartrosa Top. Ihre langen blonden Haare, die sie mit einer Sonnenbrille aus dem Gesicht geschoben hatte, lagen offen über ihre Schultern gebreitet. Sie war dezent geschminkt. An den gepflegten Füßen saßen ein Paar zierliche Sandalen, die mit rosaroten Steinen besetzt waren. Sie hatte eine große Handtasche dabei, die sie vorsichtig neben sich absetzte.
„Du kannst mich ruhig Judith nennen, das ist mein richtiger Name. Darf ich hereinkommen?“
Alexandra nickte.
„Judith. Wie kommt es, dass du mich besuchst?“
Judith sah sie nachdenklich an. Mit leiser Stimme antwortete sie. „Ich muss hier noch etwas erledigen. Und es passt ganz gut, dass Hannes gerade nicht da ist.“
„Woher weißt du das?“
„Was?“
„Dass Hannes nicht da ist.“
Judith legte den Kopf schief. „Ich weiß alles über Hannes. Und über dich und Hannes.“ Sie setzte sich lächelnd auf einen Gartenstuhl gegenüber von Alexandra. „Du vergisst, dass du mir sehr viel von euch erzählt hast.“
Alexandra überlegte. Hatte sie das wirklich? Sie konnte sich nicht erinnern. Sie hatten während ihrer gemeinsamen Jogging Runden über so vieles gesprochen.
„Und das, was du nicht erzählt hast, war manchmal noch sehr viel aufschlussreicher.“ Ihr Lächeln war sanft und ihre Gesichtszüge nahmen entspannt die Sonnenstrahlen auf, die in den Garten schienen.
Anstatt des bunten glitzernden und klirrenden Modeschmucks, den Gina zu tragen pflegte, trug sie dezente Ohrstecker und eine schmale silberne Halskette ohne Anhänger. Ihre graziösen Hände waren sorgfältig manikürt. Alexandra sah neugierig zu Judith, die sich ein Haargummi aus der Tasche holte und ihre Haare am Hinterkopf zusammenband.
„Was meinst du mit ‚aufschlussreich’?“
„Warum Hannes?“
„Was ‚warum Hannes’?“
Judith verknotete ihre Haare zu einem Dutt und steckte ihn mit einer Haarnadel fest. „Warum du
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