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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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mit dem Stock auf jede Rune.
    Fehu, »Gold«: Kampf der Sippe,
    schlangengleich züngelt die Flamme, 
    der Wolf wächst im Wald auf.
    Uruz, »Auerochs«: das furchtlose Tier, 
    Schmelzwasser trinkt des Gletschers Rand, 
    das Rentier läuft oft über harten Schnee. 
    Thurisaz, »Riese«: die Folter der Frauen, 
    der Felsenbewohner, Gemahl der alten Hexe, 
    spitz ist für jeden Krieger der Dorn.
    Ansuz, »Gott«: der älteste Vater, 
    Asgards wortgewaltiger Fro 
    den Wind fesseln keine Ketten.
    Sigmund hörte plötzlich das Klappern von Hufen und das Knirschen von Rädern. Er sprang auf, griff mit der rechten Hand nach dem Speer, legte den linken Zeigefinger auf die Lippen und schlich mit Sinfjotli zum nahe gelegenen Weg.
    Einer der Männer sah wie einer der Händler aus, die gelegentlich durch die Gegend kamen. Er hatte einen dicken Bauch, über den sich die gelbe Tunika spannte, und auf der rosa Glatze glitzerten Schweißtropfen. Der andere war größer und dünner. Er trug ein Kettenhemd und hatte ein Schwert gegürtet. Aber den Kopf mit den dunklen Haaren schützte kein Helm. Die beiden rechneten so nahe von Siggeirs Halle offenbar nicht mit einem Überfall. Der Karren war mit dicker Leinwand abgedeckt. Sigmunds Speer drang durch das Kettenhemd und durchbohrte dem Krieger den Rücken. Der andere duckte sich und suchte auf dem Karren nach einer Waffe. Sinfjotli sprang aus dem Gebüsch auf den Weg. Er stieß schrille Schreie aus und fuchtelte mit den Armen. Das Pferd scheute und wieherte. Der Karren kippte zur Seite. Sigmund zog den Dolch und war mit einem Satz bei dem Dicken. Dem Mann blieb keine Zeit, sich zu wehren. Im nächsten Augenblick riß ihm Sigmund den Kopf zurück und schnitt ihm die Kehle durch. Das Pferd konnte weder vor noch zurück und war unruhig stehengeblieben. »Was sollen wir jetzt tun?« fragte Sinfjotli. »Können wir das Pferd behalten?«
    »Wir haben keinen Platz für ein Pferd«, erwiderte Sigmund ernst. »Ich möchte, daß Siggeir von jetzt an alles mißlingt. Niemand soll auf diesem Weg oder im Wald mehr sicher
    sein, wenn Siggeir keine Bewaffneten zum Schutz schickt. So etwas verbreitet sich schnell unter seinen Leuten. Ich weiß, was für die Menschen das Glück des Ingling-Königs bedeutet.« Er seufzte. »Deshalb muß das Pferd ebenso sterben wie die Männer.«
    »Das übernehme ich!« rief Siglinds Sohn, »ich fürchte mich nicht. Du mußt mir nur zeigen, wie ich es tun soll.«
    Als das Pferd tot vor dem Karren lag, schlug Sigmund mit Zündstein und Eisen ein Feuer, und bald brannte der Karren lichterloh. Aber er legte die Männer nicht auf diesen Scheiterhaufen, denn man sollte die Toten finden. Sigmund behielt das Kettenhemd - es würde sich leicht instand setzen lassen -, und Sinfjotli nahm die Waffen. Auf dem Weg zur Höhle beobachtete Sigmund den Jungen aus den Augenwinkeln. Sinfjotli war etwas blaß, aber sonst schien ihm das Gemetzel nicht nahegegangen zu sein.
    Während sie die Waffen vom Blut reinigten, sah der junge Wälsung Sigmund herausfordernd an: »Ich werde mich nicht übergeben«, sagte er. »Meine Mutter hat mich abgehärtet, und ich mußte immer dabeisein, wenn die Männer kämpften.«
    »Hast du schon einmal gesehen, wie jemand getötet wurde?«
    »Hilger und der rote Wulfgar haben einmal am Ufer gekämpft, und Wulfgar hat Hilger das Schwert in den Leib gestoßen«, erwiderte Sinfjotli. »Das war ein langsamer Tod. Damals
    war ich fünf.« Sigmund konnte sich nicht mehr erinnern, wann er den ersten Toten gesehen hatte. »Na ja...«, murmelte er. Es war nicht gut, noch länger an die Toten zu denken. Er hatte getan, was getan werden mußte, und es war gut, daß Sinfjotli keine Angst hatte. Er lehnte den Speer an den Felsen und intonierte wieder leise die Runen. Diesmal zeichnete er sie in die graue Asche der Feuerstelle. Der Sohn seiner Schwester sprach die vier ersten Runen mit, dann fuhr Sigmund allein fort:
    Raidho, »Reiten«: für Pferde nichts schlimmer, Das Ginn-Reginn wurde geschmiedet in alter Zeit, Das Roß läuft nicht und ruht nicht. Kenaz, »Fackel«: des Menschen Licht, sie brennt an der Bahre des Edelmanns, Unheil lastet auf dem verfaulten Haus.
    Gebo, »Geschenk«: der Lohn für jedermann, wie zu den Göttern gehen ihre Freunde oft, der gute Drichten gibt gerne Ringe.
    Wunjo, »Freude«: des Helden große Seele, mit der Sippe vereint, Kummer, aber nicht viel, Freundlich ist der, der eine feste Burg hat.
    Die Sonne schien durch den Rauchfang,

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