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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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Britannien, in die Länder des Nordens. Du könntest Beute machen, wenn du eine Streitmacht hättest und bereit wärst, dich im Kampf zu bewähren, wie ein Edelmann es tun muß.« Er hob schnell die Hand, als Sigfrid sich umdrehte und aus der Höhle laufen wollte. »Nicht sofort«, rief er, »noch bist du zu jung. Aber denke darüber nach, denn bald bist du ein erwachsener Mann. Vielleicht in einem Jahr... du wirst wissen, wenn es soweit ist.« Der Zwerg strich sich über den grauen Bart
    und lächelte, was sehr selten geschah. »Wenn du es nicht weißt, dann werde ich es wissen. Darauf kannst du dich verlassen.«

    *

    »Und warum hast du keine Schuhe an?« fragte Regin, und das vom Rauhreif überzogene trockene Gras knirschte unter seinen schweren Schritten. Das Fest der Winternächte war schon seit einiger Zeit vorüber, aber Sigfrid lief immer noch barfuß.
    »Ich laufe lieber barfuß«, erwiderte Sigfrid unbekümmert. »Die Schuhe sind mir ohnehin zu klein, und es schneit noch nicht. Du hast eben kaltes Blut, aber ich nicht.«
    »Ich habe kaltes Blut?« fragte Regin. Er stemmte die Fäuste in die Seiten, legte den Kopf zurück und blickte zu Sigfrid hinauf. »Und was für Blut fließt in deinen Adern, wenn du nicht so stolz darauf sein kannst, daß du dich standesgemäß kleidest?« Sigfrid lachte, aber der Zwerg schnaubte verächtlich. »Deine Treue wird schlecht belohnt. Kannst du mir einen Gefolgsmann von Alprecht nennen, der kein eigenes Pferd hat? Aber du läufst zu Fuß, wie die Armen es tun müssen.«
    Sigfrid dachte nach. Regin hatte recht: Jeder Mann in Alprechts Gefolge hatte einen eigenen Hengst, dessen Name, Aussehen und besondere Fähigkeiten ebenso bekannt waren wie die seines Reiters. Nur Sigfrid ritt
    gewöhnliche Arbeitspferde oder lief zu Fuß, ganz wie es sich gerade ergab.
    Aber ihm war noch nie in den Sinn gekommen zu fragen, weshalb das so war.
    »Warum machst du dir darüber Gedanken?« fragte er leicht gereizt. »Du willst doch auch kein Pferd.«
    Regin blickte auf die verschlungenen Drachen aus feinstem Silber, die Sigfrids Gürtelschnalle zierten - er hatte sie Sigfrid am letzten Julfest geschenkt.
    »Mein Pflegesohn soll seiner Sippe Ehre machen«, erwiderte er und kaute nachdenklich auf seinem Bart, »er soll uns allen Ehre machen und den Schatz zurückgewinnen, der im Boden liegt. Ich möchte, daß du standesgemäß lebst. Ich habe dafür gearbeitet, daß du ein Held wirst, Sigfrid. Ein Held braucht ein Pferd, auf dem er reitet.«
    »Mein Vater hatte auch kein Pferd, und...«, widersprach Sigfrid, beendete aber den Satz nicht. Er wußte, daß Sigmund nie auf einem Pferd geritten war, aber er dachte an das unbeschreibliche Hochgefühl, an die Raserei der Wolfswut, mit der Sigmund und Sinfjotli gekämpft hatten, an die Wilde Jagd... Auch er sehnte sich danach, aber er konnte nicht darüber sprechen. Deshalb fragte er Regin: »Was soll ich denn tun?«
    »Bitte den König um ein Pferd. Du behauptest doch immer, daß er dir alles gibt, was du haben möchtest.«
    »Jetzt?«
    »Ich glaube, du hast keine Zeit zu verlieren.«

    *

    Alprecht saß in der Halle und sprach mit Herwodis und zwei seiner älteren Gefolgsleute. Als Sigfrid, erhitzt vom schnellen Lauf durch den morgendlichen Wald, in die Halle stürzte, hoben sie überrascht den Kopf.
    »Ich muß mit dir sprechen«, rief Sigfrid und fügte dann etwas ruhiger hinzu, »mein Drichten.«
    Alprecht lächelte freundlich, nickte und erhob sich. »Mein Gefolgsmann«, sagte er und legte Sigfrid stolz die Hand auf die Schulter, »was möchtest du?«
    Sigfrid trat unruhig von einem Bein auf das andere. »Ich wollte dich um ein eigenes Pferd bitten... Regin hat mir diesen Rat gegeben.« Er sah seinen Stiefvater erwartungsvoll an. »Hast du etwas dagegen?« Alprecht lachte. »Ich habe nur darauf gewartet, bis du keine Lust mehr hast, wie der Sohn eines armen Mannes zu Fuß herumzulaufen. Natürlich kannst du dir ein Pferd aussuchen. Hast du an ein bestimmtes gedacht?«
    Unter den Zweijährigen gab es einen vielversprechenden Braunen mit einer hellen Mähne, der Sigfrid gut gefiel. Aber als er über das Pferd sprechen wollte, blieben ihm die Worte im Hals stecken, und er schüttelte nur stumm und verlegen den Kopf.
    »Gut, triff deine Wahl«, sagte Alprecht, und mit einem Blick auf Sigfrids Füße fügte er hinzu, »du kannst auch ein Paar neue Schuhe haben, wenn du lange genug still sitzt, damit sie dir angemessen werden können.«
    Sigfrid wurde

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