Rheingold
ausmisten, Junge! Das kannst du mir glauben. Und jetzt hilf mir, sie zurückzutreiben, bevor alle auf und davon sind.«
Sigfrid sah Grani an, der ihn zu verstehen schien, und sagte: »Also los, Grani. Machen wir uns an die Arbeit.«
*
Als die Jährlinge wieder auf der Koppel waren und Rodgers Zorn sich gelegt hatte, weil Sigfrid versprach, die Ställe regelmäßig auszumisten, machte sich Sigfrid auf die Suche nach einem Sattel. Aber er fand keinen, der groß genug war. Schließlich legte er Grani die Hand auf den Rücken, damit er ruhig stehenblieb, und sprang auf. Er drückte die Knie fest an die starken Flanken und überließ sich der Kraft der stählernen Muskeln, die ihn wie eine Welle erfaßte, als der Hengst mit großen Sprüngen vorwärtsstürmte. Sigfrid ließ ihn dreimal um die Koppel laufen und verlagerte dann das Gewicht, als sie sich dem Zaun näherten. Grani sprang mit einem hohen Satz über den Palisadenzaun, landete sicher im Gras und galoppierte über Stock und Stein zum Wald.
»He, alter Zwerg!« rief Sigfrid, als sie Regins Höhle erreichten. »He, Regin! Komm heraus und sieh dir das an!«
Es dauerte nicht lange, bis Re gin im Höhleneingang auftauchte. Er blinzelte im hellen Licht und sah Sigfrid fragend an. Dann nickte er langsam. »Ja«, krächzte er, »na gut... jetzt hast du ein Pferd. Willst du noch mehr?« »Was?«
»Komm herein, und ich werde es dir sagen.« Sigfrid glitt von Granis Rücken, klopfte dem Hengst den Hals und sagte leise: »Warte hier auf mich... oder komm zurück, wenn ich dich rufe, ja?«
Grani stieß Sigfrid sanft die Nüstern gegen die Brust, was Sigfrid als Einverständnis ansah.
*
In der Höhle setzte sich Regin auf die glatte Fläche eines Baumstamms, in den Drachen, Tiere, Menschen und Waffen eingeschnitzt waren. Sigfrid hockte sich ans Feuer und ließ sich von der roten Glut den Rücken wärmen. »Du meinst, schon viel mit diesem Pferd erreicht zu haben«, begann der Zwerg und sah Sigfrid durchdringend an. »Ja, warum nicht?«
»Weil du noch sehr viel mehr brauchst. Du mußt reich werden, und du mußt dich mit deinen Taten als Held erweisen.«
»Was soll ich tun?« fragte Sigfrid, »in Alprechts Land herrscht Frieden, und ich habe keinen Grund, noch etwas von dem König zu erbitten, nachdem er mir unter den Pferden freie Wahl gelassen hat.«
»Von mir kannst du erfahren, wo viel Gold liegt. Es wäre die Tat eines Helden, das Gold zu suchen und zu erringen.«
»Wo ist es?« fragte Sigfrid gespannt, »wer bewacht es?«
Regin stand auf und schlurfte zu dem Faß an der Höhlenwand. Er füllte bedächtig zwei Becher mit seinem dunklen, bitteren Bier. Er reichte einen Becher Sigfrid und trank dann selbst. »Das müßtest du eigentlich bereits wissen«, sagte er, »erinnerst du dich nicht?«
»Ich...«, murmelte Sigfrid unsicher, und Regins Blick rührte an etwas in seinem Innern, so daß er unruhig wurde. Dann seufzte er und sagte: »Ich erinnere mich nicht, ich weiß... ich sollte mich an etwas erinnern, aber ich kann es nicht. Sag es mir doch.«
»Du hast von Fafnir gehört, der weiter im Norden in einer Höhle bei der Gnita-Heide haust. Die Menschen sagen, es ist der Drachenfels. Dort wirst du soviel Gold finden, wie du noch nie gesehen hast. Es ist mehr Gold, als du in deinem ganzen Leben brauchst«, sagte Regin eindringlich.
»Fafnir ist ein Drache... ich habe Lieder über ihn gehört. Aber kein Mensch wagt sich in seine Nähe. Er scheint außergewöhnlich groß und gefährlich zu sein.« Aber vielleicht werde ich es wagen, dachte Sigfrid und umklammerte gedankenverloren den Griff seines Dolchs.
»Du solltest eigentlich wissen, wie in solchen Geschichten übertrieben wird«, erwiderte Regin abfällig. »Dieser Drache ist nicht größer als jeder andere Lindwurm. Bist du wirklich ein Wälsung? Du kannst nicht so tapfer sein wie deine Vorfahren, die alle berühmte Helden waren, wenn dir die Lieder über einen Drachen Angst einjagen.«
»Seit Jahren predigst du mir, ich sei zu jung, um dies und das zu tun«, rief Sigfrid verärgert über Regins Hohn, »warum willst du mich zu diesem Abenteuer drängen, wenn du an meiner Kraft zweifelst oder daran, daß ich ein echter Wälsung bin? Aber da mein Kopf mich im Stich läßt, kannst du mir vielleicht erzählen, was Fafnir deiner Meinung nach für ein Drache ist.«
»Das ist eine lange Geschichte«, sagte Regin und füllte die Becher.
»Dann erzähle sie mir!«
»Es war einmal ein Mann, der hieß
Weitere Kostenlose Bücher