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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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drei Männer von jeder Mannschaft ausgelost werden. Ludowig warf sein kurzes Stöckchen verärgert auf die Erde, spuckte darauf und trat es in den Sand. Die anderen, die das Los traf, machten ihren Gefühlen enttäuscht in Flüchen Luft. Nur Klodmar wirkte etwas erleichtert darüber, daß ihn das Los dazu bestimmte, auf dem Schiff zu bleiben. Seit dem Zwischenfall mit dem Blutstropfen war er ziemlich wortkarg gewesen. »Sollen wir uns zum Keil formieren?« fragte Perchtwin. »Wir müssen die neue Schlachtordnung üben«, erwiderte Sigfrid. »Ich glaube, erst wenn wir Lingwe gegenüberstehen, wird der Keil uns den Sieg bringen. Er ist nur in einer großen Schlacht sinnvoll, nicht bei Überfällen.«
    Adalprant, Paltwin, Kunitrut und Anshelm sahen die beiden verständnislos an. Kunitrut brummte schließlich: »Wovon redet ihr denn überhaupt?« Sigfrid erklärte seinen Gefolgsleuten von den anderen Schiffen die Schlachtformation, und sie nickten zustimmend. »Ja, das müssen wir üben«, sagte Adalprant. Sigfrid stellte seine Männer so auf, wie Fjölnir es ihm empfohlen hatte. Mit seitlich überlappenden Schilden rannte der Keil der Männer hinter Sigfrid am Strand hin und her. Anfangs stolperten sie auf dem festen Boden; Schilde rutschten ab, als die Männer versuchten, den Laufschritt und die Höhe der Schilde aufeinander abzustimmen. Im Innern des Keils rammten sie sich gegenseitig, wenn sie die Bewegungen des Lanzenwerfens oder Bogenschießens probten. Aber es war gut, nach dem langen Tag auf See wieder an Land zu sein und die steifen Beine und verkrampften Muskeln zu üben. Sigfrid hörte die Männer in seinem Rücken lachen und rufen, während sie die Arme bewegten und unter dem spöttischen Lachen der Möwen und Seeschwalben wie eine Horde Jungens Kampf spielten.
    Sigfrid hätte den ganzen Tag so weitermachen können, aber nach einer Weile erkannte er, daß einige Männer müde wurden, und er machte Schluß. Während der Mittagsmahlzeit erläuterte Sigfrid den Männern von den anderen Schiffen seine Pläne. Nach dem Essen zogen sie in der neuen Schlachtordnung am Strand entlang, bis sie einen Pfad entdeckten, der in einen spärlichen Wald führte. Im feuchten, gefallenen Laub sahen sie Spuren von Kühen; in den tiefen Abdrücken stand noch nicht allzuviel Wasser. Der Pfad war ausgetreten, so daß man eine Siedlung in der Nähe vermuten konnte. An den unteren Ästen der Bäume hingen schlaffe feuchte Ranken. Neugierig zog Sigfrid an einem der langen Blätter und stellte fest, daß es sich um Seetang handelte.
    »Das muß eine Springflut gewesen sein«, sagte Oto, als Sigfrid den Tang wegwarf. »Wie es heißt, steigen die Fluten von Jahr zu Jahr. Wenn das so weitergeht, wird es sich bald nicht mehr lohnen, hier im Norden zu leben.« Sigfrid sah durch die wenigen kahlen Bäume den geglätteten Rand eines Hügels. »Ist das ein Terp?« fragte er leise. Oto nickte.
    Sigfrid hob die Hand und fragte: »Sind alle bereit?« Die Männer nickten und zogen die Schwerter oder faßten die Wurfäxte fester. Sigfrid zog Gram aus der Scheide und rannte los. Als er den Rand des Hügels erreicht hatte, rief er: »Für Wotans Rache und den Sieg!« Mit diesem Schlachtruf stürmte er den schlammigen Hügel hinauf. Oben stand ein hagerer Junge zwischen zwei knochigen Kühen. Er ließ erschrocken die Stricke der Tiere los und lief so schnell er konnte durch den Matsch davon. Sigfrid verfolgte ihn nicht, sondern setzte seinen Weg in das Dorf fort. Frauen flohen in die wenigen Häuser, und Männer in grobgewebten Kitteln und Hosen traten mit Äxten und Spießen vor die Eingänge. Als Sigfrid das erste Haus erreicht hatte, streifte die Feder vom Schaft eines Pfeils seine Wange. Die kleinen struppigen Männer umringten ihn wie Hunde einen Hirsch. Gram schnitt zischend durch das Eisen ihrer Waffen; er durchschlug mit einem einzigen Schlag Äxte und Arme. Das Kriegsgeschrei seiner Männer klang in seinen Ohren wie das ferne Rauschen des Meeres, während er sich den Weg zum größten Haus bahnte. Aus dem Tor der kleinen Halle liefen Männer mit Schwertern und Helmen; Sigfrid stellte sich ihnen zum Kampf, aber er hatte sie im Handumdrehen besiegt. Er sprang über die Toten hinweg und stürmte in die Halle in der Hoffnung, dort einen würdigen Gegner zu finden. Aber er entdeckte nur eine Frau in einem dunkelbraunen Kleid. Sie kauerte in einer Ecke und hatte die Arme um zwei Kinder gelegt. »Ist hier noch jemand?« fragte er. Die Frau

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