Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
Vom Netzwerk:
Zweige streifen, wo sich angriffsbereite Krieger durch ein Rascheln verraten mochten.
    Es dauerte nicht lange, als ein großer, schmaler Mann in einem kostbaren Fuchspelzmantel aus der Halle trat. Er kam allein und breitete zur Begrüßung freundlich die Arme aus. Hagen sah, daß er unter dem Mantel kein Schwert oder andere Waffen trug, es sei denn einen verborgenen Dolch. Der Mann hatte schütteres braunes Haar und viele Falten, obwohl er noch in den mittleren Jahren sein mußte. Es wunderte Hagen nicht, daß ein Mann, der fünfundzwanzig Jahre gegen Attila gekämpft und ihm schließlich die Treue geschworen hatte, von Härten und Leid geprägt war. Rodger runzelte kurz die Stirn, als sein Blick auf Wingi fiel, und Hagen erinnerte sich, daß Rodger ein Christ war. Sein Mißtrauen gegen die Hunnen konnte allerdings noch andere Gründe haben. »Willkommen, Gunter, und willkommen, ihr Burgunder!« rief Rodger mit tiefer, volltönender Stimme, »seid meine Gäste in meiner Halle und meinem Land.«
    »Ich grüße dich, Rodger«, erwiderte Gunter, »wir sind gern deine Gäste.«
    »Sollen meine Leute eure Pferde in die Ställe bringen?«
    »Das tun wir selbst«, antwortete Hagen. Gunter sah seinen Bruder an und zuckte mit den Schultern.
    Die Burgunder saßen ab und folgten Rodger zu den Stallungen, die größer waren als die in Worms, aber nur wenige Pferde standen dort, deshalb war mehr als genug Platz.
    »Wenn du so wenig Pferde hast, warum sind dann deine Stallungen so groß?« fragte Giselher.
    Rodger lächelte etwas gequält. »Ich brauche den Platz für Attilas Truppen. Sie kommen oft hierher... meist zu Sommeranfang und vor Einbruch des Winters, wenn sie längere Ritte machen.« Als die Burgunder die kleine dunkle Halle betraten, lagen auf den Tischen viele Brotlaibe. Tonbecher standen daneben, und zwei Frauen, eine ältere und eine junge, füllten sie mit ihren Krügen. Die ältere Frau war klein und rundlich und trug einen Silberreif in den aufgesteckten grauen Zöpfen. Die jüngere war groß und schlank. Man sah deutlich die Ähnlichkeit mit Rodger. Sie hatte das gleiche schmale Gesicht und lange hellbraune Haare, aber eine helle Haut, ein weiches Kinn und eine faltenlose hohe Stirn. Sie trug ein silbernes Kreuz um den Hals.
    »Kommt, meine Lieben, und begrüßt diese Krieger«, sagte Rodger zu ihnen, »das sind Gunter, Hagen, Giselher und Gernot... Gudruns Verwandte.«
    »Ich grüße dich, Frowe Gotlind«, sagte Hagen
    zu Rodgers Frau, noch bevor der Drichten sie
    miteinander bekannt machen konnte. Gotlind lächelte und erwiderte: »Es ist uns eine große Ehre, solche Gäste bei uns zu haben.« Sie reichte ihnen die mit Bier gefüllten Becher.
    Rodgers Tochter trat bescheiden neben ihren Vater und küßte Gunter auf die Wange, dann Gernot und dann Giselher. Aber als sie vor Hagen stand, wurde sie erst rot, dann blaß.
    »Hagen ist ein sehr bekannter Krieger. Du hast viele Lieder über ihn gehört, Garlind«, sagte Rodger zu seiner Tochter. Hagen wartete, bis sie ihm kurz ihre Wange an seine legte. Er spürte ihre Röte, als sich ihr Blick auf Giselher richtete, der ebenfalls bis über beide Ohren rot wurde und auf den gestampften Boden starrte, als überlege er, wie man hier Steinplatten verlegen könnte. Hagen nahm den Becher, den ihm Gotlind reichte.
    »Danke, Rodger«, sagte Gunter, als alle die Becher hoben und tranken.

    *

    Rodger bestand auf einem Festmahl. Hagen wäre zwar lieber weitergeritten, denn er wollte nicht, daß Attila viel Zeit blieb, um sich auf ihre Ankunft vorzubereiten, aber Gunter wollte auf keinen Fall noch am selben Tag aufbrechen. Auf den Ehrenplätzen saßen Gunter, Hagen, Giselher und Gernot neben Rodger, Garlind und Frowe Gotlind. Hagen fiel ein großer, schön gearbeiteter dunkelblauer Schild auf. Er war mit einem silbernen Raben
    geschmückt und hing hinter dem Drichten an der Wand.
    Bei der Mahlzeit schienen Giselher und Garlind alles um sich herum zu vergessen. Hagen hatte außer Sigfrid und Gudrun noch nie ein Paar gesehen, das so verliebt war. Rodger lächelte, als er sah, wie die beiden jungen Leute sich anstrahlten.
    Nach dem Essen wurden die Tische weggeräumt; Gotlind und Garlind füllten den Männern die Becher mit Bier.
    »Fro Giselher«, sagte Rodger und beugte sich vor, »du bist noch nicht verheiratet?«
    Giselher schluckte und erwiderte mit belegter Stimme: »Nein, und auch nicht verlobt. Ich sollte vor einem Jahr heiraten, aber die Jungfrau starb vor der Hochzeit

Weitere Kostenlose Bücher