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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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dazu.
    Siglind warf verstohlen einen Blick auf ihren Zukünftigen, der sie durchdringend musterte, als sei sie ein feuriges Fohlen oder ein Falke, den er zu kaufen gedachte. Er hat es sich selbst zuzuschreiben, wenn ihm nicht gefällt, was er bekommt, dachte Siglind. Ich wollte ihn nicht heiraten ...
    Siggeir lächelte breit und zeigte dabei seine gelben Zahnstummel. »Sei gegrüßt, meine Frowe Siglind«, sagte er, griff in seinen Beutel am Gürtel und zog eine schwere Goldkette heraus. »Nimm dieses Geschenk von deinem Mann als Zeichen, daß alles, was mir gehört, auch dir ist.«
    Siglind nahm die kalte schwere Kette aus seiner Hand und legte sie sich um den Hals.
    Dann blickte sie Siggeir in die blassen Augen. »So wie ich dir gehören soll, mein Drichten«, erwiderte sie klar und ruhig.
    Siggeir schlug das Zeichen von Thors Hammer über das Horn, bevor er es an die Lippen setzte und in großen Zügen trank. Er unterdrückte ein Rülpsen und wischte sich mit der beringten Hand ein paar Tropfen Met vom dünnen Bart. Dann fragte er Wals: »Wie sind die Hochzeitsbräuche bei den Sachsen? Wann soll die Hochzeit sein und wann das Festmahl? Warten wir auf Freyjas Nacht, um unsere Eide zu sprechen oder geschieht das jetzt in der hellen Sonne?«
    »Ich kann verstehen, daß du so schnell wie möglich meine Siglind heiraten willst«, erwiderte Wals, »aber meine Frowe sagt, daß du bis zum Sonnenuntergang warten mußt... die Frauen wollen in diesen Dingen nun einmal das Sagen haben.«
    »Heute ist Walpurgis, der Frowe Nacht«, erklärte Alflad, »die Hochzeit soll Freyjas und Huldas Segen haben, damit sie heilig und fruchtbar werde.«
    Siggeir nickte und nahm noch einen riefen Schluck aus dem Trinkhorn in seiner Hand, »Walpurgis ist eine Hexennacht, aber ich glaube, Siglind hat ohnehin bereits einen Zauber über mich geworfen. Siglind, du bist wirklich so schön wie Wotans Walkürentöchter.«
    Siglind schob die blonden Haare zurück. »Ein Mann muß sehr tapfer sein, um eine Walküre zu heiraten«, erwiderte sie und sah ihn durch die langen Wimpern herausfordernd an. »Bist du ein Held?«
    Zu Siglinds Verblüffung begann er, mit hoher, lauter Stimme zu singen:
    »Hexenroß gehört zu meinem Troß 
    Walkürenspeer ist mir hehr
    wie der Goten Freund ich sie ehr
    Feind furcht' den Biß der Schlange
    die im Krieg mein ehernes Panier
    wie der holden Göttin Halsband hier 
    so zu ihr tritt kühn der Mann
    der um die Hand der Edlen werben kann.«
    Siglind stand ihr Erstaunen ins Gesicht geschrieben. »In den Nordländern muß ein großer Mann nicht nur ein Krieger sein, sondern auch Lieder machen können«, erklärte Wals. »Es gereicht dir zur Ehre, einen Mann zu bekommen, der diese Kunst beherrscht. Du hast die Verse aus dem Stegreif gemacht, nicht wahr, Siggeir?« Siggeir legte den Kopf zur Seite, und aus seinen Augen blitzte Genugtuung. »Es ist eine Begabung«, sagte er, »ich hoffe, es gefällt dir, Siglind.«
    »O ja«, erwiderte sie schnell, »vielleicht kannst du mich diese Kunst auch lehren...«
    »Das ist nicht leicht... die Eingebung des wahren Skalden kommt von Wotan, der Menschenverstand kann nur das Handwerk dazu beitragen. Aber wenn du möchtest, werde ich es gern versuchen.«
    Wals sah sie mit einem stolzen Lächeln an. Seine kräftigen weißen Zähne blitzten, und er strich ihr zärtlich über die weichen Haare. »Du wirst später bestimmt viel Zeit zu solchen Dingen haben, Siglind. Aber wie wäre es, wenn du jetzt mit Alflad die Frauen zusammenrufst, um diesen Männern Essen und Trinken zu bringen? Sie haben einen langen Weg hinter sich, um dich zu freien, mein Mädchen. Und es ist nur recht und billig, daß sie jetzt ein gutes Mahl bekommen.«
    »Gewiß«, sagte Siglind ernst und blickte auf Alflad, die zustimmend nickte. Die Frau und das Mädchen verließen gemeinsam die Halle und gingen zu der Hütte, in der die Fässer mit Met und Bier standen.
    Kaitlin, die irische Magd, die Wals vor zehn Jahren bei einem Raubzug gefangen hatte, füllte bereits große Tonkrüge. Ihre dicken Hände waren geschäftig und flink bei der Arbeit. Sie blickte fröhlich zu ihrer Herrin auf und schob sich eine rote Strähne aus der sommersprossigen Stirn. »Oh, das sind vielleicht Männer, die Frowe Siglind mitnehmen«, sagte sie. »Ich bin froh, daß sie die Friedensbänder um ihre Schwerter gewunden haben. Diese Goten waren wild und rauh, als der Fro sie bekämpfte, aber jetzt sehen sie auch nicht viel zahmer aus, mit ihren

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