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Rheingrund

Rheingrund

Titel: Rheingrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Kronenberg
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Yogastunde vorbereiten.«
    Norma erhob sich. »Was fasziniert Sie so an Yoga?«
    Ruth stand ebenfalls auf. Sie wirkte belustigt. »Erwarten Sie bitte nicht, dass ich Ihnen in wenigen Sätzen das Geheimnis einer 2000 Jahre alten Philosophie erkläre.«
    »Wird man durch Yoga ein besserer Mensch?«
    Ruth wurde ernst. »Yoga kann helfen, die eigenen Unzulänglichkeiten zu erkennen. Und vielleicht sogar, sie zum Positiven zu wenden. Aber dazu muss man sich ernsthaft damit beschäftigen. Und nicht versuchen wie so manche Leute, die Techniken nach einem Buch zu lernen.«
    Norma fühlte sich ertappt und schwieg.
    »Machen Sie einfach mit!«, schlug Ruth vor. »Es ist eine Anfängergruppe.«
    »Ein andermal gern. Aber auf mich wartet ein weiterer Auftrag. Eine Wanderung auf dem Rheinsteig.«
    Sie wollte die ersten Recherchen anpacken und freute sich auf die Tour.
    Ruth nickte zustimmend. »Meine liebste Wanderstrecke! Wissen Sie, dass der Rheinsteig unmittelbar an meinem Garten entlangführt?«
    Norma behielt für sich, dass ihr weder der Garten noch das Gartenhaus fremd waren. Offenbar hatte Inga nichts von dem heimlichen Besuch erzählt.
    Ruth begleitete sie zur Haustür. Dort bat sie Norma, einen Augenblick zu warten, und kehrte mit einem Karton zurück. »Lassen Sie sich den Riesling schmecken.«
    »Von Ihren Weinbergen?«
    Ruth lächelte wehmütig. »Das war einmal. Aber der Winzer hat mich nicht vergessen.«
    Angenehm überrascht nahm Norma den Karton entgegen.
    Ruth zögerte. »So wie ich meinen Schwiegersohn kenne, verhält er sich wenig kooperativ.«
    Darin musste Norma ihr zustimmen. So viel schien klar: Bernhard Inken gab sich wenig Mühe, dem Schicksal seiner Frau auf die Spur zu kommen.

13
    Inga stürmte aus dem Zimmer und ließ sich nicht aufhalten. Ihr Leben lang hatte sie sich auf seinen Rat und seine Freundschaft verlassen. Und nun diese Offenbarung! Kein Wunder, wenn das Mädchen schockiert war. Es drängte ihn, sie zu beschwichtigen und zu trösten.
    Auf dem Flur kam ihm Ingrid, Bernhards Sekretärin, entgegen. Martin sah ihr die Verstimmung an. »Bernhard ist golfen. Inga hetzt aus dem Haus, als ob ein Gespenst hinter ihr her ist. Und du willst mit dem Rad los! Bin ich der letzte Depp, der hier seine Arbeit macht?«
    »Inga ist fort?«
    »Auf und davon! Weißt du was? Ich gehe heim. Macht doch euren Kram allein.«
    Nichts als leere Drohungen. Für Bernhard würde sie ihre Seele dem Teufel verkaufen. Sie liebte dramatische Auftritte und suchte, nach dem Abbruch der Schauspielschule vor einigen Jahrzehnten, immer wieder ihre Bühne in der Agentur. Mit Unterstützung ihrer Finger zählte sie auf, was sie an diesem Vormittag alles zu erledigen hatte.
    »Jonas soll dir helfen.«
    Martins Vorschlag erwies sich als Stich ins Wespennest.
    »Pah! Unser tüchtiger Herr Praktikant! Soll ich den Jungen einen Vertrag korrigieren lassen, der in einer Stunde beim Sender sein muss? Dann kann ich gleich meine Kündigung einreichen.«
    »Was für Korrekturen?«
    »Bernhard hat alles aufgeschrieben.«
    Martin dachte kurz an Ingas Kummer und deutlich länger an sein Darlehen und das Gehalt eines Teilhabers, für dessen angestrebte Höhe die Agentur diesen Auftrag gut gebrauchen konnte. Umgehend begleitete er Ingrid ins Schreibbüro und war für die nächste halbe Stunde damit beschäftigt, die Vorlage nach eigenen Vorstellungen zu ändern und ein langes Gespräch mit dem Redakteur zu führen. Der Mann war für schöne Worte empfänglich, und Martin machte seinerseits Zugeständnisse. Selbstverständlich sei er zu diesen Entscheidungen befugt, versicherte er und war sehr mit sich zufrieden, als er auflegte und den Vertrag mit einem Mausklick losschickte.
    Ingrid hob theatralisch die Augenbrauen. »Ist das mit Bernhard so abgesprochen?«
    Als Erstes werfe ich dich raus, blöde Kuh, nahm er sich vor und strafte sie mit Missachtung. Eilig verließ er die Agentur. Vielleicht war es doch keine gute Idee, sich ins Auto zu setzen und dem Bus hinterherzufahren? Er brauchte Zeit zum Nachdenken, bevor er sich Ingas Vorwürfen stellte, entschied er und hob das Rad vom Wagen. Er trat kräftig in die Pedalen, passierte das Wäldchen aus uralten knorrigen Eichen und bewältigte in Schräglage die steile Haarnadelkurve.
    Was mochte Inga vorhaben? Wollte sie sich bei der Großmutter ausheulen? Damit Ruth auf der Stelle Bernhard anrief? Und wenn schon!, entschied er und gab dem Rad mit energischen Tritten einen stärkeren Schwung. War es

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