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Rheingrund

Rheingrund

Titel: Rheingrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Kronenberg
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und reichte ihr die Hand. Bei dem Abendessen vor Wochen war sie mit ihm ins Reine gekommen. Die Unterstellungen hatten wehgetan. Inzwischen war ihr klar geworden, dass auch sie keine Zugeständnisse gemacht hätte, selbst wenn es sich bei der Beschuldigten um eine ehemalige Kollegin handelte.
    Norma trat ans Fenster. Der Blick wies zum Garten hinaus, davor lag ein Balkon. Sie spürte Wolferts Blicke im Rücken.
    Er war mitten im Zimmer stehen geblieben. »Ich nehme an, du bist beruflich hier. Ist Martin Reber dein Auftraggeber?«
    Sie wandte sich um. »Nein. Ich möchte nur eine Auskunft von ihm.«
    Milano lüftete die fleischigen Unterarme. »Könnte schwierig werden. Martin Reber ist seit anderthalb Tagen nicht nach Hause gekommen.«
    Sandra lehnte am Türrahmen und zog nervös an den ineinander verhakten Fingern. »Möchten Sie Kaffee?«
    Wolfert lächelte und legte die Nagezähne frei. »Warum nicht?«
    »Für mich schwarz«, warf Milano ein.
    Norma bat um viel Milch und folgte Sandra in die Küche. Dort fragte sie nach der Toilette.
    »Die letzte Tür links«, entgegnete Sandra.
    Wie erhofft, lag das Bad gleich nebenan. Norma öffnete versuchsweise den Wandschrank und entdeckte Rebers Rasierapparat auf Anhieb im oberen Fach. Mit der Plastiktüte hatte sie zugleich die Pinzette mitgebracht, die sie zu Hause mit dem Feuerzeug desinfiziert hatte und nun dazu benutzte, einige Haarbüschel aus dem Rasierapparat zu zupfen. Die daran haftenden Hautschuppen würden für den Vaterschaftstest genügen. Aus der Küche war das Zischen von Wasserdampf zu hören. Leise schloss sie die Tür, schlich in die Gästetoilette und betätigte die Spülung, bevor sie ins Wohnzimmer zurückkehrte. Auf dem Couchtisch standen vier Tassen; eine trug eine dicke Haube aus Milchschaum.
    »Nehmen Sie Platz«, bat Sandra und schob Norma den Milchkaffee zu.
    Wolfert hockte auf der Sesselkante wie auf dem Sprung, als befürchtete er, vom Möbel verschlungen zu werden. »Kannst du uns weiterhelfen, Norma?«
    Norma war klar, sie musste mit halbwegs offenen Karten spielen, wollte sie selbst etwas erreichen. Geben und nehmen, das war der Handel, auf den sich die beiden Kommissare verstanden.

19
    Sie ließ sich sachte gegen die Rückenlehne sinken. Das klobige Sofa erwies sich als weitaus bequemer als die Polstermöbel in Ruths Wohnzimmer. »Ich suche nach einer Frau, die vor 15 Jahren im Rheingau verschwand. Sie hieß Marika Inken. Martin Reber ist ein Freund der Familie.«
    »Sagt mir gar nichts«, knurrte Milano und spitzte die vollen Lippen, um den Kaffee zu kosten.
    Wolfert stützte nachdenklich das Kinn auf die Faust. »Erinnere dich, Luigi! In einer Sitzung kam neulich auch dieser Fall auf den Tisch. Es ging um alte Vermisstensachen. Eine Neuaufnahme wurde allerdings abgelehnt.«
    Milano setzte die Tasse ab. »Jetzt fällt es mir ein! Man geht von einer Selbsttötung aus. Der Fall gilt als abgeschlossen.«
    Sandra hockte an Normas Seite auf der Sofakante und war wieder mit ihren unruhigen Fingern beschäftigt. »Marika hat sich in den Rhein gestürzt. Nur kann die Mutter Marikas Tod nicht verwinden. Alle paar Jahre schaltet sie einen Privatdetektiv ein.«
    Milano rollte mit den schwarzen Augen und grinste. »Na, dann viel Glück, Norma.«
    Sandra rückte ein Stück zur Seite. »Um wen geht es hier eigentlich? Um Marika? Oder um Martin?«
    Wolfert räusperte sich. »Bitte, Frau Reber, wir nehmen Ihre Sorgen sehr ernst. Sie sagten vorhin, Sie haben geschlafen, als Ihr Mann gestern Morgen das Haus verließ?«
    Sandra klemmte die Hände zwischen die Knie, als ließen sich die Finger auf diese Weise zum Stillhalten zwingen. »Er ist mit dem Auto ins Büro gefahren und wollte von dort mit dem Rad los. Sein Wagen steht vor der Agentur. Ich habe nachgesehen.«
    Milano fragte nach Martins beruflicher Position.
    »Er wird Bernhards Partner!«, verkündete Sandra und legte so akribisch dar, warum sie diese Beförderung für längst überfällig hielt, dass Norma den Eindruck gewann, Sandra ginge es vor allem um die eigene Genugtuung. Wenn ihre Ehe schon der Konkurrenz der Agentur ausgesetzt war, wollte sie zu Hause wenigstens auf den Geschäftsführer, nicht auf den Angestellten warten.
    Milano gab sich unbeeindruckt. »Ist sonst etwas Bemerkenswertes geschehen?«
    »Da war dieser schreckliche Angriff von Kai!«
    Wolfert schlug sein Notizbuch auf. »Kai, und weiter?«
    »Kai Kristian Bieler. Ein Freund aus Dresden. Fragen Sie Frau Tann! Sie hat alles

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