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Rheingrund

Rheingrund

Titel: Rheingrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Kronenberg
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völlig vergessen.«
    Ehlers kratzte sich am glatt rasierten Kinn. »Im Golfclub ist niemandem aufgefallen, dass Inken zwischendurch ein Fahrrad ausgeladen hätte.«
    Norma knabberte an der letzten Teigrolle. »Vielleicht ist Inken nicht auf direktem Weg zum Vereinshaus gefahren? Stattdessen hat er unterwegs angehalten und das Rad irgendwo am Rand des Golfplatzes deponiert. Auf dem Platz hat er sich, als redlicher Golfspieler getarnt, dem Versteck genähert. In einem unbeobachteten Augenblick versteckte er die Golfausrüstung, schnappte sich das Rad und machte sich auf zum Rheinsteig.«
    »Um dort seine Falle aufzubauen! Klingt soweit schlüssig. Aber woher sollte er wissen, wann sein Opfer die Stelle passieren würde?«
    Norma erwärmte sich für die Theorie. »Kein Problem! Reber führte im Bürocomputer penibel Buch über seine Strecken. Aus seinem Passwort hat er kein Geheimnis gemacht. Und Inken hatte jederzeit Zugang zu Rebers Büro.«
    Ehlers starrte sie an. »Beeindruckend, Frau Privatdetektivin!«
    »Sagen Sie das nicht.« Norma seufzte entmutigt. »Je tiefer ich in diese Fälle eintauche, umso komplizierter erscheinen mir die Zusammenhänge.«
    »Wenn man den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht, braucht man Abstand.«
    Norma erhob sich. »Das sagen Sie, obwohl der Wald unser nächstes Ziel ist? Kommen Sie!«

32
    Sie brauchten den halben Nachmittag, um sich in dem unübersichtlichen Waldstück rings um den Golfplatz einen Überblick zu verschaffen, und der gewonnene Eindruck untermauerte die Annahme, dass sich Bernhard Inken durchaus ungesehen entfernen und mit dem Rad zum Rheinsteig hätte begeben können. Überall im Unterholz ließen sich denkbare Verstecke für ein Mountainbike nebst einer Golfausrüstung ausfindig machen, und der niedrige Maschendraht, der das Gelände umzäunte, stellte kein ernst zu nehmendes Hindernis dar. Normas Herz schlug schneller, als sie wieder im Wagen saß. So muss sich ein Spürhund fühlen, der eine Fährte aufgenommen hat, dachte sie und warf einen heimlichen Blick auf Ehlers. Der Anwalt hatte den Schlüssel eingesteckt, den Motor aber nicht angelassen, und strich mit den Fingern abwartend über das Lenkrad.
    Norma rief Milano an. »Habt ihr Inga gefunden?«
    Der Kommissar zeigte sich unwirsch. »Die Kleine war bei der Freundin und hat sich nach einer Stunde wieder davongemacht. Das Handy ist ausgeschaltet, und niemand hat eine Idee, wo sich das Mädchen aufhalten könnte. Die Fahndung läuft.« Er zögerte. »Die Kollegen werden sie finden. Mach dir keine Sorgen, Norma.«
    »Nicht mehr als du selbst, Luigi. Klappt das mit dem Gartenhaus?«
    »Wie besprochen. Die Hütte nehmen wir uns gleich am Montagmorgen vor.« Nun freue er sich auf das Wochenende und wolle zwei Tage lang nichts von Mord und Totschlag hören. Das Stadion warte auf ihn, und das halbe Kommissariat gehe mit. »SV Wehen Wiesbaden gegen FSV Mainz 05! Sogar Dirk wird dabei sein!«
    Würden die Kollegen ihn in Handschellen hinführen? Norma konnte sich nicht erinnern, dass Wolfert das Wort ›Fußball‹ jemals in den Mund genommen hätte.
    »Ich kann euch eine spannende Alternative anbieten«, begann sie vorsichtig und erklärte mit leidenschaftlichem Elan, welche Spuren am Golfplatz auf ihre Entdeckung warteten.
    Milano stöhnte auf. »Offenbar hast du keine Vorstellung davon, was für eine aufreibende Woche hinter uns liegt! Und da kommst du und verlangst, ich soll aufgrund eines hanebüchenen Verdachts eine Hundertschaft anfordern und einen Wald durchkämmen lassen? Am Wochenende? Wir haben unseren Mörder, Norma! Bis Montag will ich nichts davon hören!«
    Milano kappte das Gespräch; den zweiten Anruf konnte sie sich sparen. »Luigi ist nicht überzeugt von unserer Theorie. Ich fürchte, wir müssen uns übers Wochenende gedulden.«
    Ehlers ließ das Lenkrad in Ruhe. Sie spürte seinen Blick auf sich ruhen, als sie geradeaus auf den Parkplatz schaute. Am Wagen gegenüber lehnte ein Jogger und richtete seine Sportschuhe. Mit einem Mal packte sie eine verrückte Sehnsucht, es dem Mann gleichzutun und in den Wald hineinzurennen. Nur laufen. Ohne den geringsten Gedanken im Kopf.
    Der Anwalt wurde ungeduldig. »Ich will nicht untätig ausharren!«
    Norma sammelte ihre Gedanken. »Wollen wir mit Inken reden? Damit er nicht misstrauisch wird, fragen wir ihn nach seinem Freund Lambert. Mal sehen, wie sich das Gespräch entwickelt.«
    Ehlers startete den Motor. »Ich bin dabei. Ob er in seiner Wohnung

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