Rheinsteigmord - Kriminalroman
um den Limes. Es gibt da zum Beispiel die Römerwelt – mit Nachbildungen von alten Waffen und Belagerungsgeräten und so weiter.«
Fred trank einen Schluck. Er verstand. Die Römer am Rhein. Da konnte man touristisch schon was draus machen. Aber jetzt wurde es Zeit, zum Thema zu kommen.
»Wann haben Sie Professor Friesdorf getroffen?«
»Vorgestern. Sie sagten, er wäre verschwunden. Was ist passiert?«
»Er ist von seiner Reise nicht zurückgekommen. Eigentlich wollte er ganz woandershin. Seine Frau sprach von Frankreich, Belgien oder Holland.«
»Da war er auch. Danach kam er hier vorbei. Und mir hat er gesagt, er wolle bald nach Hause. Um ihr das mitzuteilen, hat er seine Frau angerufen.«
»Und dort ist er nicht angekommen. Was hat er von Ihnen gewollt? Hatte sein Besuch etwas mit dem Limes zu tun?«
Haustein schüttelte den Kopf. »Nein, sein Thema ist ein anderes.«
»Erster Weltkrieg. Das habe ich schon von seiner Frau erfahren.«
»Wir haben doch hier oben auf der Rheinbrohler Ley das Ehrenmal. Ich bin im Förderverein und kümmere mich um die Pressearbeit. Professor Friesdorf wollte eine Liste der Gefallenen haben.«
»Ein Ehrenmal? So ein Stein mit den Namen der Gefallenen hier aus dem Ort?« Fred kannte das aus vielen Gemeinden. Oft standen solche Denkmäler im Park, mal größer, mal kleiner. Manchmal war es auch nur eine Mauer.
»Es ist schon was Bedeutenderes. Das Ehrenmal ist einem Regiment gewidmet, das vor fast zweihundert Jahren gegründet wurde. Im Jahr 1813. Das 3. Rheinische Infanterie-Regiment Nr. 29. Es kämpfte zuletzt im Ersten Weltkrieg. Damals gab es dreitausendvierhundert Gefallene. Das Ehrenmal ist die Ersatzruhestätte für sie und eine bedeutende Rheinbrohler Sehenswürdigkeit. Unser Verein kümmert sich um den Erhalt.«
Fred wischte die Informationen innerlich beiseite. Er interessierte sich weder für den Krieg noch für irgendwelche Ehrenmäler. Immerhin wusste er jetzt, was der Professor hier gewollt hatte.
»Sagen Sie mir, was Friesdorf hier genau gemacht hat«, sagte er. »Wie sind Sie überhaupt in Kontakt gekommen?«
»Vorgestern rief er mich an und fragte, ob er mich treffen könne. Er telefonierte von unterwegs.«
»Hat er das gesagt?«
»Ja. Ich glaube, er war auf einem Bahnhof. Er hat gesagt, er wolle mit dem Zug herkommen. Mittags war er dann auch schon da, wir unterhielten uns über das Ehrenmal. Er kannte es natürlich. Eigentlich wollte er nur die Liste der Gefallenen. Wir haben sie als Datei.«
»Wie lange haben Sie sich unterhalten?«
Haustein überlegte. »Eine halbe Stunde höchstens. Ich versprach, ihm die Liste zu mailen. Er gab mir seine Adresse.«
»Hatte er Gepäck dabei?«
»Er hatte einen Rucksack. Er hat ihn aufgemacht, um seinen Laptop rauszuholen.«
Fred schrieb in sein Notizbuch, was Haustein gesagt hatte. »Ich verstehe nicht, warum er persönlich herkam, um diese Informationen zu erhalten. Hätte er das nicht telefonisch erfragen können? Ich meine, warum die Mühe? Er hatte doch sicher eine anstrengende Reise hinter sich und war schließlich schon fast zu Hause.«
»Ich glaube, es lag ihm daran, alles selbst zu sehen. Beziehungsweise mit einem von unserem Verein zu sprechen. Er hat gesagt, es gebe vielleicht neue Erkenntnisse über das Ehrenmal oder manche der Gefallenen, aber dafür müsse er noch etwas überprüfen. Ich hatte auch nicht das Gefühl, dass er müde war.«
»Sie meinen, er war einer von diesen älteren Herrschaften, die nur so vor Energie strotzen.«
»Genau. Als er sich verabschiedete, kündigte er an, zum Ehrenmal raufzugehen. Er hat mich gefragt, ob ich mitwill, aber ich hatte keine Zeit. Er ging also allein. Danach wollte er nach Hause fahren.«
»Das heißt, es führt ein Wanderweg zum Ehrenmal hinauf?«
Haustein lächelte. »Nicht irgendein Wanderweg. Einer der berühmtesten Wanderwege am Rhein. Der Rheinsteig führt direkt am Ehrenmal vorbei.«
Rheinsteig. Wieder so ein Schlagwort, das Fred schon mal gehört, aber nie mit irgendeinem Inhalt in Verbindung gebracht hatte. Haustein schien mit seiner Arbeit beim Förderverein ein Gespür für die Unwissenheit seiner Mitmenschen über dieses Thema entwickelt zu haben, denn er erklärte: »Der Rheinsteig ist ein Fernwanderweg mit Premiumauszeichnung. Mehr als dreihundert Kilometer lang. Er geht von Bonn nach Wiesbaden. Rheinbrohl ist eine bedeutende Stadt«, fügte er hinzu. »Schon wegen ihrer Lage.«
»Wieso? Weil der Rheinsteig daran vorbeigeht? Oder
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