Rheinsteigmord - Kriminalroman
schmalen hellgrauen Band dahin.
Gut, dachte Fred, den die kühle Luft frösteln ließ. Jetzt weißt du, wo Friesdorf war. Und nun? Was hast du erwartet? Dass hier jemand sitzt, der ihn gesehen hat? Hier oben ist kein Mensch. Und wer doch herkommt, wandert weiter, hat eine Strecke vor sich und ein Ziel. Er wartet nicht zwei Tage, damit du ihn befragen kannst.
Was konnte er als Nächstes unternehmen?
Erst mal ausruhen. Dann Frau Friesdorf anrufen. Vielleicht sagte ihr ja der Name Haustein etwas, und wenn ja, führte ihn das irgendwie weiter. Außerdem war es sicher gut, noch mal die Koblenzer Nummer zu probieren.
Im Inneren der Hütte lief eine Bank an der Wand entlang. Hier war es windgeschützt. Fred genoss es, sich hinsetzen zu können. Er atmete ein paarmal durch. Dann holte er sein Handy heraus. In Koblenz lief immer noch nur der AB .
Also gut, dann Frau Friesdorf.
Er wollte gerade wählen, da fiel ihm etwas auf. Vor ihm, am Geländer vor dem Abgrund, lag ein dunkler, länglicher Gegenstand auf dem Boden. Seine Farbe verschmolz fast mit dem bräunlichen Grau des Felsens. Fred stand auf und ging hin, um ihn aufzuheben. Es war ein Schirm. Einer von den praktischen Dingern, die man ganz klein machen und in eine Hülle stecken konnte.
Er nahm ihn und griff wieder zum Telefon. Frau Friesdorf meldete sich nach dem ersten Klingeln.
»Haben Sie etwas von Ihrem Mann gehört?«, fragte er.
»Ich warte schon die ganze Zeit auf Ihren Anruf, Herr Bleikamp. Sie haben vergessen, mir Ihre Handynummer zu geben.«
»Haben Sie sich in der Detektei danach erkundigt?«, fragte er erschrocken.
»Nein, ich dachte mir, dass Sie unterwegs sind. Und da habe ich eben gewartet.«
»Das ist gut. Wissen Sie, wir arbeiten sehr selbstständig an den Fällen. Mein Kollege wüsste auch gar nicht so gut Bescheid. Da ist es besser, Sie rufen immer gleich mich an. Natürlich gebe ich Ihnen meine Nummer. Aber ich hätte zuerst eine Frage an Sie.«
Fred fasste zusammen, was er herausgefunden hatte. Es war fast nichts, aber er bemühte sich, so gut es ging, das Nichts nach etwas aussehen zu lassen.
»Den Namen Haustein kenne ich nicht«, sagte Frau Friesdorf nach einigem Nachdenken.
Fred kam auf den Schirm zu sprechen. Die Wahrscheinlichkeit, dass er Professor Friesdorf gehörte, war zwar nicht besonders groß, aber sicher war sicher.
»Ja, wir haben einen solchen Knirps. Ich weiß aber nicht, ob mein Mann ihn dabeihatte. Warten Sie. Ich schaue nach.« Fred hörte ein schleifendes Geräusch, es klang wie das Öffnen und Schließen von Schubladen. »Er ist nicht hier«, sagte sie dann. »Es kann also unserer sein. Herr Bleikamp, ich glaube, meinem Mann ist etwas Schreckliches zugestoßen. Er lässt doch nicht einfach so seinen Schirm zurück. Er ist sehr pingelig mit seinen Sachen. Ich mache mir wirklich Sorgen.«
»Das bedeutet gar nichts, Frau Friesdorf. Vielleicht ist es überhaupt nicht sein Schirm. Ihr Mann hat sich hier oben zudem sicher intensiv mit seinen Forschungen beschäftigt und war in Gedanken, da kann man schon mal was liegen lassen, ohne es zu bemerken.« Es kommt schließlich nicht von ungefähr, dass man vom zerstreuten Professor spricht, dachte Fred, sagte es aber nicht. Stattdessen versprach er Frau Friesdorf, nach weiteren Spuren zu suchen und sich wieder zu melden. Er gab ihr seine Nummer und schärfte ihr noch einmal ein, ihn direkt auf dem Handy zu kontaktieren und nicht in der Detektei anzurufen.
Dann rief er ein zweites Mal in Koblenz an, jedoch wieder ohne Erfolg. Also nahm er sich das ganze Gelände der Ley und des Ehrenmals vor und suchte nach etwas, von dem er nicht wusste, was es war. Einen Gegenstand, den Friesdorf verloren haben könnte, etwa. Den er wie den Schirm aus Versehen zurückgelassen hatte.
Aber was soll das bringen?, warnte ihn eine innere Stimme immer wieder. Du weißt doch längst, dass er hier war. Du sollst herausfinden, wohin er gegangen ist. Fred suchte dennoch weiter. Ohne Erfolg.
Er setzte sich in den Unterstand am Ehrenmal. Noch eine kleine Pause, bevor er zurückwanderte. Er spürte ein Ziehen im Magen. Langsam bekam er Hunger. Kein Wunder. Es war schon nach fünf. Er hatte den ganzen Tag nichts gegessen. Der Fall, die Aussicht, mit Chandler unterwegs zu sein, sein Roman – all das hatte ihn so sehr in Beschlag genommen, dass er nicht daran gedacht hatte.
Ihm fiel ein, dass er sein Handy angelassen hatte. Seltsam, dass sich Charly gar nicht mehr meldete. Hatte er endlich kapiert,
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