Rheinsteigmord - Kriminalroman
flackern, und dann schob sich ein Streifenwagen vorbei. Er hielt neben dem Bulli. Zwei Uniformierte stiegen aus und betrachteten Chandler. Einer bückte sich und sah sich das Kennzeichen an.
Isabel stand auf und kam näher. Sie verströmte ein leichtes Aroma von Schweiß. »Ach du Scheiße«, sagte sie.
Fred schwieg und sah zu, wie die Beamten mit Taschenlampen auf das Grundstück leuchteten.
»Ob die jetzt über den Zaun klettern?«, fragte sie.
»Keine Ahnung.«
Die Beamten hielten sich noch eine Weile vor dem Tor auf – umgeben von dem gespenstisch flackernden Blaulicht. Einer setzte sich auf den Fahrersitz und sprach in das Funkgerät. Fred kam es vor, als könne er die Stimmen bis hierher hören.
»Wir sollten machen, dass wir hier wegkommen«, sagte er.
»Ich denke, das gilt in erster Linie für dich. Oder soll ich rausgehen und mit ihnen reden?«
»Du würdest dich nur verdächtig machen.«
Schweigend warteten sie, bis der Streifenwagen verschwand. Dann öffnete Isabel die Tür der Baracke.
»Und nun?«, fragte Fred.
»Vermutlich wissen sie nichts von dem Lager drüben.«
»Was meinst du?«
»Das Beste wird sein, du verbringst die Nacht dort. Und dann sehen wir weiter. Aber wie gesagt: Vorher erzählst du mir alles. Komm.«
* * *
Sie saßen bei trägem Funzellicht in einem alten Ford Taunus in einer der Garagen, in der Isabel zuvor auch Chandler untergebracht hatte. Das Wageninnere roch nach kaltem Zigarettenqualm.
Fred erzählte. Isabel hörte zu.
»Für mich könnte da auch was anderes dahinterstecken«, sagte sie, als Fred fertig war. »Diese Familie Ackermann hat was zu verbergen. Irgendein Familiengeheimnis.«
»Aber deswegen läuft man doch nicht mit einer Lebel aus dem Ersten Weltkrieg durch den Wald und schießt auf Leute. Oder setzt jemanden unter Drogen, um ihm einen Mord anzuhängen. Wenn ich mich recht erinnere, hat Gesine Ackermann außerdem gesagt, aus ihrer Familie sei niemand im Ersten Weltkrieg gewesen.«
Isabel schüttelte ihren kantigen Kopf. »Na und? Das heißt gar nichts. Du musst dich mal mit diesem Friedhelm Ackermann unterhalten. Dem alten Herrn. Ich kann mir gut vorstellen, wie das bei denen läuft. Wahrscheinlich ist er so eine Art Patriarch der Familie.«
»Aber wenn der Täter aus der Familie kommt, dann kann ich mich doch gleich selbst erschießen.«
»Wer redet denn von Erschießen?«
»Na, hör mal. Das Loch in Chandler, ich meine, in deinem Bulli, spricht doch eine deutliche Sprache.«
»Tut es. Aber wenn der Täter dich hätte erschießen wollen, dann wäre ihm das sicher auch gelungen. Zumal du ja eine ganze Nacht lang in seiner Gewalt warst, wenn ich das richtig verstanden habe.«
»Aber dabei ging es doch nur darum, mir den Mord an Friesdorf anzuhängen. Oder zumindest eine Mittäterschaft. Wenn ich jetzt zu den Ackermanns gehe, dann präsentiere ich mich wie auf einer Zielscheibe.«
Isabel hob die Schultern. »Die Frage ist doch, ob du in dieser Geschichte Täter oder Opfer sein sollst.«
»Ich muss da erst mal eine Nacht drüber schlafen … Das heißt, schlafen werde ich in diesem Wrack wohl nicht können. Soll ich nicht vielleicht doch lieber wegfahren? Und mir ein Hotelzimmer suchen oder so?«
»Ich denke, dass du hier sicher bist. Morgen früh musst du natürlich weg sein. Ich kann dir auch noch eine Decke geben. Und der Wagen hat Liegesitze. So was hatte man noch in den Siebzigern … Ich werde jetzt mal gehen. Falls die Bullen vor meiner Haustür stehen und mich vermissen.«
Minuten später war Fred allein. Er löschte das Licht in der Garage, tastete sich an der Seitenfront des Wagens entlang und streckte sich auf dem Sitz aus, den er mit Isabels Hilfe zurückgeklappt hatte. Er schloss die Tür, und plötzlich hatte er das Gefühl, sich in einem Vakuum zu befinden. Von der Außenwelt abgeschottet. Um ihn herum nichts als Dunkelheit.
Du bist hier sicher, sagte er sich. Und wenn auf einmal das Garagentor aufgeht und sich die Taschenlampen der Bullen auf dich richten, hast du eben Pech. Egal, wohin du gehst, es kann überall passieren. Du kannst dich mit einem Wagen in einen Wald stellen, und ein Spaziergänger oder ein Jogger sieht dich und verständigt die Polizei. Du kannst die Zeit auch auf einer Autobahnraststätte verbringen. Ein Streifenwagen ist dort wegen einer Routinesache, die Beamten haben deine Beschreibung, und sie erkennen dich.
Fred tastete nach seinem iPod. Als er das Gerät einschaltete, leuchtete es matt auf. Er
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