Rhönblut: Kriminalroman (German Edition)
geht und dann ihren Mann in einem Gewächshaus tötet?«
»Sie ist die Einzige, die wir momentan haben.«
»Was ist mit dem Junkie?«
»Wurde gerade aus der U-Haft entlassen. Sonst irgendwelche Informationen, die uns weiterhelfen könnten?«
»Ja. Frau Karstensen war so frei und hat uns die Namen der Freunde ihres Mannes aufgeschrieben. Der Zettel liegt auf meinem Schreibtisch.«
»Okay.«
»Und wir haben die Person ermittelt, mit der Karstensen am Abend seines Todes noch essen war. Ich habe ihn mit der Liste der Witwe verglichen. Und siehe da, der Name befindet sich tatsächlich auf der Liste, ich habe ihn mit einem Stern markiert.«
»Prima, Ammer. Sie entwickeln sich noch zu meinem Lieblingskollegen.«
Ammer wusste nicht, wie er diese Aussage bewerten sollte. Machte sich der Kommissar etwa lustig über ihn? Seeberg war zu Ammers Schreibtisch gegangen und suchte den Zettel.
»Hier ist kein Zettel.«
»Ein gelber Post-it, der auf der Akte vorne draufklebt.«
Jetzt sah Seeberg ihn. Er zog den Post-it von der Akte und hielt den Zettel so weit vor seine weitsichtigen Augen, dass er die Namen darauf entziffern konnte. Er überflog die kurze Liste auf dem Zettel. Er fand den Namen mit dem Kreuzchen dahinter und schluckte. Was hatte ausgerechnet J.-P. Pfeifer mit Karstensen zu tun? Wenn das tatsächlich der Mann war, den er vermutete, würde es die Brisanz des Falls noch steigern.
»Sind Sie noch da, Seeberg?«
»Ja, ich bin noch da. Aber ich muss nochmal los. Wir sehen uns dann später wieder hier im Präsidium.«
»Wohin gehen Sie?«
»Einen alten Freund besuchen. Zumindest glaubte ich früher einmal, dass er ein Freund sei. Jetzt ist er nur noch ein ehemaliger Kollege.«
13.
»Klaus? Das ist aber eine Überraschung. Was führt dich zu uns?«
Der Kommissar nickte mit düsterer Miene. »Darf ich hereinkommen?«
»Ja, natürlich.«
Jan-Philip Pfeifer ging den Flur voran ins Wohnzimmer der großzügigen Eigentumswohnung. Teure Gemälde und Antiquitäten säumten links und rechts den Weg des Kommissars. Seeberg musste mit seinen Emotionen kämpfen. Er hatte Pfeifer seit der Verhandlung nicht mehr gesprochen. Damals waren Pfeifer und er Partner in einer Spezialeinheit gewesen – bis gegen sie wegen Vorteilsnahme ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden war. Sie hatten zusammen undercover im Rotlichtmilieu gearbeitet. Seeberg war erbost darüber, wie man seitens der Leitung überhaupt solche Anschuldigungen äußern konnte. Nie hatte sich das Ermittlerteam etwas zuschulden kommen lassen. Doch im Verlaufe der Verhandlung kamen Unregelmäßigkeiten ans Tageslicht, die nur den Schluss zugelassen hatten, dass vor Razzien im Drogenmilieu Informationen an Verdächtige weitergeleitet worden waren. Es brauchte nicht viel, um eins und eins zusammenzurechnen und zu erkennen, dass Pfeifer wohl mehr als einmal die Hand fürdiese Informationen aufgehalten hatte. Aufgrund von Formfehlern wurde das Verfahren jedoch eingestellt. Am nächsten Tag bat Seeberg um seine Versetzung und arbeitete seither für das Morddezernat. Von Pfeifer hatte er bis zum heutigen Tag kein Lebenszeichen mehr gehört. Er wusste nur, dass er im Anschluss zur Spurensicherung versetzt worden war und dort sogar als Ausbilder für Polizeianwärter arbeitete. Welch ein Hohn!
»Malee, sieh nur, wer gekommen ist.«
Aus der Küche kam Pfeifers Ehefrau Malee herüber. Seeberg wunderte es, dass er noch immer mit ihr zusammen war, oder besser gesagt, sie mit ihm. Er hätte darauf gewettet, dass sie ihn längst verlassen hatte. Sie war einige Jahre jünger und eine äußerst attraktive Frau. Sie war Asiatin, aber schon seit vielen Jahren in Deutschland und sprach fast akzentfrei, wobei der Kommissar sich auch gar nicht erinnern konnte, welcher Nationalität sie ursprünglich war. Filipina? Thai?
»Klaus, das gibt’s doch nicht, wir haben uns ja Jahre …«
»Ja, ich weiß«, fiel ihr der Kommissar ins Wort. Er wollte keine alten Wunden aufreißen.
»Wir haben gehört, was mit deiner Tochter passiert ist. Das tut uns wirklich sehr leid.«
»Danke, Malee.«
Pfeifer deutete auf das Ledersofa, während er sich an einer kleinen Bar einen Whiskey eingoss. Seeberg zog es vor, stehen zu bleiben
»Die Kollegen haben den Täter erwischt, nicht wahr?«
»Ja, er sitzt ein.«
»Gut. Ich hoffe dieses Monster verreckt hinter Gittern.« Pfeifer nahm einen Schluck aus seinem Glas. Die Schärfe des Alkohols ließ ihn kurz die Mundwinkel verziehen. »Magst du
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