Rhosmari - Retterin der Feen
drei Tage waren seit ihrer Abfahrt aus Manchester vergangen und sie waren in dieser Zeit keiner einzigen Fee begegnet, die ihnen bei ihrer Suche weiterhelfen konnte. Da sie nicht wieder einen Spürzauber verwenden wollten, waren sie für ihre Suche auf den Straßen von Birmingham allein auf Verstand und Gefühl angewiesen. Rhosmaris Geruchssinn war besser als der von Martin, sie hatte deshalb als Erste die Witterung des flüchtigen grünen Dufts aufgenommen, der verriet, dass andere Feen sich in der Nähe aufhielten. Doch als sie die anderen Feen endlich aufgespürt hatten, hatte Rhosmari auf Martins Geheiß zurückbleiben und ihn sprechen lassen müssen.
»Kein Diener der Kaiserin hat uns bisher zusammen gesehen«, sagte er, »auch die Schwarzen Flügel nicht, und das soll möglichst so bleiben. Außerdem kann ich beurteilen, mit welchen Feen man reden kann und mit welchen nicht.« Er sah Rhosmari mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Im Unterschied zu dir.«
Er hatte natürlich recht. Rhosmari war zunehmend dankbar dafür, wie Martin auf sie aufpasste und ihr durch seine Fürsorge vergalt, dass sie ihm das Leben gerettet hatte. Zwar hatte sie ihm Ziel und Zweck ihrer Reise noch immer nicht verraten, aber nicht aus mangelndem Vertrauen, sondern aus Angst, dass er versuchen könnte, sie von ihrem Vorhaben abzubringen … und dass sie versucht sein könnte, darauf einzugehen, nachdem sie erlebt hatte, was mit Llinos passiert war.
Sie hatte sich also klein gemacht, war zum Dach hinaufgeflogen und hatte angestrengt gelauscht, während Martin unten auf der Straße mit den beiden fremden Feen sprach. Das eine oder andere Wort hatte sie aufgeschnappt und gespürt, dass die anderen Feen genauso vorsichtig waren wie Martin und nicht frei sprechen wollten. Standen sie unter der Gewalt der Kaiserin und fürchteten deren Strafe, falls sie nicht gehorchten? Oder waren sie wie Martin frei, wollten aber möglichst lange neutral bleiben?
Nicht dass es jetzt noch eine Rolle spielte. Martin war zurückgekehrt und die fremden Feen waren verschwunden.
»Es ist schon spät.« Martin blickte zum Himmel auf, an dem in diesem Moment ein bleicher Halbmond zwischen den Wolken erschien. »Aber einige Blocks von hier entfernt steht ein Theater und dort beginnt in einer halben Stunde eine Aufführung von My Fair Lady .« Er hielt Rhosmari die Hand hin. »Komm.«
Rhosmari zögerte. Sie hatten einen langen, aufreibenden Tag hinter sich und ein wenig Ablenkung erschien ihr verlockend. Doch aufgrund der Ausgaben für Nahrungsmittel, Transport und Unterkunft für zwei Nächte neigte sich ihr Geldvorrat alarmierend rasch dem Ende zu.
Martin kam ihren Einwänden wie immer zuvor. »Ich kenne den Inspizienten ein wenig. Er hat früher bei Lyn und Toby gearbeitet. Ich brauche nur am Hintereingang vorbeizugehen und Freikarten abzuholen, also …«
Er winkte ihr mit den Fingern und Rhosmari nahm mit einem widerstrebenden Lächeln seine Hand.
»Bitte sehr«, sagte Martin, als er nach draußen zurückkehrte, und überreichte Rhosmari ihre Karte. »Wollen wir?«
Sie stellten sich an der Schlange der menschlichen Theaterbesucher an. Als sie sich dem Eingang näherten, sah Rhosmari zu ihrer Erleichterung, dass zwei Menschen die Tür aufhielten – das bedeutete ganz eindeutig eine Einladung und sogar eine Fee konnte daraufhin ungehindert eintreten. Auf Martins Anweisung gab sie einem der beiden ihre Karte und der Mann riss sie zu ihrer Überraschung auseinander und gab ihr die eine Hälfte zurück. Vielleicht musste sie ihm nach der Vorstellung die andere Hälfte geben, dachte sie, und steckte sie vorsichtshalber in die Tasche.
Sie traten durch die Tür in ein kleines, muffig riechendes Foyer. Hier drängten sich bereits die anderen Besucher und plauderten über Geld und das Wetter. Da Feen sich nicht ohne Anlass miteinander unterhielten, warteten Rhosmari und Martin stumm, bis die innere Tür aufging und sie den Saal betreten konnten.
»Hier entlang«, sagte Martin mit einem Blick über die Schulter und dirigierte sie zu Plätzen am hinteren Ende. Zuerst war Rhosmari enttäuscht, dass sie so weit weg von der Bühne saßen – alle anderen Plätze kamen ihr besser vor. Doch als das Licht ausging und im Dunkeln ganz unerwartet Musik erklang, hielt sie den Atem an. Sie hatte mit einer Geschichte in Worten gerechnet, nicht auch noch in Musik. Fast hätte sie vor Begeisterung Martin den Arm gedrückt.
Zuerst wirkten die Schauspieler noch befangen. Ihre
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