Rhosmari - Retterin der Feen
… bist du etwa eifersüchtig?«
Rhosmari spürte, wie ihr Gesicht ganz heiß wurde. Sie wusste nicht, was sie antworten sollte, also hob sie nur das Kinn und ging schneller.
Martin lachte.
Sie verließen Cardiff mit dem nächsten Zug in Richtung Manchester. An den Fenstern lief der Regen entlang und Rhosmari sah die Landschaft draußen wie durch einen Schleier. Zuletzt sah sie nur noch schemenhaft ihr eigenes Spiegelbild.
»Erzähl mir mehr von der Kaiserin«, sagte sie zu Martin und lehnte sich zurück. »Woher kommt sie? Warum will sie unbedingt über alle Feen herrschen?«
Martin zuckte die Schultern. »Ich weiß nur, dass sie mächtig und skrupellos ist und die Menschen verachtet – obwohl dahinter vielleicht mehr Ironie steckt, als wir ahnen. Sie sieht aus wie ein Engel aus Porzellan, mit einem süßen Lächeln und blonden Locken. Aber in der Schlacht im Refugium habe ich für einen kurzen Moment ihr wahres Gesicht gesehen und es war alt und runzlig. Entweder der Gebrauch schwarzer Magie hat sie altern lassen oder …« Er strich sich nachdenklich mit einem Finger über das Kinn. »Oder sie war früher selbst ein Mensch.«
Doch das konnte Rhosmari nicht glauben. Warum sollte die Kaiserin die Menschen hassen, wenn sie früher selbst einer gewesen war? »Wahrscheinlich ist sie einfach schon sehr alt«, sagte sie. »Hält sie sich für unsterblich? Oder hat sie eine Vorstellung, wie es mit ihrem Reich weitergehen soll, wenn sie einmal nicht mehr da ist?«
»Sie hat einige Stellvertreter, denen sie vertraut und die ihr seit Jahren dienen«, sagte Martin. »Dazu gehören natürlich die beiden Schwarzen Flügel, Corbin und Byrne. Aber eine andere Fee, Veronica, steht ihr im Geist sogar noch näher. Gerüchten zufolge hat die Kaiserin sie bereits in das Geheimnis ihrer Macht eingeweiht. Wenn du also glaubst, wir bräuchten nur einige Jahre zu warten, bis die Kaiserin stirbt …« Er lächelte schwach. »Dann irrst du dich.«
Rhosmari nickte widerstrebend. Natürlich konnte die Lösung nicht so einfach sein. Sie begriff allmählich, warum es für Garan so wichtig gewesen war, den Festlandsfeen zu helfen – obwohl sie sich um der Kinder des Rhys willen immer noch wünschte, er hätte es nicht getan.
»Aber genug von diesen trübsinnigen Reden«, meinte Martin. »Erzähl mir von der Welt, aus der du kommst.«
In seinem Blick lag lediglich Neugier und Rhosmari war überzeugt, dass er nichts Böses im Schilde führte. Aber durfte sie einem fast Fremden die Geheimnisse der Kinder des Rhys anvertrauen? »Das … geht nicht«, sagte sie.
»Na komm, irgendetwas musst du mir doch erzählen können. Wer ist dieser Landsmann von dir, der sich den Rebellen angeschlossen hat? Warum liegt dir so viel daran, ihn zu finden?«
Rhosmari biss sich auf die Lippen. Sie fühlte sich hin- und hergerissen zwischen der Versuchung, Martin in alles einzuweihen, und der Angst davor, was dann passieren würde. Wie gerne hätte sie ihre Sorgen mit jemandem geteilt. Doch Martin verdankte seine Freiheit dem Namensstein. Was würde er sagen, wenn er wüsste oder auch nur ahnte, dass sie den Namensstein zurückholen wollte?
»Tut mir leid«, sagte sie schließlich. »Ich weiß zu schätzen, was du für mich getan hast, aber es geht nicht.«
Martins Kiefermuskeln traten hervor und sie spürte, dass sie ihn gekränkt hatte. »Gut«, sagte er nur.
Die Straßen von Manchester lagen öde im Regen da, und Rhosmari, die hinter Martin aus dem Bahnhof trat, schlug den Kragen ihrer Jacke hoch. Menschen gingen auf beiden Seiten an ihnen vorbei. Nur wenige streiften Rhosmari mit einem Blick und niemandem schien etwas an ihr aufzufallen. Sie war froh, dass sie Martins Rat gefolgt war und den alten Mantel in Cardiff gelassen hatte.
Sie folgten dem Gehweg eine Zeit lang. »Wohin sind wir unterwegs?«, fragte Rhosmari schließlich.
»Zu einem Ort, an dem wir ungestört sind«, antwortete Martin. Er hatte seit einigen Stunden nichts gesagt, klang aber zu ihrer Erleichterung nicht wütend, sondern nur abwesend. »Für einen Spürzauber muss man sich konzentrieren und ich will dabei nicht gestört werden.«
»Spürzauber?«, fragte Rhosmari. »Ist das dasselbe wie ein Suchzauber?«
»Nicht genau. Mit einem Suchzauber sucht man nach einer bestimmten Person und man braucht dafür einen Gegenstand dieser Person. Mit einem Spürzauber sucht man nur allgemein nach Feen in der näheren Umgebung.«
Rhosmari hatte davon noch nie gehört, war aber nicht
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