Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rhosmari - Retterin der Feen

Rhosmari - Retterin der Feen

Titel: Rhosmari - Retterin der Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
Vom Netzwerk:
aufgedruckt. Diese Karte dagegen war weiß und leer.
    »Die Eichenfeen sind mit den Menschen befreundet«, sagte Martin, der den Blick immer noch auf das Haus gerichtet hatte. »Vielleicht kennen sie die Menschen, die hier wohnen, und haben eine Abmachung mit ihnen getroffen …«
    »Du hast mich angelogen«, sagte Rhosmari tonlos, die Karte in der Hand. »Du bist eine Fee und hast gelogen. Wie ist das möglich?«
    »Was?« Martin fuhr herum. »Wovon sprichst du?«
    »Du hast behauptet, der Inspizient hätte dir die Karten geschenkt. Aber in Wirklichkeit hast du gar nicht mit ihm gesprochen. Deshalb hast du auch die schlechtesten Plätze gewählt, damit niemand sie uns streitig macht. Weil du gelogen hast.« Sie warf die falsche Karte vor ihm auf den Boden.
    Martin runzelte die Stirn, als wäre er bestürzt. Doch als er sprach, klang seine Stimme kalt. »Und? Du brauchtest eine Ablenkung und ich habe sie dir verschafft. Und die Schauspieler haben viel besser gespielt, weil wir da waren, man könnte also mit Recht sagen, dass wir uns die Karten verdient haben. Aber wenn dich ein harmloser Trick so sehr empört, dann fahr doch nach Birmingham zurück und bezahl die Karten.«
    Er kehrte ihr den Rücken zu und ging auf das Haus zu.
    Rhosmari blieb unter den Bäumen stehen. Ihr Zorn schwand. Martin hatte nicht unrecht. Sie hatten den Schauspielern durch ihre Anwesenheit geholfen. Zwar hatten sie keine Abmachung mit ihnen getroffen, was Rhosmari lieber gewesen wäre, aber Martin hatte gewollt, dass sie das Stück sah, und sie hatte ihm durch ihr Gejammer über das wenige Geld keine andere Wahl gelassen. Wer von ihnen hatte also mehr an den anderen gedacht?
    Ihr fiel ein, was Timothy zu den Ältesten gesagt hatte, die den Eichenfeen nur hatten helfen wollen, wenn sie vorher eine Prüfung bestanden. Was nützen Eure Gebote, hatte er gesagt, wenn sie nur denen helfen, die schon vollkommen sind? »Selbstgerecht« hatte er die Kinder des Rhys genannt. Und obwohl Rhosmari den Menschen insgesamt nach wie vor nicht traute, dachte sie jetzt doch, dass Timothy vielleicht recht gehabt hatte.
    »Warte!«, rief sie Martin nach, aber er drehte sich nicht um. Sie rannte hinter ihm her. »Tut mir leid«, keuchte sie, »ich war nur … überrascht.«
    Was auch stimmte. Ihrer Erfahrung nach konnten Feen zwar die Wahrheit auf irreführende Weise aussprechen und einige waren sogar zu Spott oder Späßen fähig. Aber sie hätte nie gedacht, dass eine Fee offen lügen konnte. Vielleicht hatte Martin es von seinen Freunden unter den Menschen gelernt … Doch das war jetzt nicht wichtig.
    »Ich weiß, dass du nur nett zu mir sein wolltest«, sagte sie. »Und das warst du auch. Ich darf dir deswegen keine Vorwürfe machen, zumal nachdem du gestern Abend für mich dein Leben riskiert hast. Kannst du mir verzeihen?«
    Martin sah sie ausdruckslos an und sie fürchtete schon, er würde ihre Entschuldigung nicht annehmen. Doch dann nickte er und nahm ihre Hand. Gemeinsam kehrten sie zum Haus zurück.
    »Klopf lieber du an«, sagte Martin, während sie die Eingangstreppe hinaufstiegen. »Wenn sich unter den Rebellen Kinder des Rhys befinden, werden sie dich willkommen heißen. Ich warte dann, bis du sie davon überzeugt hast, dass man mir vertrauen kann – das heißt, wenn du das noch glaubst.«
    Seine letzten Worte klangen bitter und Rhosmari wurde rot. »Ich vertraue dir«, sagte sie fest. Sie ergriff den an der Tür angebrachten Messingring und klopfte.
    Zuerst antwortete niemand. Der kleine Hund kam keuchend hinter ihnen die Treppe herauf und blieb erschöpft neben Rhosmari sitzen. Ob man sie drinnen überhaupt gehört hatte? Rhosmari hob den Ring an, um noch einmal zu klopfen …
    Da ging die Tür knarrend auf und gab den Blick frei auf eine gebrechlich aussehende Menschenfrau mit kurz geschnittenen weißen Haaren. Der Hund watschelte aufgeregt auf sie zu, doch sie hielt ihn mit dem Fuß an. »Ja?«, fragte sie höflich.
    »Wir sind auf der Suche nach unseren Freunden«, sagte Martin, bevor Rhosmari antworten konnte. »Dürfen wir hereinkommen?«
    Die Frau runzelte die Stirn und legte den Kopf schräg, als lausche sie auf etwas. Dann trat sie zurück und bedeutete ihnen einzutreten. »Ist das Ihr Hund da draußen?«, fragte Rhosmari, aber da hatte ihre Gastgeberin die Tür schon wieder geschlossen.
    »Hier entlang«, sagte sie.
    Waverley Hall war mit seinen kostbaren Teppichen, hohen Decken und goldgerahmten Gemälden innen genauso prächtig wie

Weitere Kostenlose Bücher