Rhosmari - Retterin der Feen
andere Möglichkeit. Meine Untertanen zu beaufsichtigen ist ermüdend und erniedrigend für beide Seiten. Ich wäre froh, wenn es nicht sein müsste, und versuche mich möglichst zurückzuhalten.«
Ihr Blick wurde abwesend und richtete sich auf eine dämmrige Ecke des Zimmers. »Aber ich bin nur eine Fee, die eine schwere Last trägt. Ich muss das Wohl meines Volkes im Auge behalten, das viele meiner Untertanen gar nicht kennen. Und ich bin oft betrogen worden. Leute, denen ich vorbehaltlos geglaubt habe, haben mein Vertrauen grausam missbraucht. Kann man mir wirklich vorwerfen, dass ich mir der Treue meiner Untertanen absolut sicher sein will, statt nur darauf zu hoffen?«
»Aber ich bin nicht Eure Untertanin«, erwiderte Rhosmari. »Ich gehöre überhaupt nicht zu Eurem Volk. Ihr habt kein Recht …«
»Entschuldige«, sagte die Kaiserin, »aber ich durfte nicht riskieren, dich zu verlieren, bevor wir Gelegenheit hatten, uns zu unterhalten. Du kannst dir ja gar nicht vorstellen, was für Sorgen ich mir gemacht habe, als ich vom Namensstein hörte und erfuhr, dass dein Volk ihn Rob gegeben hatte, um ihm bei seinem Aufstand zu helfen. Ich musste annehmen, dass die Kinder des Rhys mich stürzen und an meiner Stelle herrschen wollten.«
Der Schreck verschlug Rhosmari den Atem und es überlief sie kalt. »Ihr glaubt … Ihr habt wirklich geglaubt, wir wollten gegen Euch Krieg führen?«
»Ich hoffte es nicht, wusste aber auch nichts Sicheres«, erwiderte die Kaiserin. »Sogar meine besten Quellen konnten mir wenig über dein Volk und seine Geschichte sagen. Ich versuchte herauszufinden, wo ihr lebt, um Boten mit einem Friedensangebot zu euch zu schicken, aber vergeblich. Als Martin deshalb anbot, sich freizukaufen, indem er mir ein Kind des Rhys zuführte …« Sie breitete die Hände aus. »Wie konnte ich das ablehnen?«
Rhosmari ließ ganz langsam die Luft entweichen. Sie glaubte zwar trotz allem nicht, dass die Herrschaft der Kaiserin über ihr Volk rechtmäßig war, und verabscheute Martins Betrug aus tiefster Seele. Aber wenn es sich um ein Missverständnis handelte und ein Friedensschluss möglich war, bevor ihre Mutter eine Armee entsandte, musste sie das ausnutzen.
»Wir wollten Rob den Namensstein gar nicht geben«, sagte sie. »Er wurde uns gestohlen und der Dieb gab ihn Linde und Timothy, die ihn zu den Rebellen brachten. Wir wollen keineswegs Krieg gegen Euch führen oder Euer Reich zerstören. Wir wollen nur den Stein zurückhaben.«
Die Kaiserin sah sie überrascht an. »Wirklich? Ich brauche also nicht zu fürchten, dass dein Volk mich angreift oder den Rebellen hilft?« Sie klatschte in die Hände. »Das ist die beste Nachricht, die ich mir vorstellen kann!«
»Mein Volk hat geschworen, dass es niemals Blut vergießen wird«, sagte Rhosmari. »Nie würden wir willentlich Krieg gegen Euch führen. Wir wollen nur in unserem Land in Frieden leben.«
»Du weißt ja gar nicht, wie mich das beruhigt«, erklärte die Kaiserin. »Aber warum bist du dann in mein Reich gekommen? Wohin wolltest du, als du Martin begegnet bist?«
»Zu den Rebellen. Ich hatte gehört, dass sie den Stein haben, und wollte sie dazu überreden, ihn uns zurückzugeben.«
Die Kaiserin warf den Kopf in den Nacken und lachte herzhaft. »Glaubst du wirklich, dass du das kannst? Verzeih mir, wenn ich unhöflich klinge, aber nur ein Kind kann so naiv sein. Jetzt, wo die Rebellen die Macht des Steins kennengelernt haben, werden sie ihn nie wieder herausrücken. Warum sollten sie?«
Rhosmari hielt den Atem an und bohrte die Finger in die Armlehnen ihres Sessels. Der Stein war also nicht in der Schlacht um die Eiche verloren gegangen oder der Kaiserin in die Hände gefallen. Die Rebellen hatten ihn noch, wo auch immer sie sich aufhielten.
»Wenn ich auch nur entfernt für möglich halten würde, du könntest den Stein von den Rebellen bekommen, würde ich dich augenblicklich freilassen«, fuhr die Kaiserin fort. »Ich wäre froh, wenn er zu seinen rechtmäßigen Besitzern zurückkehren und mir und meinem Volk nie mehr Angst machen würde. So aber muss das leider warten, bis ich diese lästige Rebellion niedergeschlagen habe.«
Sie stand auf und schenkte Rhosmari ein mütterliches Lächeln. »Siehst du, wie leicht es ging? Ich brauchte dich kein einziges Mal zu einer Antwort zu zwingen. Hoffentlich führen wir auch in Zukunft so angenehme Gespräche. Aber jetzt bin ich von der vielen Aufregung müde und du bist es sicher auch. Am
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