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Rhosmari - Retterin der Feen

Rhosmari - Retterin der Feen

Titel: Rhosmari - Retterin der Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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leeren Schüssel und Rhosmari füllte sie wieder auf. Dann setzte sie sich Sarah gegenüber an den Tisch. »Wie lange ist das her?«
    »Drei Wochen, aber es kommt mir vor wie eine Ewigkeit«, sagte Sarah resigniert. »Anfangs glaubte ich noch, ich bräuchte nur ins Dorf zu gehen oder zu telefonieren, aber das ist unmöglich. Ich komme nur bis zum Ende des Parks, dann muss ich umkehren, und wenn jemand anruft oder an der Tür klingelt, kann ich nur sagen, es gehe mir gut und das Wetter sei schön. Aber es kommt sowieso nur noch der Lieferant vom Lebensmittelgeschäft und ihm scheint nichts aufzufallen.«
    Nein, natürlich nicht, dachte Rhosmari. Offenbar hatte die Kaiserin eine magische Zone um das Haus errichtet und vielleicht zusätzlich einen Abwehrzauber gesprochen, um unerwünschte Gäste fernzuhalten.
    »Vor einem Jahr ist mein Mann gestorben«, fuhr Sarah fort, »und ich habe keine Kinder. Nach der Beerdigung hätte ich das Haus verkaufen sollen, aber ich brachte es nicht fertig, mich von all den Erinnerungen zu trennen … und woher hätte ich wissen sollen, dass so etwas … Oh!« Sie blickte hinunter und in ihren Augen standen wieder Tränen. Isadora war zum Tisch getrottet und hatte den Kopf zu Füßen ihrer Herrin auf den Boden gelegt.
    »Isadora ist alles, was ich noch habe«, murmelte Sarah. »Und ich kann sie nicht einmal berühren.«
    Beim Gedanken an die Grausamkeit der Kaiserin wurde Rhosmari ganz wütend. Sie beugte sich hinunter und hob Isadora auf den Tisch. Dann nahm sie Sarahs Hand und legte sie dem Hund auf den Kopf.
    »Jetzt kannst du es«, sagte sie.
    »Du hattest hoffentlich einen schönen Nachmittag?«, fragte die Kaiserin, als Rhosmari zu ihr ins Arbeitszimmer zurückkehrte.
    Sie lächelte und Rhosmari, die noch an Isadoras Leiden und Sarahs hilflose Tränen denken musste, konnte nur mit Mühe ihre Abscheu verbergen. Wenn sie ihre wahren Gefühle zeigte, würde die Kaiserin bestimmt fragen, was ihr fehlte. Also beantwortete sie die Frage nur mit einem Lächeln und hoffte, dass sie bei ihren Theaterbesuchen wenigstens etwas gelernt hatte.
    »Setz dich bitte«, fuhr die Kaiserin fort und zeigte auf den Stuhl vor ihrem Schreibtisch. »Ich habe über die Kinder des Rhys nachgedacht und darüber, was du mir erzählt hast. Sie haben sich dem Frieden verpflichtet, sagst du? Seit wann folgen sie diesem Gebot oder Brauch, nenne es, wie du willst?«
    »Seit tausend Jahren«, antwortete Rhosmari.
    »Tausend! Wahrhaftig ein friedliebendes Volk. Aber sag doch, wie viele Kinder des Rhys gibt es?«
    Rhosmari hätte nie gedacht, dass sie als Wissenschaftlerin noch einmal froh sein würde, etwas nicht zu wissen. Jetzt war sie es. »Wir zählen das nicht so genau.«
    »Aber du kannst es doch bestimmt schätzen«, beharrte die Kaiserin. »Seid ihr fünfzig? Oder hundert?«
    Rhosmari rutschte unbehaglich auf ihrem Stuhl hin und her. »Ich weiß es wirklich nicht.«
    »Ich glaube schon«, meinte die Kaiserin freundlich. »Und du wirst es mir jetzt sagen.«
    »Etwa achthundert.« Rhosmari hätte sich am liebsten die Zunge abgebissen.«
    »Oh«, rief die Kaiserin. »Das … sind mehr, als ich dachte.«
    »Wirklich?« Rhosmari versuchte, das Thema zu wechseln. »Wie viele Feen leben denn auf dem Festland?«
    »Weniger, als du vielleicht glaubst«, antwortete die Kaiserin abwesend. »Wir leben weit verstreut und haben nicht so viele Kinder.«
    Das hatte für Feen natürlich schon immer gegolten, wenn man den alten Geschichtsbüchern glauben durfte, die Rhosmari gelesen hatte. Früher hatten Feen sogar häufig ungewollte Kinder der Menschen adoptiert, um die eigenen Reihen aufzufüllen. Auch die Kinder des Rhys hatten es getan, obwohl Rhosmari sich an keine Fälle zu ihren Lebzeiten erinnern konnte.
    »Achthundert«, murmelte die Kaiserin. »So viele Verbündete zu haben wäre ein großer Vorteil. Andererseits …« Sie richtete den Blick wieder auf Rhosmari. »Ich muss mehr über deine Leute wissen, ehe ich entscheide, wie ich sie am besten anspreche … Was könnten sie mir denn anbieten?«
    Rhosmari wollte schon sagen, dass die Ältesten sich auf keinen Handel mit ihr einlassen und sich nicht von ihrer freundlichen Fassade täuschen lassen würden. Aber sie hatte auch nicht damit gerechnet, dass ihre Mutter je daran denken könnte, eine Armee zum Festland zu entsenden. Keine ihrer früheren Überzeugungen erschien ihr noch sicher. Die Kaiserin beugte sich vor und sah sie mit funkelnden Augen an. Rhosmaris Kehle

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