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Rhosmari - Retterin der Feen

Rhosmari - Retterin der Feen

Titel: Rhosmari - Retterin der Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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machen. Doch dann wandte die Kaiserin sich plötzlich an sie. »Schlag ihn, Rhosmari«, befahl sie.
    Wie von selbst schnellte ihr Arm vor. Sie legte ihre ganze Kraft in die Bewegung. Klatschend traf ihre Hand Martins Wange und die Fingerknochen taten ihr weh und ihr Handteller brannte wie Feuer. Martin taumelte zurück und wäre fast gestürzt, doch er fing sich wieder und hob einen Mundwinkel.
    »Das hat bestimmt Spaß gemacht«, sagte er.
    Rhosmari schluckte die Übelkeit hinunter, die in ihr aufgestiegen war. Sie hatte noch nie jemanden geschlagen. »Nein«, sagte sie leise, doch noch während sie es sagte, wusste sie, dass es eine Lüge war.
    »Dein Angebot interessiert mich nicht«, wandte die Kaiserin sich an Martin. »Ich weiß schon alles über die Eiche, was ich wissen muss. Deshalb ein letztes Mal, bevor ich die Geduld verliere: Gib mir deine Hand. «
    Martin erwiderte ihren Blick, ohne sich zu rühren.
    »Oder«, fuhr die Kaiserin im Plauderton fort, »ich befehle Rhosmari, die Kontrolle über deine Gedanken zu übernehmen, und dann lässt sie dich durch das Zimmer tanzen wie einen Clown, bis du vor Erschöpfung tot umfällst. Ist dir das lieber?«
    Rhosmari bekam vor Schreck eine Gänsehaut. Bitte lass es nicht dazu kommen, bat sie Martin stumm. Gib ihr, was sie will. Bitte …
    Martins Lippen bewegten sich in einem Fluch oder Gebet. Dann hob er die geballte Faust, streckte nacheinander die Finger aus und hielt sie der Kaiserin mit dem Handteller nach oben hin. Rhosmari wandte sich ab, um nicht sehen zu müssen, was als Nächstes passierte.
    »Was befehlen Eure Kaiserliche Majestät?«, fragte Martin, sobald die Kaiserin fertig war. Er klang weder spöttisch noch aufsässig, denn er wusste, dass er ihr jetzt, wo sie seinen Namen hatte, nicht mehr offen trotzen durfte.
    »Schließe dich meinen anderen Dienern an und hilf mit, eine neue Armee zu rekrutieren«, sagte die Kaiserin. »Fange so viele Abtrünnige und Rebellen ein, wie du kannst, und bringe sie selbst oder einen Blutstropfen von ihnen zu mir. Aber entferne dich nicht zu weit von hier. Ich möchte dich jederzeit rufen können.«
    Martin nickte, warf Rhosmari einen unergründlichen Blick zu und verschwand mit einem Sprung aus dem Zimmer. Die Kaiserin seufzte, setzte sich und breitete ihre seidene Robe um sich aus. »Es ist so lästig, die Leute zu dem zwingen zu müssen, was für sie selber am besten ist«, sagte sie. »Warum können sie sich nicht einfach meinem Urteil beugen, auch wenn sie zu dumm sind, es zu verstehen?«
    Anfangs wäre Rhosmari vielleicht noch versucht gewesen, mit ihr zu fühlen, jetzt dagegen wollte sie nur schreien. »Majestät«, sagte sie rau, »darf ich etwas fragen?«
    »Natürlich«, sagte die Kaiserin mit einem nachsichtigen Lächeln. »Was willst du denn wissen?«
    »Ich bin genauso in Eurer Gewalt wie Martin. Und ich habe nichts getan, Euch zu kränken. Und jetzt wisst Ihr alles, was ich Euch über die Kinder des Rhys erzählen kann. Warum behaltet ihr mich trotzdem hier, lasst ihn aber laufen?«
    Die Kaiserin sah sie zuerst überrascht und dann belustigt an. »Du errätst es wirklich nicht? Ich weiß, dass du es nicht gewöhnt bist, wie ein Soldat zu denken, aber die Antwort liegt doch wohl auf der Hand. Ich brauche eine große Armee, um die Rebellen zu besiegen und endgültig zu vernichten. Sobald du mir und meinen Gefolgsleuten Gruffydds Weg geöffnet und uns heimlich auf die Grünen Inseln geführt hast … habe ich diese Armee.«

ZEHN

    Rhosmari saß allein in ihrem Zimmer und fühlte sich seltsam wesenlos, wie von innen ausgehöhlt. Die Hand, mit der sie Martin geschlagen hatte, tat ihr immer noch weh, und sobald sie die Augen schloss, sah sie wieder Martins Kopf vor sich, wie er unter ihrem Schlag nach hinten geschnellt war. Das war freilich harmlos im Vergleich zu dem, was sie auf Befehl der Kaiserin als Nächstes tun sollte – nämlich ihr helfen, die Grünen Inseln hinterrücks zu überfallen und die Kinder des Rhys zu unterwerfen.
    Warum hatte sie nicht früher gemerkt, was die Kaiserin plante? Vor lauter Überlegen, wie sie ihr Volk vor Schaden bewahren konnte, hatte sie völlig übersehen, dass ihrem Volk womöglich von ihr selbst die größte Gefahr drohte. Wenn sie jetzt nicht rasch handelte, würde die Kaiserin ihre Landsleute überrumpeln und versklaven, und zwar nicht nur einige wenige, wie sie früher befürchtet hatte, sondern alle.
    Sie sprang von ihrem Stuhl auf, trat ans Fenster und blickte in

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